Krieg

»Lass sie deine Kinder als Geiseln nehmen …«

Eli Albag, Vater von Liri, macht seiner großen Wut Luft. Foto: Flash90

Es scheint zum ersten Mal seit Wochen Bewegung in die Verhandlungen um einen Geiseldeal zwischen Israel und der Hamas zu kommen. Am Mittwochmorgen berichteten israelische Medien, dass ein Team aus Jerusalem in wenigen Stunden in Kairo zu Gesprächen landen würde. Angeblich hätte die Hamas ihre Forderungen gelockert. Es sei durch die verstärkten amerikanischen Bemühungen, einen Durchbruch zu erzielen, dazu gekommen.

Die US-Vermittlungen werden von CIA-Direktor William Burns und dem obersten Nahost-Berater von Präsident Joe Biden, Brett McGurk, geleitet. Auch Ägypten und Katar sind wieder an der US-Initiative beteiligt. Die Regierung von Katar hatte am Tag zuvor erklärt, dass Medikamente, die zuvor in Abstimmung mit Israel in den Gazastreifen gebracht worden waren, angeblich die ersten Geiseln erreicht haben sollen. Viele der Gekidnappten benötigen nach Angaben von Angehörigen Medizin wegen chronischer Leiden.

Verhandlungen sollen sich um Schlüsselpunkte drehen

Am selben Tag sei auch eine Hamas-Delegation, an der Spitze der Chef des Politbüros der Terrororganisation, Ismail Haniyeh, zu Gesprächen nach Kairo gereist. Die Verhandlungen würden sich jetzt vor allem um verschiedene Schlüsselpunkte eines möglichen Abkommens drehen, darunter die Zahl der freizulassenden Geiseln im Verhältnis zu der Anzahl palästinensischer Gefangener. Außerdem stünden die Dauer des Waffenstillstandes und der Umfang des Rück- oder Abzugs der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen ganz oben auf der Agenda.

Nach Angaben aus dem Weißen Haus versuche die Biden-Regierung, noch vor dem Beginn des Ramadans, der am 10. März beginnt, einen Durchbruch zu erzielen. Der muslimische Fastenmonat ist in Israel eine sensible Zeit, in der nicht selten gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästinensern ausbrechen.

Angehörige sind wütend auf Finanzminister Smotrich

Derweil sind viele Angehörige der israelischen Geiseln in Gaza außer sich vor Wut. Worte des rechtsextremen Finanzministers Bezalel Smotrich verärgerten sie am Dienstag zutiefst und lösten Proteste aus. In einem Interview, das im öffentlich-rechtlichen Sender Kan ausgestrahlt wurde, antwortete der Minister auf die Frage, ob seiner Meinung nach die Rückführung der 134 Geiseln, die seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober von der Hamas festgehalten werden, das wichtigste Ziel sei, mit »Nein. Es ist nicht das Wichtigste.«

»Warum einen Wettbewerb daraus machen? Warum ist es im Moment so wichtig?«

finanzminister Bezalel smotrich

»Warum einen Wettbewerb daraus machen? Warum ist es im Moment so wichtig?«, legte er nach, obwohl die Familien immer wieder betonten, wie wenig Zeit den Geiseln in den extrem schwierigen und lebensbedrohlichen Verhältnissen, unter denen sie in Gaza gefangen gehalten werden, wahrscheinlich noch bleibt. »Wir müssen Hamas zerstören. Das ist sehr wichtig«, fügte Smotrich hinzu. Dann kritisierte der Minister der Partei Religiöser Zionismus auch diejenigen, die einen Deal fordern, der die Geiseln »um jeden Preis« nach Hause bringen würde.

Kurz darauf riefen Familienmitglieder auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv die israelische Bevölkerung auf, bei einem »Protest der Wut« gegen die Regierung mitzumachen und drohten, »die Straßen in Brand zu stecken«. Smotrich verteidigte später seine Äußerungen und wies die Angriffe auf ihn zurück.

Angehörige drohen, die Straßen in Brand zu stecken

Doch die Angehörigen beruhigte das nicht. »Smotrich, lass sie Deine Kinder als Geiseln mitnehmen. Dann werde ich auf der Straße stehen und sagen: ›Das ist nicht das Wichtigste‹«, rief Eli Albag, dessen 18-jährige Tochter Liri in der Gewalt der Hamas ist. »Ich sage dem Volk Israel: Wer auch immer denkt, die Geiseln seien nicht wichtig, lasst sie Eure Kinder als Geiseln nehmen, dann könnt Ihr mitreden. Denn wir leiden seit 137 Tagen, jeden Tag, jede Minute. Wir schlafen nachts nicht mehr.«

Mehrere Politiker reagierten ebenfalls wütend auf Smotrichs Äußerungen, darunter Kriegskabinettminister Benny Gantz und Oppositionsführer Yair Lapid. »Smotrichs Angriff auf die Familien der Geiseln ist eine moralische Schande. Herzlose Menschen können den Staat Israel nicht weiterhin in den Abgrund führen«, so der Vorsitzende der Partei Jesch Atid. »Smotrich, unter Ihrer Aufsicht und der von Netanjahu wurden 1.200 Israelis ermordet. Unter Ihrer Aufsicht wurden israelische Bürger entführt, gefoltert und vergewaltigt. Sie sind für ihr Schicksal verantwortlich. Ohne die Rückkehr der Geiseln wird Israel nicht gewinnen.«

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