Politik

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Eine Woche nach den Parlamentswahlen gehen die Parteichefs in den Verhandlungssälen der Knesset ein und aus. Es ist die heiße Phase der Koalitionsgespräche. Noch steht keine Regierung, denn erst am Wochenende will Staatspräsident Schimon Peres den Regierungsauftrag erteilen. Zwar sieht es so aus, als ob ihn der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhalten wird, doch noch sind nicht alle Würfel gefallen.

Nach wie vor bestimmt besonders ein Politiker die Schlagzeilen: Yair Lapid. Der Chef der neu gegründeten Partei Jesch Atid hatte am 22. Januar unerwartete 19 Mandate geholt und wird nach der Union von Netanjahu und Avigdor Lieberman – Likud-Beitenu – als zweitstärkste Fraktion in der 19. Knesset Platz nehmen. Keine Frage, dass der ehemalige Journalist Lapid damit einen Einfluss gewinnt, den wahrscheinlich nicht einmal er selbst so erwartet hatte. Doch er ist keiner, der tiefstapelt. In seinem ersten Interview nach dem Überraschungserfolg verkündete er siegessicher, dass er bei den nächsten Wahlen für das Amt des Premiers kandidieren wolle und zuversichtlich sei, dass er gewinnen werde.

Newcomer Klar ist, dass Netanjahu den Newcomer in der Knesset nicht ignorieren kann. In seiner Dankesrede zur Wiederwahl versprach er daher, dass er eine »Regierung zusammenstellen werde, die den Wünschen des Volkes entspricht«. »Ja, wir haben wieder einmal Netanjahu bekommen«, schrieb die linksliberale Tageszeitung Haaretz daraufhin. »Doch es gibt Hoffnung. Mit Lapid wird es nicht dieselbe beschränkte, xenophobe Truppe sein, die das Land bislang beherrschte.«

Obwohl das Thema bei seinem Wahlkampf in den Hintergrund gerückt war, sagte Lapid im Interview mit der TV-Sendung »Uwda«, dass er eine Rückkehr an den Verhandlungstisch mit den Palästinensern wünsche. Als man ihn fragte, was er davon halte, dass vor allem ausländische Medien diese Hoffnung hegen, stellte er klar: »Ich muss das nicht auf Englisch nachlesen. Ich kann es mir auf meinem Computer auf Hebräisch ansehen. Denn ich habe es geschrieben: Wir müssen wieder verhandeln. Das ist eine meiner Verpflichtungen.«

Seine erste Aufgabe aber sei es, der Mittelklasse unter die Arme zu greifen. »Wenn wir gleich verteilte Lasten haben, stärkt das auch den Friedensprozess. Denn dafür bedarf es einer gesunden, funktionierenden israelischen Gesellschaft.«

Beliebt Dass Jesch Atid bei der Regierungsbildung eine bedeutende Rolle spielen wird, zweifelt niemand mehr an. Allein zahlenmäßig dürfte es kompliziert für Netanjahu sein, eine funktionsfähige Regierung ohne sie auf die Beine zu stellen. Noch schwerer allerdings wöge der moralische Druck, würde der Ministerpräsident sich über 19 vom Volk gewünschte Mandate hinwegsetzen. Zumal Lapid laut Umfragen der beliebteste Politiker überhaupt ist – mit Abstand.

Welche Position er am Ende übernehmen wird, ist indes völlig unklar. Angeblich hat ihm Netanjahu bereits das Amt des Finanz- oder Außenministers zur Wahl gestellt. »Wunderbar«, meint ein Teil der politischen Kommentatoren. Denn vor allem auf internationalem Parkett wünschen sich viele Israelis für die Zukunft mehr Feinfühligkeit, als der zurückgetretene Lieberman an den Tag gelegt hatte.

»Das wäre verschenkt«, meinen andere. Nur im Innenministerium könne Lapid wirklich etwas ändern. Schließlich kranke Israel vor allem im Inneren. Die vergangenen dreieinhalb Jahre hatte die ultraorthodoxe Schas-Partei mit Eli Yischai den Vorsitz dieses Bereichs inne. Doch auf dieses Amt spekulieren viele. Allen voran die drittgrößte Partei, Jüdisches Haus, die zwölf Sitze geholt hatte.

Veto Deren Vorsitzender, Naftali Bennett, hatte bereits vor der Wahl keine Gelegenheit ausgelassen, um klarzumachen, dass er alles tun würde, um mit am Regierungstisch zu sitzen. Doch er ist keiner, den Netanjahu frohen Mutes in die Runde einladen würde. Zu tief sitzt bei dem die Verbitterung darüber, dass der nationalreligiöse Konkurrent besonders viele Stimmen von seiner Partei abfischte. Außerdem haben Netanjahu und Bennett kein gutes persönliches Verhältnis.

Am Wochenende waren Berichte aufgetaucht, Offizielle im Likud hätten ausgeplaudert, dass Netanjahus Ehefrau Sara »ein Veto gegen Bennett eingelegt« habe. Der ehemalige Personalleiter beim Likud war aus der Partei ausgetreten, hatte den Vorsitz im Jüdischen Haus übernommen und der rechten Partei einen kometenhaften Aufstieg beschert. Andere wiederum glauben, auch an Überflieger Bennett komme Netanjahu nicht vorbei.

Eine weitere Gruppe, die auf die Gunst des Premiers hofft, ist die Schas. Als traditioneller Koalitionspartner beruft sich die ultraorthodoxe Sefardenpartei quasi auf ihr »Vorrecht«, in einer rechten Regierung mitzuwirken. Bei all dem Gezerre und Gezanke könnte es ein völlig unerwartetes Zünglein an der Waage geben. Die Kadima, bei den vergangenen Knessetwahlen noch stärkste Partei, schrammte dieses Mal extrem knapp an der Versenkung vorbei. Dennoch könnten ihre zwei Sitze rein rechnerisch von entscheidender Bedeutung sein. Sollte Lieberman die Union mit dem Likud beenden, wie er angedroht hat, bleiben Netanjahus Partei gerade einmal 20 Sitze – nur einer mehr als Jesch Atid. Nun will jeder Schaul Mofaz mit im Boot haben. Kadima könnte somit zum Königsmacher werden. Ebenso Zipi Livni mit ihrer Hatnua, die sechs Sitze geholt hat.

Denn es liegt im Ermessen des Präsidenten allein, wem er den Regierungsauftrag erteilt. Vielleicht mischt Peres die Karten ganz neu und sagt: »Herr Lapid, nun zeigen Sie uns doch mal, was Sie können!«

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