Jerusalem

Mit der Brille in die Antike

Die Menschen in Israel bauen und dekorieren ihre Laubhütten, laden Familie und Freunde zum gemeinsamen Festessen in die Sukka und genießen die Früchte des Landes. Doch es gibt noch eine weitere Tradition, die viele jüdische Israelis verbindet: Man nutzt die freien Tage und die Schulferien, um durch das Land zu reisen und den zahlreichen Ausgrabungen und Museen einen Besuch abzustatten. Ganz im Sinne von Sukkot, dem Pilgerfest, an dem die alten Israeliten zum großen Tempel in Jerusalem reisten.

Passend zu dieser Zeit präsentiert der Davidsturm, das Museum zur Stadtgeschichte Jerusalems, jetzt »Step into History« (Schritt in die Geschichte), einen Stadtrundgang in virtueller Realität (VR). Es ist der erste in ganz Israel. »Damit kann man nicht nur einen Haufen von alten Steinen sehen, sondern hat auf einmal tatsächlich vor Augen, wie es damals ausgesehen hat«, bringt es Simon Young auf den Punkt.

3D Der leitende Archäologe und Gründer des australischen Start-ups »Lithodomus VR« hat den Rundgang gemeinsam mit VR- und 3D-Künstlern entwickelt. Er sieht sich selbst als »Geschichtenerzähler, der die antike Welt zum Leben erwecken will«.

Magie »Wir nutzen die Magie der Archäo­logie, intensive Recherche und die virtuelle Realität, um Modelle zu gestalten, die die Besucher mit der Historie verbinden. Und damit bringen wir die großen Wunder der Antike direkt in die Zukunft.«
Man sieht türkisblaues Wasser, bunte Fresken und wehende Palmen.

Oft sei es eine zu große Herausforderung an die Vorstellungskraft, sich Jerusalem, wo es an fast jeder Ecke imposante Altertümer gibt, in den verschiedenen Epochen auszumalen. »Man wandert um­her und sieht überall alte Gebäude und Steine.«
Doch jetzt müsse man seine Fantasie nicht mehr überstrapazieren, kündigt das Museum an.

Stattdessen setzt man sich das VR-Headset auf, stöpselt die Ohrhörer ein und schaut in eine vergangene Zeit. Hier plätschert das Wasser türkisblau im Pool des Königs, dreht man sich ein wenig nach rechts, sieht man die mit bunten Fresken geschmückten Wände des Palastes, ein Stück weiter wehen die Palmwedel im Wind vergangener Zeiten.

Zwei Touren mit bis zu 15 Teilnehmern werden zunächst angeboten, jeweils auf Hebräisch und Englisch: eine durch die historischen Geheimnisse des Museums und eine zweieinhalb- bis dreistündige Tour, die von einem spezialisierten Reiseführer geleitet wird. Sie beginnt in der Davidszitadelle, endet im jüdischen Viertel der Altstadt und mäandert durch die Gassen der Heiligen Stadt vor 2000 Jahren in der Zeit von König Herodes.

Herodes Es geht so: Zu Fuß werden bestimmte Punkte angesteuert – die alte Festung von Herodes, die Kotel, der Robinsonbogen, das jüdische Viertel und der Cardo. An jedem dieser Orte erlebt man die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten in der heutigen Realität. Sobald die Teilnehmer das Headset aufsetzen, befinden sie sich mitten in der Antike, und die Geschichte wird lebendig.

Der Tourguide gibt dazu Geschichten, Besonderheiten und Mythen aus der Stadtgeschichte zum Besten. »Step into History« ist in Gemeinschaftsarbeit mit Lithodomus VR und dem ToD (Tower of David) Innovation Lab im Museum entwickelt worden. Letzteres wurde im Januar dieses Jahres eröffnet, um die Besuchererfahrung im Museum durch technologische Neuheiten zu erweitern. Zehn israelische und internationale Start-ups haben sich mittlerweile in den alten Gemäuern angesiedelt.

Leiterin Devora Mason ist stolz, dass ihr Lab zum Ziel hat, »Tausende Jahre Geschichte der Stadt durch Technik zu erzählen«. Die heterogene Besuchergemeinde mache das Davidsturm-Museum zu einem idealen Ort, um innovative Technologien zu testen. »Unser Labor versucht, neue Wege zu finden, um die Geschichte zum Leben zu erwecken.

Das ist eine Herausforderung, der alle Museen, historischen, kulturellen und archäologischen Stätten in Israel und der ganzen Welt gegenüberstehen. Bei der virtuellen Realität gibt es keine Grenzen mehr, denn mit deren Hilfe machen die Menschen eine Erfahrung, die von Zeit und Ort losgelöst ist. Sie macht das Altertum in der Gegenwart tatsächlich erlebbar.«

Verjüngungskur Das Museum, das vor drei Jahrzehnten eröffnet wurde und jährlich rund eine halbe Million Gäste hat, wird derzeit einer regelrechten Verjüngungskur unterzogen. »Wir wollen unsere Geschichte erneuern«, so Eilat Lieber, Direktorin und leitende Kuratorin des Davidsturm-Museums. »Und dabei hilft uns die moderne Technologie, die Historie auf viele verschiedene Arten darzustellen.« Insgesamt werden 40 Millionen Dollar in die Ausstellung und die Erweiterung des Gebäudes gesteckt.

Das Davidsturm-Museum würde die Besucher zum Laubhüttenfest gerne in Scharen anlocken. »Die Menschen können an diesem Sukkot Jerusalem erleben, wie die Pilger, die damals aus der gesamten antiken Welt kamen, um den Tempel von König Herodes zu sehen – fast wie vor 2000 Jahren«, wirbt die Direktorin. Ganz nach dem Motto aus dem Talmud: »Wer nicht den Tempel von Herodes erblickt hat, der hat in seinem Leben noch kein schönes Haus gesehen.«

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  31.12.2025

Gaza

Bericht: USA und Israel setzen Hamas Frist für Waffenabgabe

Die USA und Israel haben sich auf eine Frist für die Entwaffnung der Hamas geeinigt. Diese ist Voraussetzung für Frieden in Gaza

 31.12.2025

USA

Die Eltern der letzten Geisel treffen Trump

Die Eltern von Ran Gvili kämpfen dafür, dass die zweite Phase von Trumps Gaza-Plan erst beginnt, wenn ihr Sohn wieder zu Hause ist

 31.12.2025

Deutschland

Bildungszentrum von Yad Vashem soll Leerstelle füllen

Das in Deutschland geplante Bildungszentrum der Gedenkstätte Yad Vashem soll ein größeres Bild in den Dialog der Erinnerungskultur bringen

 31.12.2025

Hintergrund

Das steckt hinter »Katargate«

Die Affäre um vermeintliche Zahlungen von Doha an Netanjahu-Berater und Medien-Leaks zieht immer weitere Bahnen

von Sabine Brandes  30.12.2025

Afrika

Somalier protestieren gegen Israel

Sprechchöre, geschlossene Unis, kämpferische Reden: In Somalia entlädt sich Wut über Israels Anerkennung von Somaliland. Die Proteste ziehen sich quer durch die Gesellschaft.

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Jerusalem/Fremont

Benjamin Netanjahu spricht mit Elon Musk über KI-Zukunft Israels

Im Mittelpunkt stand die strategische Ausrichtung Israels im Bereich künstlicher Intelligenz. Netanjahu will das Land technologisch an die Weltspitze führen

 30.12.2025

Jerusalem

Mikwe aus der Zeit des Zweiten Tempels unter der Klagemauer entdeckt

Der Fund gilt als eindrucksvoller archäologischer Beleg für die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 nach Christus

 30.12.2025