Einen Erfolgsbonus gibt es, er fällt jedoch ziemlich bescheiden aus. So konnte der Likud nach dem siegreichen Ausgang des Zwölf-Tage-Krieges mit dem Iran in der ersten Meinungsumfrage unmittelbar nach Einsetzen der Waffenruhe ein leichtes Plus erzielen. Die Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu käme demnach auf 26 von 120 Sitzen ein der Knesset. Das wären nur zwei bis vier Mandate mehr als in den vorherigen Umfragen. Auch ist der Likud immer noch weit entfernt von den derzeit 32 Sitzen, die man im aktuellen Parlament hat.
Die Umfrage, die am Dienstag im Auftrag des TV-Kanals 12 durchgeführt wurde, zeigt ferner, dass diese Zugewinne vor allem auf Kosten von Netanjahus Koalitionspartnern gehen. So würde für den Fall, dass jetzt Wahlen stattfänden, Otzma Yehudit, die Partei von Itamar Ben-Gvir, im Vergleich zu früheren Befragungen wohl drei Mandate verlieren. Zugleich verfestigt sich der Trend, dass Finanzminister Bezalel Smotrich nicht mehr in der nächsten Knesset sitzt. Seine Partei, die Religiösen Zionisten, würde zum wiederholten Male laut den Umfragen an der 3,25-Prozent-Hürde scheitern.
Addiert man die beiden politischen Vertreter der Ultraorthodoxen hinzu, käme die aktuelle Koalition wahrscheinlich nur auf 49 Sitze, die Oppositionsparteien dagegen auf 61. Die arabischen Parteien, die sich keiner der beiden Gruppierungen nahe sehen, würden zusammen weitere zehn Mandate erhalten.
Naftali Bennett wirbelt Opposition auf
Aber das Anti-Bibi-Lager ist durch eine weitere Person mächtig durcheinandergewirbelt worden, die vor wenigen Tagen eine neue Partei registrieren ließ, und zwar Ex-Ministerpräsident Naftali Bennett. Er würde dieser Umfrage zufolge auf 24 Mandate kommen, was vor allem auf Kosten von Avigdor Liebermann, Benny Gantz oder Jair Lapid ginge, die im Vergleich zu Umfragen von Anfang Juni massiv an Zustimmung verlieren. Drittstärkste Kraft wären aktuell die Linkszionisten von der Partei »Die Demokraten« mit Jair Golan an der Spitze.
Wenn es aber um die Frage geht, wen die Israelis derzeit als Ministerpräsidenten bevorzugen, so ist es nun zum ersten Mal in diesem Jahr Benjamin Netanjahu – definitiv eine Folge des als Sieg bewerteten Schlagabtauschs mit dem Iran. 38 Prozent wollen ihn als Premier, 35 Prozent dagegen lieber Bennet. Weitere 21 Prozent glauben, dass keiner der beiden geeignet sei. Sechs Prozent hatten keine Meinung.
Für Netanjahu selbst sind solche Zahlen entscheidungsprägend. Auf der einen Seite kann ihn Smotrich mit einem Ausstieg aus der Koalition nicht länger erpressen. Denn vorzeitige Neuwahlen würden wohl eher für den Finanzminister das politische Aus bedeuten. Andererseits weiß er jetzt auch, dass selbst der Sieg über den Iran ihm nicht den vielleicht erhofften Bonus bringt, den er dringend braucht, um im Amt zu bleiben. ja