Donald Trump hat vor, auf den Spuren von Herodes dem Großen zu wandeln. Der amerikanische Präsident will am 22. und 23. Mai nach Israel reisen. Und er weiß auch schon genau, wo er seine zentrale Rede halten will: auf Masada – der Festung, die imposant in der kargen Wüste oberhalb des Toten Meeres thront. Erbaut von Herodes, dem legendären römischen König von Judäa.
Damit wird Trump wohl auch im Heiligen Land seinem Grundsatz treu bleiben: je größer und pompöser, desto besser. Andere Staatsoberhäupter sprechen bei der Ankunft am Flughafen, vor dem israelischen Parlament, der Knesset oder der Residenz des Präsidenten und Premierministers. Doch Durchschnitt war noch nie Donald Trumps Ding.
Außer nach Saudi-Arabien, Israel und in den Vatikan will er auch in die Palästinensergebiete reisen: »Meine erste Auslandsreise als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika führt nach Saudi-Arabien, dann nach Israel und anschließend an einen Ort, den meine Kardinäle sehr lieben – Rom«, sagte er vor Journalisten.
Nach einer Audienz beim Papst geht es weiter zu den G7-Gipfeln in Brüssel und Sizilien. In Israel will der US-Präsident die Partnerschaft zwischen den beiden Nationen weiter stärken. Man habe vor, über regionale Angelegenheiten zu sprechen, darunter die Bedrohung durch den Iran und dessen Verbündete sowie die Gefahren, die von der Terrormiliz »Islamischer Staat« ausgehe, sagte er. Ebenfalls soll ein dauerhafter Frieden zwischen Israel und den Palästinensern diskutiert werden.
geburtskirche Trump nahm auch eine Einladung des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas an, obwohl der erst im April im Weißen Haus zu Besuch war. Auch bei diesem Teil seines Besuchs will er offenbar auf bedeutungsschwangere Orte setzen. So kommt er mit Abbas nicht etwa im Verwaltungssitz Ramallah zusammen, wie die meisten offiziellen Gäste. Stattdessen will Trump nach Bethlehem reisen und dort mit dem Besuch der Geburtskirche von Jesus eine Botschaft an die Christenheit senden, heißt es in einem Bericht des israelischen Fernsehsenders Kanal 2.
Die Palästinenser instrumentalisierten diese Entscheidung bereits für ihre Interessen und erklärten, dass die Wahl des Treffpunktes hervorragend sei, denn so könne der Amerikaner aus nächster Nähe verstehen, »wie Besatzung und Siedlungspolitik Israels in der Realität aussehen«.
Was Trump dazu sagen wird, bleibt abzuwarten. Sicherlich wird er sich in diesem Punkt mit seinen Familienmitgliedern, die gleichsam als seine offiziellen Berater fungieren, absprechen. Denn die sind auf der Reise mit dabei: seine Ehefrau Melania, die jüdische Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, der als offizieller Nahost-Berater fungiert.
Bevor Trump allerdings in Jerusalem Siedlungspolitik und Friedensprozess zum Thema macht, trifft er sich mit Anführern der arabischen Welt. Während einer Pressekonferenz erklärte Trump in ungewöhnlich versöhnlichem Ton die Bedeutung der Reise: »Ein neues Fundament von Kooperation und Unterstützung mit unseren muslimischen Verbündeten zu bauen, um Terrorismus, Extremismus und Gewalt zu bekämpfen.«
Ein Zeichen? »Ja, das ist eine klare Botschaft«, ist Yoav Fromer, Dozent an der Universität Tel Aviv für amerikanische Politik und Geschichte, überzeugt. »Die soll sagen: »›Schaut her, wir sind nicht antimuslimisch, sondern lediglich gegen Terrorismus.‹ Vor allem im Hinblick auf Trumps Reisebann ist das bedeutungsvoll.«
Stationen Dass der US-Präsident Saudi-Arabien als erste Station seiner Reise auserkoren hat und erst anschließend in Israel landet, wertet der Experte im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen indes nicht un-bedingt als politische Aussage. »Das arabische Land gilt neben Ägypten als moderat in der Region und ist ein traditioneller Verbündeter sowie strategischer Partner der USA. Die Reihenfolge muss für Israel nicht nachteilig sein.«
Ganz sicher ist das allerdings nicht, gibt der Politologe zu. »Denn das Einzige, was man bei Trump vorhersehen kann, ist die Unvorhersehbarkeit. Er ist einfach unberechenbar. Und das weiß die israelische Regierung genau.«
Natürlich werde Premier Benjamin Netanjahu die gemeinsamen Fotos des Händeschüttelns und der Umarmungen nutzen, um der Welt und seinen Kritikern zu zeigen, dass die amerikanisch-israelischen Verbindungen besser seien denn je – egal, was Trump sagen mag.
Hinter verschlossenen Türen ist man in Jerusalem aber in großer Sorge darüber, was der Präsident im Gepäck aus Saudi-Arabien mitbringen könnte. »Vielleicht wird der US-Präsident von den arabischen Anführern überzeugt, dass die saudische Friedensinitiative die richtige Entscheidung ist, und Israel sowie die Palästinenser drängen, sie anzunehmen. Für Netanjahu wäre das ein Fiasko, denn der Premier persönlich und ein Großteil der Koalition lehnen diesen Plan vehement ab«, meint Yoav Fromer.
Dass er generell friedenswillig sei, hat der israelische Regierungschef mehrfach betont. Vor allem nach dem Besuch Abbas’ in Washington will er sicherlich nicht derjenige sein, der Nein zu einer Aussöhnung sagt. Inwieweit die Politiker beider Seiten aufrichtig sind oder ihre Bekundungen lediglich als Taktik einsetzen, sei schwer einzuschätzen.
»Historisch ist es schon so, dass sich Netanjahu stets für den Frieden ausgesprochen hat«, erklärt Fromer. Allerdings hätten weder er noch Abbas ihren Worten Taten folgen lassen. »Auf israelischer Seite wird der Siedlungsbau nicht gestoppt, auf palästinensischer gibt es noch immer Aufwiegelung und Hass gegen Juden sowie Zahlungen an Terroristen und ihre Familien. Das sind keine guten Voraussetzungen für ein Abkommen zwischen den beiden.«
Geschichtsbücher Trump indes scheinen diese Hürden oder das Scheitern seiner Vorgänger nicht zu demoralisieren. »Nein, denn er weiß einfach zu wenig von der Gegend und der Historie. Er geht an den Friedensprozess heran, wie an alles andere sonst – auch hierbei geht es nur um sein Ego. Mit einem Vertrag zwischen Israel und den Palästinensern gälte er als Sieger und ginge in die Geschichtsbücher ein. Das ist es, was Trump will.«
Könnte diese Gleichung allem Realismus zum Trotz möglicherweise aufgehen? »Will man es ganz positiv betrachten«, sinniert der Politikwissenschaftler, »kann man es so sehen, dass alle anderen US-Präsidenten und Vermittler zuvor gescheitert sind. Vielleicht braucht es einen ganz anderen Ansatz. Es gibt im Amerikanischen den feststehenden Begriff ›unintended consequences‹ – das sind unbeabsichtigte Konsequenzen. Vielleicht funktioniert es ja nur so in Nahost.«