Die Aktionäre, Gründer und Führungskräfte von Mobileye sind reich. Am Montagabend verkündete der globale Chiphersteller Intel, dass er die israelische Firma aufkauft. In der Zentrale in Jerusalem wurde der Deal des Jahrhunderts mit Champagner begossen. Intel legt 15,3 Milliarden US-Dollar für die Innovationstechnologie des fahrerlosen Autos auf den Tisch. Eine derartige Summe für einen Hightech-Verkauf ist einmalig in der Geschichte des Landes.
Mobileye wurde 1999 von Ziv Aviram und dem Informatiker Amnon Shashua gegründet. Mittlerweile ist die Firma weltweit marktführend auf dem Gebiet der hochentwickelten Systeme für Fahrunterstützung in Pkw. Sie liefern rund 70 Prozent aller Anti-Kollisions-Systeme weltweit. Ziel war zunächst, Autounfälle, Verletzte und Tote im Straßenverkehr zu vermeiden. Doch nach einer Weile richtete Mobileye seine Arbeit zunehmend auf das führerlose Auto aus. Während es vor wenigen Jahren noch wie Science-Fiction anmutete, könnte es mit der bahnbrechenden Technologie der Israelis schon in Kürze tatsächlich Realität werden.
Kooperation 2014 wurde die Firma mit 660 Angestellten an der New Yorker Börse gemeldet. Der Wert des Unternehmens wurde jüngst auf mehr als zehn Milliarden Dollar geschätzt. Bei Käufen ist es üblich, 30 bis 40 Prozent über dem Wert zu zahlen. Im vergangenen Jahr war Mobileye zunächst mit Intel und BMW eine Kooperation eingegangen, um 40 Autos auszustatten und auf das Fahren ohne Fahrer in Pilotprogrammen auf den Straßen zu testen. »Gemeinsam mit BMW und Intel legt Mobileye die Grundsteine für die Technologie der zukünftigen Mobilität. Das autonome Fahren kann damit schon in den nächsten Jahren Realität werden«, hatte Shashua damals prognostiziert. Anschließend folgte eine Kooperation mit dem britischen Teilehersteller Delphi Automotive.
Der Abschluss ist so bedeutend, dass Premier Benjamin Netanjahu Gründer Aviram persönlich anrief, um ihn zu beglückwünschen. »Dieser Deal ist Beweis für die dramatische Bedeutung der Vision, die Mobileye realisiert hat«, so Netanjahu. »Israel ist zum Technologiezentrum der Welt geworden, nicht nur im Bereich Cybersicherheit, sondern auch bei Automobilen.«
Arbeitgeber Intel geht davon aus, dass schon in drei Jahren die Datenmenge von führerlosen Autos bei 4000 Gigabyte täglich liegen wird. »Und da kommt Intels Stärke bei Hochleistungscomputern und Network-Verbindungen in Spiel«, heißt es in einer Erklärung der Firma. »Mobileye bringt die beste Automobil-Computer-Sicht der Industrie mit und dazu einen starken Impuls für die Automobilhersteller und Zulieferer«, begründet Intels Geschäftsführer Brian Krzanich die Akquise. »Der Kauf vermischt die intelligenten Augen des autonomen Autos mit dem smarten Gehirn, das das Auto tatsächlich steuert. Gemeinsam können wir die Zukunft des führerlosen Fahrens beschleunigen und die Kosten für die Autohersteller durch eine Cloud-to-Car-Lösung verringern.«
Intel ist kein Neuling auf dem israelischen Markt. Die Tochterfirmen beschäftigen insgesamt rund 10.000 Menschen, die Chips herstellen und in Forschung und Entwicklung arbeiten. Jedes Jahr werden Halbleiter im Wert von Milliarden von Dollar aus Israel in alle Welt exportiert. Damit ist Intel zum größten Arbeitgeber im Land geworden. Doch jüngst wurde dem Giganten vom Konkurrenten Qualcomm der Rang als Marktführer im Bereich Computerchips abgelaufen. Intel hat daher vor, sich in anderen Bereichen aufzustellen, und sucht nach Technologien der Zukunft. Mit dem fahrerlosen Auto glaubt die Firmenleitung, sie gefunden zu haben. Jetzt muss sich das Unternehmen auf einen Wettlauf mit Google, Apple und Tesla einstellen, die allesamt ebenfalls am Auto ohne Fahrer tüfteln.
Überschuss Die drei Milliarden Überschuss des Verkaufs von Mobileye werden unter den Aktionären aufgeteilt. Die Gründer Aviram und Shashua halten sieben beziehungsweise siebeneinhalb Prozent, der größte Aktionär von außen, Schmuel Harlap, ebenfalls sieben Prozent. Jeder von ihnen wird mit einer Milliarde US-Dollar nach Hause gehen – zusätzlich zu den Hunderten von Millionen, die die Gründer bereits in den Vorjahren durch Aktienverkäufe eingenommen hatten. Als Nächster gewinnt der Staat Israel, der ebenfalls eine Summe in ungefähr dieser Höhe als Steuer überwiesen bekommt.
Mobileye verfügt derzeit nach eigenen Angaben über 27 Verträge mit verschiedenen Automobilherstellern. Das Unternehmen produziert zudem Software, die automatisches Bremsen steuert sowie eine halbautomatische Cruise-Control, die heute bereits in Pkw und Lkw unterwegs sind. Nach Auskunft beider Unternehmen werden sämtliche Verträge mit anderen Firmen beibehalten und die laufende Produktion sowie Unternehmensplanung nicht geändert. Ein Grund mehr, in Jerusalem die Korken knallen zu lassen.