Rio 2016

Matte-Olympiade

Mein Enkel hat mir gesagt, dass er genauso wie du sein will, wenn er groß ist.» So begeistert zeigten sich Israels Staatspräsident Reuven Rivlin und sein Enkel über den Bronzemedaillengewinner im Judo, Or Sasson aus Israel.

Reuven Rivlin hatte im Vergleich zu früheren israelischen Staatsoberhäuptern bei diesen Olympischen Spielen relativ viel zu tun. Zwei Medaillen gewann Israel; wenige Tage, ehe Sasson in der Gewichtsklasse über 100 Kilogramm den dritten Platz belegte, hatte der Staatspräsident schon einen Glückwunsch in Richtung Yarden Gerbi formulieren müssen – oder dürfen.

«Wir haben alle die Luft angehalten und für deinen Erfolg gebetet», erklärte Rivlin, nachdem die Judoka Gerbi in der Klasse bis 63 Kilogramm auch Bronze gewonnen hatte. 2012 in London hatte es keine einzige Olympiamedaille für Israel gegeben.

Sabre Sasson stammt aus Jerusalem, Gerbi aus Kfar Saba. Es sind also Sabres, im Land geborene Israelis, die für den olympischen Glanz des kleinen Landes sorgen – und nicht Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion, denen große Teile der israelischen Öffentlichkeit das eher zugetraut hätten.

So wie etwa Hanna Knyazyeva-Minenko, als Vizewelt- und -europameisterin im Dreisprung nach Rio gereist, in London immerhin Viertplatzierte, aus der Ukraine stammend und bei den Leichtathletikwettbewerben nur Fünfte geworden. «Eine weitere Enttäuschung», wie die Onlinezeitung «Times of Israel» notierte. Als Enttäuschung wurde auch die Windsurferin Maayan Davidovich verbucht, die im Finale des Rennens der RS:X-Klasse der Frauen Siebte wurde – dabei war auch sie als Favoritin angereist, immerhin Dritte der Welt- und Zweite der Europameisterschaft.

Die Judoka also. Die haben dafür gesorgt, dass das Land auch gute sportliche Schlagzeilen schreiben kann. Schon die allererste Olympiamedaille für Israel hatte eine Judoka gewonnen: Yael Arad 1992 in Barcelona.

Handschlag Und es waren auch die Judoka, die die – zumindest ärgerliche – Sonderstellung des jüdischen Staates sichtbar machen. Bronzemedaillengewinner Sasson war nämlich in einem Vorrundenkampf gegen den Ägypter Islam El Shehaby angetreten. Nach dem Kampf verweigerte El Shehaby den obligatorischen Handschlag. Eine Geste, die im Judosport noch mehr als Respektlosigkeit gewertet wird als in anderen Sportarten. «Mein Gegner kam sehr emotional zum Kampf, er stand ungewöhnlich unter Druck. In manchen Situationen habe ich den Hass in seinen Augen gesehen», hatte Sasson nachher der «Bild am Sonntag» gesagt. «Trotzdem habe ich danach versucht, ihm die Hand zu geben. Im Judo ist es einfach wichtig, den Gegner zu respektieren. Eigentlich tut er mir leid.»

El Shehabys Unsportlichkeit hatte große Wellen geschlagen. Ein Video, das zeigte, wie Sasson auf El Shehaby zugeht und ihm mehrfach die ausgestreckte Hand entgegenhält, wurde auf den Sozialen Medien unzählige Male geklickt, und auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) verurteilte das Verhalten des Ägypters. «So etwas ist nicht akzeptabel. Wir bedauern diesen Vorfall sehr», sagte ein IOC-Sprecher. «Diese Form der Ausgrenzung wollen wir bei Olympia nicht sehen.»

Die ägyptische Delegation kam in Erklärungsnot, die Teamleitung verkündete, der Sportler habe den Sportsgeist vermissen lassen, und schickte ihn sofort nach Ägypten zurück.

Der Sportler selbst ließ verlauten, es gebe doch keine schriftlich fixierte Regel, wonach er jemandem die Hand geben müsse. «Das macht man zwischen Freunden, und er ist nicht mein Freund.» Antisemitismus wies El Shehaby zurück. «Ich habe keine Probleme mit dem jüdischen Volk oder anderen Religionen», sagte er Journalisten. «Aber man kann nicht von mir verlangen, dass ich irgendjemandem aus diesem Staat die Hand gebe, schon gar nicht vor der gesamten Welt.»

Gili Cohen Gleichfalls bei den olympischen Judo-Wettbewerben hatte sich eine Episode zugetragen, die vermutlich ebenfalls antiisraelisch motiviert war: die saudi-arabische Sportlerin Joud Fahmy brach aus augenscheinlich fadenscheinigen Gründen ihren Kampf ab, um nicht auf die Israelin Gili Cohen treffen zu müssen.

Doch die israelischen Judoka waren es auch, die die sportliche Antwort gaben. «Ich bin stolz, Israel repräsentieren zu dürfen, und stolz auf meinen heutigen Kampf», sagte Yarden Gerbi. Und Or Sasson verkündete zufrieden: «Ich fühle mich sehr privilegiert, dass man mir die Chance gab, Israel zu vertreten.»

Jerusalem

Bischof Azar bedauert Irritation durch »Völkermord«-Äußerung

Weil er in einem Gottesdienst in Jerusalem von »Völkermord« an den Palästinensern sprach, hat der palästinensische Bischof Azar für Empörung gesorgt. Nun bedauert er, dass seine Worte Irritation ausgelöst haben

von Christine Süß-Demuth  07.11.2025

Diplomatie

Kasachstan will sich den Abraham-Abkommen anschließen

US-Präsident Donald Trump kündigte den Schritt wenige Tage vor dem Besuch des saudischen Kronprinzen im Weißen Haus. Auch Saudi-Arabien solle seine Beziehungen zu Israel normalisieren, so die Hoffnung des US-Präsidenten

 07.11.2025

Israel

Spion auf vier Rädern

Israels Armee mustert ihre Dienstfahrzeuge »Made in China« aus. Der Grund: Sie könnten ein Risiko für die nationale Sicherheit sein

von Ralf Balke  07.11.2025

Ko Pha Ngan

Thailand: Israelisches Paar hat in der Öffentlichkeit Sex - und wird verhaftet

Die Hintergründe

von Sabine Brandes  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Geiselhaft

»Sie benutzten mich wie einen Boxsack«

Die befreite Wissenschaftlerin Elisabeth Tsurkov berichtet über »systematische Folter und sexuelle Gewalt« durch die Entführer im Irak

von Sabine Brandes  06.11.2025

Gaza

Ex-Geisel Rom Braslavski: »Ich wurde sexuell missbraucht«

Es ist das erste Mal, dass ein aus der Gewalt der Terroristen freigekommener Mann über sexuelle Gewalt berichtet

von Sabine Brandes  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert