Projekt

Nah am Wasser gebaut

Vorbild für Tel Aviv? Die künstliche Insel »Palm Island« vor der Küste von Dubai Foto: imago

Das große Meer ist die westliche Grenze unseres Landes», schrieb David Ben Gurion im Jahr 1932. Doch 80 Jahre später sieht es fast so aus, als ob Israels Gründungsvater diesmal falsch gelegen hätte. Denn vor wenigen Tagen hat das israelische Kabinett die Einrichtung eines Ausschusses beschlossen, der die Möglichkeiten einer Vergrößerung des jüdischen Staates auf dem Meer sondieren soll.

Zur Diskussion steht die Errichtung künstlicher Inseln vor der Küste, die via Brücken mit dem Festland verbunden werden sollen. «Unser Staat ist klein und dicht bevölkert», erklärte Premierminister Benjamin Netanjahu anlässlich dieser Entscheidung. «Daher besitzen solche Konzepte für uns eine klare räumliche, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Logik. Zweifellos ergeben sich für Israel daraus viele interessante Perspektiven.»

Nun ist die Idee nicht ganz taufrisch, denn seit 1995 geistert sie immer wieder einmal durch die Medien, doch erhält sie durch diesen offiziellen Schritt einen gewissen Auftrieb. «Der Bau künstlicher Inseln kann mit dazu beitragen, für einige wichtige Infrastruktur-Großprojekte Platz zu schaffen», freute sich denn auch sofort Wissenschaftsminister Daniel Hershkowitz, der als einer der Initiatoren gilt.

500 Hektar Der Ausschuss hat die Aufgabe, Experten und Organisationen zu der Frage anzuhören, ob es sinnvoll ist, vor Tel Aviv oder an anderen Orten vor der Küste künstliche Inseln anzulegen, die dann vielleicht eines Tages Kraftwerke, einen Flughafen, Meerwasserentsalzungsanlagen oder militärische Einrichtungen beherbergen könnten. Geplant sind Aufschüttungen in der Größenordnung von rund 500 Hektar Fläche, die Kosten dafür werden auf mindestens 1,5 Milliarden Dollar geschätzt.

«Künstliche Inseln sind hervorragende alternative Standorte für derartige Anlagen, weil dadurch wertvolles Land in der dicht besiedelten Küstenregion verschont bleibt oder frei wird», so Hershkowitz. «Unser Ausschuss wird deshalb im Ausland bereits gebaute Anlagen dieser Art näher unter die Lupe nehmen und anschließend Empfehlungen aussprechen, welche technologischen Verfahren am besten geeignet sind.»

Doch egal wie diese aussehen werden, schon jetzt gehen zahlreiche Umweltschutzorganisationen auf die Barrikaden. «Es gibt überhaupt keine vergleichbaren Projekte, wie sie in Israel geplant sind», meint Jael Dori. «Unsere Hauptbedenken richten sich insbesondere gegen die Tatsache, dass einfach ins Meer hineingebaut werden soll», so die Vertreterin der Organisation «Adam Teva V’Din – Israel Union for Environmental Defense».

Die meisten künstlichen Inseln würden in Buchten errichtet, damit sie vor Wetterkapriolen geschützt seien, lautet die Kritik. «In Japan und in den Niederlanden, den beiden Nationen mit der größten Expertise auf diesem Gebiet, ist der Bau vor der offenen Küste sogar offiziell verboten», so Dori. «Die Folgen für den Verlauf der Meeresströmung und die dadurch entstehenden Erosionen sind kaum einzuschätzen. Israels Strände wären in Gefahr.»

Verzögerung Vorerst jedoch besteht kein unmittelbares Risiko für Israels Ökosysteme vor der Küste. Denn was Großprojekte betrifft, gibt es im jüdischen Staat eine tiefe Kluft zwischen Wunsch und Realität – das zeigen etwa die Endlosdiskussionen um den Bau eines modernen Nahverkehrssystems im Großraum Tel Aviv, das diesen Namen auch verdient. Und wird einmal etwas beschlossen, entpuppen sich alle Zeitpläne rasch als reine Fiktion. Das bewiesen in der Vergangenheit bereits der Neubau des Zentralen Busbahnhofs in Tel Aviv, dessen Einweihung einige Jahrzehnte später als ursprünglich vorgesehen stattfand, oder die mehrjährigen Verzögerungen bei der Eröffnung des neuen Ben-Gurion-Airport-Terminals.

Dabei gibt es durchaus Argumente, die für eine rasche Umsetzung der Inselpläne sprechen. Nach dem versuchten Anschlag auf Pi Glilot im Mai 2002 gab es bereits Vorschläge, Israels größtes Treibstofflager aus der dicht besiedelten Region vor den Toren Herzliyas auf das Meer zu verlegen. «Falls der ehrenwerte Herr Infrastrukturminister wünscht, dass Tel Avivs Einwohner nie wieder den Sonnenuntergang sehen sollen, kann er sein Projekt gerne weiterverfolgen», wetterte schon damals Pe’er Wisner, Vertreter der Grünen im Stadtrat.

Und weil Wohnraum in Israels Metropole ein knappes Gut ist, steht seit einigen Jahren die Existenz des Stadtflughafens Sde Dov zur Disposition. 12.000 Wohneinheiten könnten auf seinem Areal entstehen, erklärte ein extra eingerichteter interministerieller Ausschuss, der ausgerechnet hatte, dass eine Bebauung des Geländes sieben Milliarden Dollar in die öffentlichen Kassen spülen könnte.

Doch noch sträubt sich Bürgermeister Ron Huldai dagegen. «Ich glaube fest an den Flughafen Sde Dov, weil er so nahe an den wichtigsten Geschäftszentren des Landes liegt», verkündete er noch im Januar 2011. Für Huldai gibt es nur eine Alternative: die Verlagerung auf eine künstliche Insel.

Jerusalem/New York

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