Armee

Debatte um den General

General Avi Bluth, hier im Juli 2024 in Jerusalem Foto: copyright (c) Flash90 2024

Generalmajor Avi Bluth hat eine schwierige Aufgabe. Er ist der Kommandeur des Zentralkommandos der israelischen Armee IDF, verantwortlich für das palästinensische Westjordanland unter israelischer Kontrolle. Dort, wo es immer wieder zu Terroranschlägen gegen Israelis und zu gewalttätigen Übergriffen von extremistischen jüdischen Siedlern gegen Palästinenser kommt.

Seit dem 7. Oktober hat sich die Gewalt vor allem von jungen radikalen Siedlern aus den sogenannten »Außenposten« gegen Palästinenser ausgeweitet. Der Armee wird immer wieder vorgeworfen, sie gehe nicht entschlossen genug gegen die Angreifer vor.

Am Mittwoch nahmen israelische Reservesoldaten aus Bewohnern lokaler Siedlungen einen Palästinenser fest, der verdächtigt wird, am selben Tag auf eine Gruppe israelischer Zivilisten geschossen zu haben. Laut israelischen Medien sei eine Person dabei leicht verletzt worden. Der Palästinenser stammt aus Mughayyir.

Armee entwurzelte Olivenbäume des Dorfes

Einen Tag später fuhr General Bluth in das Dorf und erklärte: »Jedes Dorf und jeder Feind muss wissen, dass sie einen hohen Preis zahlen werden, wenn sie einen Angriff auf israelische Bewohner durchführen. Sie werden eine Ausgangssperre erleben, sie werden eine Abriegelung erleben und sie werden ›Zersetzungsoperationen‹ erleben«. Damit bezog er sich offenbar auf das Entwurzeln der Bäume.

Am Wochenende entwurzelte die Armee Olivenbäume auf einer Fläche von rund 30 Hektar. Zudem wurde eine dreitägige Ausgangssperre für das Gebiet verhängt, die am Sonntagmorgen aufgehoben wurde.

Bluths Äußerung, dass das »Dorf einen hohen Preis« für den Angriff eines Einzelnen zahlen werde, wurde von manchen als Ankündigung einer Kollektivstrafe verstanden. In einer späteren Klarstellung bestätigte die IDF die Rodung der Olivenbäume, erklärte aber, es sei eine »operative Notwendigkeit« gewesen, um die Vegetation zu beseitigen, die dem Schützen die Flucht ermöglicht hatte. Weiter betonte das Militär, der Kommandeur handle »aus operativen Erwägungen und im Einklang mit dem Gesetz.«

Stabschef Zamir: »Das ist eine verzerrte Darstellung, die jede rote Linie überschreitet.« 

Ein hochrangiger Offizier wurde in »Times of Israel« mit den Worten zitiert, dass Bluth die Truppen angewiesen habe, zwischen Zivilisten und Terroristen zu unterscheiden und darauf zu achten, die Störungen des täglichen Lebens in der Region so gering wie möglich zu halten.

Der israelische Journalist Gideon Levy bezeichnete Bluth am Donnerstag in der linksliberalen Tageszeitung Haaretz mit dem deutschen Wort »Oberkommandant«. Er nannte ihn auch »Blut-General«. Levy warf ihm unter anderem vor, er begehe durch kollektive Bestrafung der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland »Kriegsverbrechen«.

»›Oberkommandant‹ Avi Bluth, der Chef des Zentralkommandos der Armee, beschloss, es ihnen zu zeigen. Mit seiner schräg getragenen Kippa, haarsträubender Eloquenz, grenzenloser Arroganz und kranken Doppelmoral ordnete er ›Umgestaltungsmaßnahmen‹ an, um jeden abzuschrecken – jedes Dorf, das versucht, die Hand gegen einen der Bewohner zu erheben‹«, schrieb Levy in seinem Kommentar. Bei den »Bewohnern«, um die es geht, handele es sich um die Siedler, »die täglich Pogrome verüben«, so Levy weiter.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf Haaretz daraufhin »antisemitische Hetze« vor. Er stellte sich hinter Bluth und die israelischen Soldaten, die im Westjordanland »täglich gegen den Terror kämpfen«, wie er es bezeichnete.

Vorfall offenbare »seltsame Stellung« von Bluth

Stabschef Eyal Zamir sagte über Bluth, er sei ein »Kampfsoldat an erster Front mit Werten und Moral« und sprach von einer »verzerrten Darstellung, die jede rote Linie überschreitet«. 

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Auch die Tageszeitung Jerusalem Post beteiligte sich an der Debatte und schrieb: »Im Herbst umringten maskierte Jugendliche der extremen Rechten Bluth, als dieser eine Pilgerfahrt zum Grab der Patriarchen absicherte. Sie nannten ihn einen ›Verräter‹. Es war eine hässliche Szene, die deutlich machte: Bluth ist bereit, das Gesetz durchzusetzen, selbst wenn es bedeutet, sich gegen Extremisten seiner eigenen Gemeinde zu stellen.«

Dieser Vorfall offenbare die seltsame Stellung, die Bluth im öffentlichen Leben einnehme, hieß es weiter. »Auf der einen Seite ist die extreme Rechte wütend, dass er versucht, gewalttätige Siedler im Zaum zu halten. Auf der anderen Seite nennt ihn die extreme Linke einen Kriegsverbrecher und wirft ihm Kollektivstrafen gegen Palästinenser vor.«

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