Israels Außenminister Gideon Sa’ar hat in einem Interview mit der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« vor der Errichtung eines palästinensischen »Terrorstaates« gewarnt und erneut scharfe Kritik an westlichen Staaten geäußert. Diese hatten zuletzt angekündigt, in Kürze einen Palästinenserstaat diplomatisch anerkennen zu wollen. Israel müsse um seine nationale Sicherheit fürchten und lehne eine palästinensische Staatlichkeit strikt ab, sagte Sa’ar.
Die Hamas habe ihre Position wegen des wachsenden internationalen Drucks auf Israel nur weiter verhärtet, meinte er. Ohne das Massaker vom 7. Oktober 2023 würden aktuell auch keine israelischen Truppen im Gazastreifen stehen. Sein Land habe aber nicht vor, Gaza auf Dauer zu beherrschen, so der Minister. »Aus Sicherheitsgründen kontrollieren wir derzeit einige Gebiete, um das Eindringen von Terroristen und den Abschuss von Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel zu verhindern«, sagte er.
»Wir haben weder jetzt noch in Zukunft die Absicht, die Menschen im Gazastreifen zu regieren«, fügte Sa’ar hinzu. Es gebe auch keine Pläne für neue Siedlungen in der von mehr als zwei Millionen Menschen bewohnten Küstenenklave.
Das Westjordanland hingegen sei kein von Israel »besetztes«, sondern »umstrittenes« Gebiet. Es habe nie einen palästinensischen Staat dort gegeben, meinte der Außenminister. Der von der EU und anderen Staaten propagierte Begriff einer Zweistaatenlösung suggeriere eine »Lösung«, so Sa’ar. In Wahrheit sei das aber »Selbstmord für den Staat Israel«.
Die Schuld an der aktuellen Notlage im Gazastreifen gab er voll und ganz der Hamas. Die Situation an den Essensausgabestellen der von Israel unterstützten Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die von israelischen Soldaten überwacht wird, habe sich dagegen gebessert, behauptete der israelische Chefdiplomat. Hunderte von Menschen waren dort zuletzt bei Massenpaniken getötet worden. Das sei mittlerweile nicht mehr der Fall.
Es sei die Hamas gewesen, die mit überzogenen Forderungen zur Freilassung palästinensischer Häftlinge ein Waffenstillstandsabkommen »bewusst an die Wand gefahren« habe, so Sa’ar. Israel habe die Gespräche in Katar gemeinsam mit den USA verlassen, weil die Hamas 200 in Israel zu lebenslanger Haft verurteilte Terroristen für eine Geisel habe freipressen wollen. »Dieses Kapitel der Verhandlungen war allerdings bereits abgeschlossen. Die Hamas wurde durch den internationalen Druck auf Israel dazu ermutigt, die Verhandlungen für einen Waffenstillstand zu sabotieren.«
Deutschland lobte Sa’ar hingegen ausdrücklich als rational handelnden Partner. Von der Bundesrepublik sei er nicht enttäuscht. »Die deutsche Regierung ist eine freundliche Regierung. Ich vertraue ihren guten Absichten. Aber es gibt Druck von anderen EU-Mitgliedstaaten und vielleicht auch von einigen Koalitionspartnern«, sagte er.
Von möglichen Strafmaßnahmen, wie sie zuletzt die Europäische Kommission verlangt hatte, werde Israel sich nicht beeindrucken lassen, erklärte Sa’ar gegenüber der FAZ. »Wir lassen uns nicht mit Sanktionen einschüchtern oder davon, einen zukünftigen palästinensischen Staat anzuerkennen. Wir werden nicht unter Druck handeln.« Der Krieg in Gaza gehe so lange weiter, wie die israelischen Geiseln nicht befreit und die Hamas nicht besiegt sei, sagte er.
Gestern Abend war Sa’ar in Jerusalem mit Bundesaußenminister Johann Wadephul zusammengekommen. Israelischen Angaben zufolge bekräftigte Sa’ar in dem Gespräch die von Deutschland und den meisten als völkerrechtswidrig abgelehnte Position, dass Israel das Recht habe, Juden »im Herzen ihrer historischen Heimat« anzusiedeln. »Wir bezeichnen diese Gebiete nicht als ›Westjordanland‹. Wir nennen sie ›Judäa und Samaria‹. In Europa glaubt man heute, dass Juden in Berlin, London und Brüssel leben können, aber nicht anderthalb Kilometer von hier. mth