Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die von der Hamas erklärte Zustimmung zu einem neuen Waffenruhe-Vorschlag als Ausdruck von Druck und Schwäche abgetan. »Die Hamas steht unter immensem Druck«, sagte Netanjahu nach Beratungen mit der Armeeführung in der Nähe des Gazastreifens. Zitiert wurde er von israelischen Medien. Der Ministerpräsident betonte zugleich, dass Israel an seinem Plan festhalte, Gaza-Stadt einzunehmen und die dortige Bevölkerung in den Süden des Küstenstreifens zu verlegen.
Mit seiner deutlichen Absage reagierte Netanjahu auf die Ankündigung der Hamas, einem von Ägypten und Katar ausgehandelten Vorschlag zuzustimmen. Dieser sieht eine 60-tägige Feuerpause sowie die Freilassung von zehn israelischen Geiseln vor. Netanjahu machte klar, dass Israel den Vorschlag zwar prüfe, die eigenen Kernforderungen jedoch unverändert blieben. Dazu zählten die vollständige Freilassung aller Geiseln, die Entwaffnung der Hamas, eine dauerhafte Sicherheitskontrolle durch Israel sowie die Übergabe der Verwaltung des Gazastreifens an eine neue Instanz – nicht an die Palästinensische Autonomiebehörde.
Nach Informationen aus Diplomatenkreisen beinhaltet das Angebot der Vermittler zudem die Freilassung von 150 palästinensischen Häftlingen sowie die Übergabe der Leichname israelischer Geiseln. Auch andere Terrorgruppen im Gazastreifen hätten signalisiert, dass sie sich dem Vorschlag anschließen würden. Die Vermittlerländer hoffen, dass eine begrenzte Feuerpause zumindest eine Grundlage für umfassendere Gespräche schaffen könnte.
Kurz vor der Umsetzung
Gespräche mit der Hamas sind und waren immer schwierig. Denn das erklärte Ziel der Terroristen ist eine Auslöschung Israels. Nur unter militärischen Druck waren sie bisher zu Zugeständnissen bereit.
Verteidigungsminister Israel Katz äußerte sich ähnlich wie Netanjahu. »Die Hamas hat nur deshalb Verhandlungsbereitschaft signalisiert, weil sie fürchtet, dass wir Gaza-Stadt tatsächlich erobern«, sagte er. Armeechef Eyal Zamir sprach von einem »Wendepunkt im Krieg« und kündigte an, die Pläne für die nächste Phase der Offensive stünden kurz vor der Umsetzung.
Auch aus den USA kam Rückendeckung für Israels harte Linie. Präsident Donald Trump erklärte, dass eine Rückkehr der Geiseln nur durch eine militärische Zerschlagung der Hamas erreicht werden könne. »Wir werden die Rückkehr der Geiseln erst sehen, wenn die Hamas zerstört ist«, schrieb er in seinem sozialen Netzwerk. Nach Angaben der israelischen Regierung hält die Hamas weiterhin rund 50 Menschen in ihrer Gewalt, von denen nur noch 20 am Leben sein sollen. Die Terrororganisation foltert Verschleppte und hungert sie aus. 75 Geiseln wurden von der Hamas bei den Massakern vom 7. Oktober oder später im Gazastreifen ermordet.
»Jede Chance nutzen«
Unterdessen reagierten internationale Akteure unterschiedlich. Die Vereinten Nationen äußerten sich vorsichtig optimistisch und appellierten an »beide Seiten«, den Vorschlag ernsthaft zu prüfen. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul rief dazu auf, »jede Chance auf eine Feuerpause zu nutzen, um humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen«. In Brüssel erklärte die EU, sie unterstütze die Vermittlungsbemühungen Ägyptens und Katars.
Seit Monaten versuchen internationale Vermittler, eine dauerhafte Waffenruhe zu erreichen. Frühere Initiativen waren jedoch wiederholt an den weit auseinanderliegenden Positionen gescheitert: Während Israel auf der vollständigen Zerschlagung der Hamas besteht, um seine Bevölkerung zu schützen, fordert die Terrororganisation ein Ende ihres eigenen Krieges. im