Israel

»Schmerzhafte Stille«

Sechs Schoa-Überlebende entzünden beim offiziellen Gedenken sechs Fackeln für sechs Millionen ermordete Juden. Foto: Flash 90

Genau sieben Jahrzehnte, nachdem der erste Soldat der Alliierten am 15. April 1945 die Tore des Konzentrationslagers Bergen-Belsen durchschritten hatte, begann in Israel Jom Haschoa. Landesweit wird an dem nationalen Gedenktag der Opfer der Nazi-Gräueltaten gedacht.

Am Donnerstagmorgen schrillte eine Sirene durch das Land, ganz Israel stand still. Die Menschen stoppten ihre Arbeit, hielten mit ihren Fahrzeugen am Straßenrand. Israel gedachte der sechs Millionen von den Nazis ermordeten Juden. Eineinhalb Millionen Kinder sind der schlimmsten Tragödie der Menschheit zum Opfer gefallen.

Horror »Wir stehen hier heute Abend in schmerzhafter Stille in Yad Vashem, in der Hauptstadt Israels, Jerusalem. An dem Tag, an dem der erste britische Soldat die Schwelle überschritten hatte, wurde die Freude der Befreiung durch blanken Horror ersetzt. Der Horror, den sie dort sahen, war unvorstellbar.« Diese Worte sprach Staatspräsident Reuven Rivlin zum Auftakt der Zeremonien in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

»70 Jahre nach der Befreiung der Todeslager stehen wir vor euch, legen einen Eid ab und versprechen: ›Wir alle – jeder Einzelne – hat eine Nummer in seinen Arm tätowiert‹. Im selben Atemzug erinnern wir uns, wir kamen aus Auschwitz doch nicht wegen Auschwitz. Es gibt jene, die fälschlicherweise denken, Israel ist eine Art der Kompensation für den Holocaust. Doch es gibt kaum einen größeren Fehler. Wir haben unsere Zukunft hier mit offenen Augen gebaut. Wir werden keine Gefahr außer Acht lassen, keine schändlichen Drohungen, die zur Ausrottung des jüdischen Volkes aufrufen, ignorieren. Wir sind vorbereitet – aber wir haben keine Angst.«

Der Berg der Erinnerung befehle dem jüdischen Volk, sich zu erinnern, mahnte Rivlin. »Erinnert euch an die Töne, an den Anblick, erinnert euch an die Namen. Gleichzeitig ruft uns der Berg der Vision und der Wiedergeburt, des Aufbaus und des Neustarts, nach vorn zu schauen und in die Zukunft zu schreiten.«

Krematorien Er sprach direkt zu den anwesenden Überlebenden: »Meine Brüder und Schwestern, Schoa-Überlebende und Helden der Wiedergeburt. Während dieser schweren Reise wart ihr unsere Säulen des Feuers. Ihr, die ihr die Stärke gefunden habt, die Asche der Krematorien und die Erde, die in Tränen und Blut aufgeweicht wurde, abzuschütteln. Ihr habt uns aufgezeigt, den Weg des Lebens zu wählen und die Vision zu realisieren.«

Auch Premierminister Benjamin Netanjahu war bei der Gedenkveranstaltung anwesend. Er hatte sich zuvor mit dem Überlebenden Avraham Niederhoper getroffen, der ursprünglich aus Rumänien stammte. Der Mann war als elfjähriges Kind in einem Viehzug nach Moldawien transportiert und anschließend in das Shargorod-Ghetto in der Ukraine gesteckt worden. Niederhoper erzählte dem Premierminister, dass er, nachdem er den Holocaust überlebt hatte, wieder zu Fuß nach Rumänien gegangen ist, bevor er nach Israel immigrieren konnte.

Netanjahu überreichte dem heute 85-Jährigen ein Buch des Rabbiners Phil Chernofsky Und jeder Einzelne war jemand, in dem das Wort »Jude« sechs Millionen Mal geschrieben steht. »Es gibt nur ein Wort in diesem Buch«, so der Regierungschef, »und das sechs Millionen Mal. Ich bewahre es auf. Nicht nur, um mich zu erinnern, sondern auch, um zu verhindern. Was sie dir angetan haben, wollen sie auch uns antun. Heute können wir uns wehren, damals konntet ihr es nicht«.

Debatte

Jüdischer Weltkongress verurteilt israelfeindlichen Weltkirchenrat

Es gibt reichlich Kritik an einer Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »Apartheid« vorgeworfen wird. Nun reagiert der Jüdische Weltkongress - und hat Fragen an die Kirchen

 11.07.2025

"Newsmax"-Interview

Netanjahu zu Hamas: Werden diese »Monster« besiegen

Die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen dauern an. Israels Ministerpräsident Netanjahu hofft, dass es dazu bald kommt. Vorerst aber geht der Kampf gegen den palästinensischen Terror weiter

 11.07.2025

Tel Aviv/Ramallah

Israeli stirbt bei Anschlag im Westjordanland

Seit Beginn des Krieges ist die Lage auch im Westjordanland extrem angespannt. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen und auch tödlichen Anschlägen auf Israelis

 11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Westjordanland

Israeli stirbt bei Terroranschlag

Der 22-jährige Sicherheitsmann wurde in der Nähe des Einkaufszentrums von Gusch Etzion von zwei Männern angegriffen

 10.07.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin lobt »konstruktiven Dialog« mit Israel

Die Außenbeauftragte Kaja Kallas hat in einer Erklärung Schritte zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen angekündigt

 10.07.2025

Nahost

Finanziert Katar den Wiederaufbau in Gaza?

Angeblich hat Israel grundsätzlich zugestimmt, dass Gelder aus dem Golfemirat bereitgestellt werden können

von Sabine Brandes  10.07.2025

Washington

Netanjahu: »Kein Geiseldeal um jeden Preis«

Von den 50 verschleppten Menschen in der Gewalt der Hamas sollen 20 noch am Leben sein

von Sabine Brandes  10.07.2025