Schoa

»Sie müssen versorgt werden«

Yehezkel G. Caine Foto: Marco Limberg

Herr Caine, das Herzog Hospital ist das Krankenhaus, das die meisten Schoa-Überlebenden in Israel behandelt. Warum?
20 bis 30 Prozent aller unserer Patienten sind Überlebende der Schoa. Dass dies so ist, liegt unter anderem daran, dass ihr Anteil in Jerusalem insgesamt so hoch ist. Er liegt bei der Gruppe der über 80-jährigen jüdischen Bevölkerung in der Stadt bei etwa 50 Prozent! Mehr und mehr Pensionäre machen Alija, sie kommen aus dem Ausland, um ihren Lebensabend hier zu verbringen.

Welche besonderen Bedürfnisse haben Schoa-Überlebende?
Zum einen haben sie psychologische und psychiatrische Bedürfnisse. Viele der Überlebenden leiden an posttraumatischen Belastungsstörungen, sie haben ihre Ängste, die auch nach langer Zeit wieder hochkommen. In jüngeren Jahren waren sie damit beschäftigt, ihr Leben wieder aufzubauen, sich um Familie, Arbeit und Zukunft zu kümmern. Mit zunehmendem Alter denken sie an das zurück, was sie durchgemacht und verloren haben. Und dann sind da noch die medizinischen, also die physischen Bedürfnisse. Viele haben körperliche Misshandlung erlebt, haben an Unterernährung gelitten. Dies hat ihre Gesundheit langfristig beeinflusst. Wir haben in wissenschaftlichen Untersuchungen festgestellt, dass in dieser Gruppe zum Beispiel der Anteil der an Osteoporose Erkrankten sehr hoch ist. Nicht zuletzt leiden Schoa-Überlebende auch an sozialen Problemen: Viele sind allein, haben keine Verwandten mehr.

Wie stellen Sie sich auf die erhöhten Anforderungen in Ihrem Krankenhaus ein?
Uns ist bewusst, dass es in etwa 20 Jahren keine Schoa-Überlebenden mehr geben wird. Aber im Moment und in den nächsten Jahren steigt die Zahl der Behandlungsbedürftigen stark an, viele müssen stationär versorgt werden.

Gibt es finanzielle Hilfe?

Wenn die Betroffenen im Hospital sind, kümmern wir uns um alles. Für diese besonderen Aufgaben sammeln wir auch Spenden. Aber wenn sie wieder nach Hause entlassen werden, bekommen sie zwar Hilfe von der Krankenkasse, müssen aber einen Anteil selbst tragen. Das kann sich nicht jeder leisten. Viele erhalten Unterstützung von verschiedenen Organisationen, aber das ist niemals genug, besonders, wenn sie allein sind.

Hat die Öffentlichkeit das im Blick?

Ich würde nicht sagen, dass diese Menschen vergessen sind. Aber ich denke schon, dass sie nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen. An Gedenktagen wie dem 27. Januar oder am Jom Haschoa finden ihre Probleme Beachtung. Es gibt auch viele Organisationen, die das ganze Jahr über helfen, wie »Amcha«, mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten. Vieles wird getan, aber sehr viel mehr ist noch zu tun.

Mit dem Direktor des Herzog Medical Center in Jerusalem sprach Detlef David Kauschke.

Debatte

Jüdischer Weltkongress verurteilt israelfeindlichen Weltkirchenrat

Es gibt reichlich Kritik an einer Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »Apartheid« vorgeworfen wird. Nun reagiert der Jüdische Weltkongress - und hat Fragen an die Kirchen

 11.07.2025

"Newsmax"-Interview

Netanjahu zu Hamas: Werden diese »Monster« besiegen

Die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen dauern an. Israels Ministerpräsident Netanjahu hofft, dass es dazu bald kommt. Vorerst aber geht der Kampf gegen den palästinensischen Terror weiter

 11.07.2025

Tel Aviv/Ramallah

Israeli stirbt bei Anschlag im Westjordanland

Seit Beginn des Krieges ist die Lage auch im Westjordanland extrem angespannt. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen und auch tödlichen Anschlägen auf Israelis

 11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Westjordanland

Israeli stirbt bei Terroranschlag

Der 22-jährige Sicherheitsmann wurde in der Nähe des Einkaufszentrums von Gusch Etzion von zwei Männern angegriffen

 10.07.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin lobt »konstruktiven Dialog« mit Israel

Die Außenbeauftragte Kaja Kallas hat in einer Erklärung Schritte zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen angekündigt

 10.07.2025

Nahost

Finanziert Katar den Wiederaufbau in Gaza?

Angeblich hat Israel grundsätzlich zugestimmt, dass Gelder aus dem Golfemirat bereitgestellt werden können

von Sabine Brandes  10.07.2025

Washington

Netanjahu: »Kein Geiseldeal um jeden Preis«

Von den 50 verschleppten Menschen in der Gewalt der Hamas sollen 20 noch am Leben sein

von Sabine Brandes  10.07.2025