Die Crew der ersten komplett privaten Mission hat am Samstag nach mehr als 20 Stunden Flug an die Internationale Raumstation ISS angedockt. Kurz darauf schwebten die Raumfahrer durch eine Luke ins Innere der Station und versammelten sich für ein erstes Gruppenfoto in der Schwerelosigkeit, wie Live-Bilder der US-Raumfahrtbehörde Nasa zeigten. Zuvor hatten sie in ihrer Raumkapsel ungeplant rund 45 Minuten lang 20 Meter vor der ISS warten müssen, weil es ein Problem mit einer Videokamera gab, die für das Andockmanöver benötigt wurde.
ABZEICHEN Auf der Raumstation überreichte der spanisch-amerikanischen Astronaut MichaeLópez-Alegría, der im Dienst von Axiom stehende Kommandant der Mission, seinen zahlenden Teamkameraden ein offizielles Astronautenabzeichen. »Wer eine bestimmte Grenze überschreitet, wird Astronaut«, sagte López-Alegría. »Ich hoffe, Larry, Eytan und Mark werden die Abzeichen mit Stolz tragen.«
Am Freitagnachmittag war der frühere israelische Kampfpilot und Unternehmer Eytan Stibbe als Teil der vierköpfigen Crew ins Weltall gestartet. Um 17.17 Uhr deutscher Zeit hob die SpaceX-Falcon9-Rakete vom Kennedy Space Center in Florida ab. Nasa-Chef Bill Nelson sprach von einem »historischen Start« und einer »neuen Ära der bemannten Raumfahrt«. Der Start war zuvor mehrfach verschoben worden.
Die private Mission AX-1 – es ist die erste ihrer Art – soll acht Tage dauern. Neben López-Alegría und Stibbe sind auch der kanadische Geschäftsmann Mark Pathy und der US-Immobilienunternehmer Larry Connor an Bord.
Die vier Raumfahrer wollen an Bord der ISS wissenschaftliche Forschungsprojekte durchführen. Eytan Stibbe will auch an seinen Freund Ilan Ramon erinnern, den ersten israelischen Astronauten, der 2003 beim Unglück der NASA-Raumfähre »Columbia« ums Leben kam. Stibbe will Seiten aus Ramons Weltraumtagebuch sowie Erinnerungsstücke seiner Kinder zur ISS bringen.
Das Unternehmen Axiom sieht die Reise ersten Schritt hin zum Aufbau einer eigenen privaten Raumstation. Das erste Modul solle 2024 ins Weltall geschossen werden, sagte Michael Suffredini, Chef des Unternehmens. Es solle zunächst an die ISS angekoppelt und später selbstständig fliegen, sagte er.
FLUGKOSTEN Für den Flug sollen die Axiom-Passagiere Medienberichten zufolge jeweils rund 55 Millionen Dollar (etwa 50 Millionen Euro) bezahlt haben. Als Weltraum-Touristen sähen sie sich aber nicht, hatte Kommandant López-Alegría im Vorfeld betont. »Ich denke, der Weltraum-Tourismus hat eine wichtige Rolle, aber darum geht es hier nicht. Das ist definitiv kein Urlaub für meine Crew-Mitglieder.«
Einige Wissenschaftler bezweifeln das. »Ich würde sagen, zu mehr als 80 Prozent geht es bei der Mission um das Privatvergnügen der Teilnehmer, zu weniger als 20 Prozent geht es um Wissenschaft«, sagte Ulrich Walter, Professor für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität in München der Deutschen Presse-Agentur. »An die wirklich wichtigen Experimente wird man die Axiom-Teilnehmer nicht ranlassen.«
Die von den Axiom-Fliegern geplanten Experimente seien eher als eine Art »Feigenblatt« anzusehen, sagte Walter, betonte aber auch: »Ich meine das gar nicht herabwürdigend. Ich bin ein Fan von Weltraumtourismus. Damit kann man zeigen, dass an sich viele Menschen in der Lage wären, ins All zu fliegen.«
DIENSTPLÄNE Aktuell sind bereits sieben Personen an Bord der Raumstation. Auf der Station wird es mit insgesamt elf Raumfahrern nun voll. Stören werden die Besucher die ISS-Astronauten aber wohl nicht. »Es ist Platz genug«, sagte Walter, »und auch die Dienstpläne sind nicht zu eng getaktet.«
In den Modulen im Orbit arbeiten derzeit die US-Astronauten Thomas Marshburn, Raja Chari und Kayla Barron sowie die drei Kosmonauten Oleg Artemjew, Denis Matwejew und Sergej Korssakow. Zudem lebt die Axiom-Gruppe nun einige Tage lang Seite an Seite mit dem deutschen Astronauten Matthias Maurer, der seit November im All ist und noch bis Ende April bleiben soll. mth/ag/dpa