Rüstungsgeschäft

Neue Boote, alte Vorwürfe

Benjamin Netanjahu heißt am 12. Januar 2016 als Regierungschef das neue U-Boot »Rahav« am Marinestützpunkt Haifa willkommen. Foto: Government Press Office

Es geht um neue Schiffe. Und um die alten. Während die Tinte auf dem Vertrag über eine weitere U-Boot-Lieferung aus Deutschland kaum getrocknet ist, beschließt die Regierung in Jerusalem, dass der vorherige Deal von einer Sonderkommission untersucht wird. Der Grund: Korruptionsverdacht.

Am vergangenen Donnerstag setzten israelische und deutsche Vertreter auf der Militärbasis Kirija feierlich ihre Unterschriften unter ein neues Milliarden-Abkommen zum Erwerb von drei U-Booten. Nur drei Tage darauf stimmte das Kabinett für die Einsetzung der Sonderkommission, die untersuchen soll, ob beim Kauf von U-Booten aus Deutschland vor einigen Jahren alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Die Akquise während der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu ist von einem Skandal überschattet, der bereits zu mehreren Anklagen führte.

thyssenkrupp Der jetzige Vertrag sieht vor, dass Israel drei technisch hochmoderne Schiffe der Kieler Werft ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) für drei Milliarden Euro einkauft. Das erste der neuen Klasse »Dakar« soll innerhalb von neun Jahren ausgeliefert werden. Die U-Boote, eine verbesserte Version des bestehenden dieselelektrischen Delfin-Modells, über das Israel bereits verfügt, werden zu den fortschrittlichsten ihrer Art gehören.

»Die Beschaffung von drei hoch entwickelten U-Booten gehört in eine Reihe von Maßnahmen, die wir im Prozess der Bewaffnung und Stärkung der IDF ergriffen haben«, sagte Verteidigungsminister Benny Gantz (Blau-Weiß). Er dankte der Bundesregierung für ihre Unterstützung beim Vorantreiben des Abkommens und für »ihr Engagement für die Sicherheit Israels«.

Dabei muss Jerusalem jetzt das Doppelte der ursprünglichen Summe bezahlen, nachdem der Hersteller den Preis erhöht hatte, die Subventionen der deutschen Regierung jedoch gleich blieben. Denn die Absichtserklärung war bereits 2017 unterzeichnet worden und hatte auf einer damaligen Preisschätzung basiert. Wegen der Korruptionsvorwürfe bei Kauf Nummer eins lag der neue Plan jedoch jahrelang auf Eis. Das Verteidigungsministerium in Jerusalem genehmigte die höhere Zahlung schließlich, und trotz Einwänden von Außenminister Yair Lapid wurde der Vertrag unterschrieben.

Deutschland will trotz der Korruptionsvorwürfe beim vorangegangenen Geschäft verkaufen.

Der frühere U-Boot-Deal steht im Mittelpunkt von »Fall 3000«, der Behauptungen über Bestechungsgelder von ThyssenKrupp an israelische Beamte betrifft, die an dem Geschäft beteiligt waren. Unbekannte Quellen, die mit dem Deal vertraut sind, sagten der Tageszeitung »Haaretz«, dass es die Unterzeichnung des neuen Kaufvertrages gewesen sei, die den Weg für die Untersuchungskommission ebnete. Angeblich habe Deutschland signalisiert, dass der Verkauf auch dann voranschreiten könne, wenn die Untersuchung ergibt, dass es beim Deal davor korrupt zugegangen sei.

Staatsgeheimnisse Viel wird dabei vermutet: dunkle Geschichten um Staatsgeheimnisse, Vetternwirtschaft, Bestechung, Insiderwissen – und jede Menge Politik. Während Netanjahu selbst nie unter Verdacht stand, sind doch viele seiner ehemals engsten Vertrauten im Visier der Ermittler.

Im November 2018 hatten die Behörden gegen sechs Personen Anklage erhoben, darunter David Schimron, Netanjahus Cousin, Vertrauter und Anwalt. Die Kontroverse um den Kauf war entstanden, als herauskam, dass Schimron sowohl für den Premier als auch für Michael Ganor, den Vertreter von ThyssenKrupps Marinesparte in Israel, arbeitete.

Mehrere Politiker, angeführt von Gantz und Lapid, hatten schon lange versprochen, die Vorwürfe des vermeintlich massiven Bestechungsplans im Geschäft mit den U-Booten untersuchen zu lassen. Netanjahu hatte damals die Beschaffung in der Regierung durchgedrückt, obwohl sich sein Verteidigungsminister Mosche Yaalon kategorisch dagegen ausgesprochen hatte.

rücktritt »Der Marine-Deal ist die korrupteste Sicherheitsaffäre in der Geschichte des Landes«, sagte Yaalon diese Woche dem Knessetkanal. Er war seinerzeit aus Protest gegen den Einkauf zurückgetreten.

Die meisten Kabinettsmitglieder der neuen Regierung hatten am Sonntag für die Einrichtung der Untersuchung gestimmt. Premierminister Naftali Bennett enthielt sich, Innenministerin Ayelet Shaked, beide von der Rechtspartei Jamina, stimmte dagegen.

Im November 2018 hatten die Behörden gegen sechs Personen Anklage erhoben, darunter David Schimron, Netanjahus Cousin, Vertrauter und Anwalt.

Ursprünglich hätte die Kommission aus drei Beamten bestehen sollen, darunter einem pensionierten Richter, der die undurchsichtigen Wege durchschauen soll, auf denen die drei U-Boote und vier Raketenschiffe aus Kiel bis nach Israel gelangten. Das Büro von Gantz bestätigte, dass sie auf fünf Mitglieder erweitert werde. Die Einrichtung könnte allerdings seine Zeit dauern, denn das Gremium muss aus Personen bestehen, die nie in den Skandal verwickelt waren oder sich öffentlich dazu geäußert haben.

Ermittlungen Schimron, ein Cousin Netanjahus, ist wegen Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Deal angeklagt, Ganor wegen Bestechung. Der Ex-Premierminister muss sich zwar derzeit auch in drei Fällen wegen Korruption vor Gericht verantworten, in dem Skandal um die U-Boote aber nicht. Denn in »Fall 3000« erstattete die Polizei nie Anzeige gegen ihn. Dennoch bezweifeln einige, dass Netanjahu keinerlei Ahnung von einem unmoralischen Angebot in diesem Zusammenhang gehabt haben soll. Er hatte die Ermittlungen stets als »Hexenjagd« und »politisch motiviert« bezeichnet.

Jetzt wird vermutet, dass er einer der Hauptzeugen der Untersuchung werden könnte. Damit wird Netanjahu wahrscheinlich der erste israelische Premierminister, der jemals vor einer von der Regierung unterstützten Untersuchungskommission zu einer Aussage aufgefordert wird. Ob er allerdings auch etwas sagen wird, ist fraglich.

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