Jerusalem

Pandemie und Proteste

Ausschreitungen im Jerusalemer Viertel Romema Foto: Flash 90

Israel steht wegen der rapide ansteigenden Neuinfektionen mit dem Coronavirus ein neuer nationaler Lockdown bevor. Das fordern immer mehr Politiker der Regierung. Andere sprechen sich vehement dagegen aus. Wie der Oppositionspolitiker Idan Roll von Jesch Atid. Er sagte, dass »die Bürger einen weiteren nationalen Lockdown nicht befolgen müssten«.

REBELLION Die Regierung habe nicht die »Legitimität«, da sie nicht korrekt mit der Krise umgehe, so Roll weiter. Der Knessetabgeordnete und enge Vertraute von Premier Benjamin Netanjahu, Miki Zohar, beschuldigte den Jesch-Atid-Politiker, mit seinen Worten zur Rebellion aufzurufen. »Es geht nur darum, die dauerhafte Rechtsregierung des Likuds und Netanjahus zu Fall zu bringen«, twitterte Zohar.

Zohar war nur einen Tag zuvor selbst in die Kritik geraten, weil er einen Antrag gestellt hatte, die Vorsitzende des Coron-Komitees der Knesset, Yifat Shasha-Biton (Likud), herauszuwerfen. Die hatte sich zuvor geweigert, eine Schließung von Schwimmbädern und Fitness-Studios anzuordnen, wie es das Kabinett beschlossen hatte, nachdem die Regierung keine umfassenden Daten für die Begründung geliefert hatte.

In fünf Städten des Landes hatte am Freitag ein neuer lokaler Lockdown begonnen.

Am Montagabend ruderte Zohar zurück und kündigte an, lediglich Disziplinarmaßnahmen gegen Shasha-Biton zu verhängen. Außerdem machte er klar, dass das Kabinett keine Angelegenheiten mehr vor das Komitee bringen werde, die mit dem Virus zu tun haben.

STADTVIERTEL In fünf Städten des Landes hatte am Freitag ein erneuter lokaler Lockdown begonnen. Darunter in verschiedenen Stadtvierteln Jerusalems, in Beit Schemesch und Aschdod. In Jerusalem demonstrierten am Montag den dritten Tag in Folge ultraorthodoxe Bewohner gegen die Maßnahme. Die Polizei nahm 16 gewalttätige Protestierende fest.

Am Eingang des Viertels Romema waren Dutzende junge Männer zusammengekommen, die die Polizei unter anderem als »Nazis« und »Antisemiten« beschimpften und Mülltonnen anzündeten. Sie beschuldigen die Sicherheitsbehörden, die ultraorthodoxe Bevölkerung zu diskriminieren und dort extrem harsche Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus zu verhängen.

Währenddessen sagte der Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, Chezy Levy, dass sein Bereich versucht, einen generellen Lockdown zu verhindern. Allerdings äußerte er auch seine Sorge über die steigenden Zahlen der neuen Infektionen mit Covid-19 und rief die Bevölkerung auf, die Anweisungen des Ministeriums strikt zu befolgen.

Sechs Prozent der Coronatests in Israel fallen positiv aus.

Das Ministerium gab auch Zahlen bekannt: Am Montag hatte es eine neue Rekordzahl mit 1681 Neuinfektionen gegeben. Momentan befinden sich in den Krankenhäusern 183 Patienten in ernstem oder kritischem Zustand. Insgesamt liegt die Zahl der mit Covid-19 Infizierten bei 41.200, 365 Israelis sind an den Folgen der Atemwegserkrankung gestorben. Derweil ist auch die Zahl der Tests erhöht worden, sie liegt täglich zwischen 27.000 bis 28.000. Sechs Prozent davon fallen positiv aus.

GEFÄNGNISSE Auch in Gefängnissen soll sich laut MInisterium das Virus besonders stark ausbreiten. Anders als in anderen Ländern waren Häftlinge hierzulande bislang relativ wenig betroffen.

Am Montag begaben sich zwei Parlamentarier in Quarantäne, der Minister im Verteidigungsministerium Michael Biton und Keti Shitrit, beide Likud, mussten in die Isolierung, nachdem sie mit einem Infizierten in Kontakt gekommen waren.

Hintergrund

Das steckt hinter »Katargate«

Die Affäre um vermeintliche Zahlungen von Doha an Netanjahu-Berater und Medien-Leaks zieht immer weitere Bahnen

von Sabine Brandes  30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Afrika

Somalier protestieren gegen Israel

Sprechchöre, geschlossene Unis, kämpferische Reden: In Somalia entlädt sich Wut über Israels Anerkennung von Somaliland. Die Proteste ziehen sich quer durch die Gesellschaft.

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Jerusalem/Fremont

Benjamin Netanjahu spricht mit Elon Musk über KI-Zukunft Israels

Im Mittelpunkt stand die strategische Ausrichtung Israels im Bereich künstlicher Intelligenz. Netanjahu will das Land technologisch an die Weltspitze führen

 30.12.2025

Jerusalem

Mikwe aus der Zeit des Zweiten Tempels unter der Klagemauer entdeckt

Der Fund gilt als eindrucksvoller archäologischer Beleg für die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 nach Christus

 30.12.2025

Schicksalbericht

»Der Terrorist betete, dass mein Kind stirbt«

Der 36-jährige Elkana Bohbot spricht zum ersten Mal über seine persönlichen Erlebnisse als Hamas-Geisel in Gaza

von Sabine Brandes  30.12.2025

Medizin

Studie aus Tel Aviv: Hautkrebs setzt Immunsystem gezielt außer Gefecht

Weltweit sterben jährlich 57.000 Menschen an Melanomen. Die neuen Erkenntnisse aus Israel könnten Medizinern helfen, diese Krebsform zu bekämpfen

 30.12.2025

Jerusalem

Knesset beschließt Gesetz gegen Versorgung von UNRWA-Einrichtungen

Israel wirft der UN-Organisation eine Nähe zur Hamas vor. Jetzt werden ihr der Strom, das Wasser und die Datenverbindungen gekappt

 30.12.2025