Der Streit zwischen Israel und Frankreich eskaliert weiter. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wirft dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor, mit seiner Entscheidung, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, Antisemitismus in Frankreich anzuheizen. Das Élysée wies die Vorwürfe als »verwerflich und irrig« zurück.
In einem Brief, der am Sonntag versandt wurde und aus dem französische Medien zitierten, warnte Netanjahu, Macrons Kurs bedeute eine Belohnung für die palästinensische Terrororganisation Hamas. Wörtlich schrieb er: »Ihr Ruf nach einem palästinensischen Staat gießt Öl in dieses antisemitische Feuer. Es ist keine Diplomatie, sondern Beschwichtigung. Damit wird die Hamas ermutigt, die Freilassung der Geiseln zu verweigern, die Bedrohung für französische Juden verschärft und der Judenhass auf Ihren Straßen gefördert.«
Der Élysée-Palast reagierte ungewöhnlich scharf. Netanjahus Vorwürfe seien »abwegig« und »niederträchtig«. Frankreich schütze »und werde immer seine jüdischen Bürger schützen«, hieß es in einer Stellungnahme. Die Regierung verwies auf zahlreiche Maßnahmen gegen antisemitische Straftaten seit dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023. Gewalt gegen Juden sei »intolerabel«.
»Belohnung für den Terror«
Auch Macrons Europaminister Benjamin Haddad meldete sich zu Wort: »Frankreich hat im Kampf gegen Antisemitismus keine Lektionen zu lernen.« Es sei gefährlich, dieses Thema »für politische Zwecke zu instrumentalisieren«.
Macron hatte Ende Juli angekündigt, Frankreich werde im September bei den Vereinten Nationen die Anerkennung eines palästinensischen Staates offiziell erklären. Israel reagierte empört und sprach von einer »Belohnung für den Terror«. Nach den Massakern vom 7. Oktober, bei denen 1200 Menschen ermordet und 250 verschleppt wurden, führt Israel eine großangelegte Militäroperation im Gazastreifen mit dem erklärten Ziel, die Hamas zu zerschlagen.
Laut offiziellen Zahlen stiegen antisemitische Vorfälle in Frankreich von 436 im Jahr 2022 auf 1.676 im Jahr 2023. Nach Angaben der Regierung ging die Zahl 2024 leicht zurück. Offizielle Daten für 2025 liegen noch nicht vor. Frankreich verweist auf diese Entwicklung, um seine Wachsamkeit zu unterstreichen.
»Schwacher Politiker«
Netanjahu hatte ähnliche Briefe auch an andere Staats- und Regierungschefs verschickt. Australiens Premier Anthony Albanese warf er vor, »ein schwacher Politiker« zu sein, nachdem Canberra eine Anerkennung Palästinas angekündigt hatte. Auch gegenüber Kanada und Großbritannien zeigte sich Jerusalem verärgert.
Die palästinensische Autonomiebehörde (PA) begrüßte unterdessen den Schritt Frankreichs und wies Netanjahus Kritik zurück. Seine Vorwürfe seien »unbegründet und feindselig gegenüber dem Frieden«.
Die PA selbst lehnte in den vergangenen Jahrzehnten alle Friedensabkommen ab, die zu einer Zweitstaatenlösung hätten führen können und damit auch die Gründung eines eigenen Staates für die palästinensischen Araber ermöglicht hätten, während Israel allen Vorschlägen zustimmte. im