Jerusalem

Sa’ar macht einen Rückzieher

Der Vorsitzende der israelischen Partei »Neue Hoffnung«: Gideon Sa’ar Foto: Flash90

Er musste scharfe Kritik, Häme und lautstarke Proteste vor seinem Privathaus über sich ergehen lassen: Gideon Sa’ar, der Vorsitzende der israelischen Partei »Neue Hoffnung«. Zuvor hatte sich der Oppositionspolitiker offenbar auf einen Deal mit Premierminister Benjamin Netanjahu eingelassen, durch den er Verteidigungsminister Yoav Gallant hätte ersetzen sollen.

Am Samstagabend dann aber machte Sa’ar überraschend einen Rückzieher und erklärte, dass er das Angebot nicht annehmen werde. Er wolle aufgrund der jüngsten Eskalation der Sicherheitslage im Norden nicht, dass die Führung des Verteidigungsestablishments mit der Unsicherheit über eine wichtige Neubesetzung operieren müssen. Er fügte hinzu, dass »eine unbefristete Amtszeit auch zu einer «wilden Hetz- und Delegitimierungskampagne» gegen ihn führen würde.

Kritiker hatten Sa’ar vorgeworfen, sich während der größten Krise des Landes wegen politischer und persönlicher Erwägungen auf einen «schmutzigen Deal mit Netanjahu» einzulassen. Dabei gelten die beiden Politiker eigentlich als Erzfeinde in Jerusalem, nachdem Sa’ar den Premierminister vor einigen Jahren als Chef der Likud-Partei herausgefordert hatte.

Sa’ar sagte nicht, ob er in der Opposition bleiben wird

Vor allem Netanjahus Ehefrau Sara hege großen Groll gegen Sa’ar, heißt es immer wieder in israelischen Medien. Erst nachdem sie ihre Weigerung aufgegeben habe, gaben Likud-Quellen in den Nachrichtenprogrammen von Channel 12 und 13 an, sei der Premier bereit gewesen, eine Ernennung Sa’ars zum Verteidigungsminister durchzusetzen. Sa’ar gab am Samstag nicht an, ob er beabsichtigt, in der Opposition zu bleiben oder weitere Verhandlungen über Posten in der Regierung zu führen.

Die Verhandlungen zwischen den beiden Politikern waren erst vor einigen Tagen bekannt geworden, als an die Öffentlichkeit gelangte, dass der Regierungschef den amtierenden Verteidigungsminister unter einem Vorwand entlassen werde. Angeblich habe Gallant Angriffe im Libanon blockieren wollen. Der wahre Grund aber scheint Gallants zunehmende offene Opposition gegen die extremistischen Kräfte in der Regierung zu sein. Netanjahu ist er mit seiner Kritik an der Kriegsführung der Koalition schon länger ein Dorn im Auge.

Im Frühjahr 2023 hatte der Ministerpräsident seinem Verteidigungsminister schon einmal gekündigt, worauf in Israel Hunderttausende Menschen demonstrierten und ein Generalstreik ausgerufen wurde. Netanjahu stellte Gallant daraufhin umgehend wieder ein.

«Verteidigungsminister Gallant darf in dieser prekären Lage, in der sich das Land befindet, nicht ersetzt werden.»

Derweil gilt Gallant nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei verbündeten Regierungen als «Stimme der Vernunft» in der Regierung, die neben dem Likud aus zwei rechtsextremen und zwei ultraorthdoxen Parteien besteht.

Auch bei den Kundgebungen für die Befreiung der in Gaza festgehaltenen Geiseln war Sa’ars Rückzieher ein Thema. Eli Elbag, der Vater der Geisel Liri Elbag, die als junge Soldatin aus der Militärbasis Nahal Oz von der Hamas verschleppt worden war, dankte Sa’ar während des Protests am Samstag dafür, «eine vernünftige Entscheidung» getroffen zu haben. «Verteidigungsminister Gallant darf in dieser prekären Lage, in der sich das Land befindet, nicht ersetzt werden», rief Elbag in den Abendhimmel. «Er setzt sich für die Befreiung der Geiseln ein. Und das ist, was dieses Land, das wir so lieben, braucht. Es ist, was wir alle brauchen.»

Zehntausende Israelis forderten von der Regierung nach dem Ende des Schabbats einen Deal zur Befreiung der 101 Geiseln, die noch immer in der Gewalt der Terrororganisation Hamas in Gaza sind. Udi Goren, Cousin der getöteten Geisel Tal Haimi, sagte, «es ist die Pflicht der Regierung, die Sicherheit und das Wohlergehen der israelischen Bürger zu schützen. Am 7. Oktober scheiterte sie kläglich, und seit fast einem Jahr hat sie es nicht geschafft, Wiedergutmachung zu leisten. Wir werden weiterhin fordern, dass sie ihr Versagen eingesteht und alle Geiseln nach Hause bringt!»

Geiselnahme ist Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Dann wandte er sich an die internationale Gemeinschaft: «Wenn Sie angesichts der herzzerreißenden Bilder aus Gaza für Menschenrechte demonstrieren, denken Sie bitte daran: Es waren die abscheulichen Verbrechen der Hamas, die diese Katastrophe über die beiden Völker gebracht haben.»

Die Schicksale der israelischen Geiseln und der Zivilisten in Gaza seien untrennbar miteinander verbunden, so Goren. «Der Krieg könnte morgen enden, und das Leiden der Gaza-Bewohner würde enden, wenn die Hamas alle Geiseln freilässt. Geiselnahme ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit!»

Libanon

Israel greift Hisbollah-Trainingslager an

Auf dem Gelände wurden laut israelischer Armee Anschläge geplant

 09.12.2025

Ehrenrettung

Stille, Salz und Sonnenlicht

Das Tote Meer landete auf der weltweiten Rangliste der Sehenswürdigkeiten auf dem zweitschlechtesten Platz – völlig zu Unrecht, findet unsere Korrespondentin

von Sabine Brandes  08.12.2025

Medienbericht

Donald Trump will Benjamin Netanjahu Ende Dezember treffen

Israelischen Medien zufolge soll es bei dem Treffen am 29. Dezember um die zweite Phase des Friedensplans gehen

 08.12.2025

Eurovision Song Contest

»Ihr wollt nicht mehr, dass wir mit Euch singen?«

Dana International, die Siegerin von 1998, über den angekündigten Boykott mehrerer Länder wegen der Teilnahme Israels

 08.12.2025

Nahost

Netanjahu: Israel bleibt in Pufferzone im Süden Syriens

Syriens Übergangspräsident al-Scharaa wirft Israel vor, »Geister zu bekämpfen«. Eine Lösung im Streit um ein Gebiet an der Grenze scheitert noch an unterschiedlichen Vorstellungen

 08.12.2025

Nahost

Katar und Türkei wollen keine vollständige Entwaffnung der Hamas

Israel vor neuen diplomatischen Manövern: Katar und die Türkei versuchen, die im ursprünglichen Gaza-Plan vorgesehene vollständige Entwaffnung der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu verwässern

 08.12.2025

Nahost-Krieg

Israels Armeechef: Gelbe Linie bildet operative Grenze zum Gazastreifen

Laut Eyal Zamir gibt es nun einen Schutzriegel für die israelischen Gemeinden am Rand Gazas

 08.12.2025

Jerusalem

Netanjahu sieht »historischen Wandel« in Rüstungskooperation

»Nicht nur Deutschland arbeitet für die Verteidigung Israels, sondern Israel, der jüdische Staat, arbeitet 80 Jahre nach dem Holocaust für die Verteidigung Deutschlands«, sagt der Ministerpräsident

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025