Trotz seiner zuletzt scharfen Worte beschäftigt sich Premierminister Benjamin Netanjahu nach Informationen aus Jerusalem intensiv mit einem neuen Vorschlag für ein Geisel- und Waffenstillstandsabkommen. Zwei Regierungsvertreter bestätigten laut israelischen Publikationen, dass das Angebot, dem die Hamas am Sonntag zugestimmt hatte, derzeit geprüft werde. Netanjahu werde das Kabinett in den kommenden Tagen einberufen, hieß es.
Der Ministerpräsident selbst hatte zuletzt wiederholt betont, er akzeptiere keinen Teilschritt mehr, sondern nur eine Vereinbarung, die alle noch in Gaza festgehaltenen Geiseln auf einen Schlag befreit. Gleichwohl erklärte er am Montag: »Die Hamas steht unter enormem Druck.« Beobachter werten diesen Satz als Hinweis, dass die Regierung das nun vorliegende Paket nicht völlig vom Tisch gewischt hat.
Das Angebot, bekannt als »Witkoff-Plan«, sieht vor, dass die Hamas zunächst zehn Geiseln lebend und die Leichname von 18 Getöteten freilässt. Im Gegenzug soll Israel Hunderte palästinensische Sicherheitsgefangene entlassen, darunter auch zahlreiche mit hohen Haftstrafen. Begleitet würde dieser Schritt von einer 60-tägigen Waffenruhe und weiteren Gesprächen über ein mögliches Kriegsende.
Weder Hamas noch PA
Netanjahu machte jedoch erneut klar, dass für ihn andere Bedingungen unverzichtbar sind: »Entwaffnung der Hamas, Rückkehr sämtlicher Geiseln – lebend wie tot –, die Zerschlagung der Terror-Infrastruktur, dauerhafte israelische Sicherheitskontrolle im Gazastreifen und eine zivile Verwaltung, die weder von der Hamas noch von der Palästinensischen Autonomiebehörde gestellt wird.«
Unterdessen gehen die Vorbereitungen für eine großangelegte Militäraktion in Gaza weiter. Verteidigungsminister Israel Katz stimmte mit dem Generalstab Pläne für die vollständige Einnahme von Gaza-Stadt ab – ein Vorhaben, das von Teilen der Armeeführung kritisch gesehen wird.
In Israel wächst parallel der Druck aus der Bevölkerung: Hunderttausende Menschen demonstrierten am Sonntag landesweit für einen umfassenden Deal. Das Forum der Geisel-Familien warnte Netanjahu: »Dies ist die letzte Chance, die 50 noch verbliebenen Geiseln zurückzuholen.« Sollte der Ministerpräsdent das Angebot blockieren, würden die Menschen erneut massenhaft auf die Straßen gehen.
Militärischer Druck
Gleichzeitig gibt es auch Stimmen, die ein solches Abkommen strikt ablehnen. Vertreter des Tikva-Forums, in dem ebenfalls Angehörige von Geiseln organisiert sind, forderten die Regierung auf: »Keine Teilschritte akzeptieren. Militärischer Druck ist der einzige Weg, alle Geiseln freizubekommen.«
Internationale Vermittler, darunter Katar, Ägypten und die USA, drängen ebenfalls auf eine Lösung. Ein Sprecher des katarischen Außenministeriums sprach am Dienstag von einer »positiven Atmosphäre« bei den Gesprächen und bezeichnete den nun diskutierten Vorschlag als »bestmögliches Angebot unter den aktuellen Umständen.«