Diplomatie

Lapid, Erdogan und die UN

Wollen die israelisch-türkischen Beziehungen wiederbeleben: Yair Lapid und Recep Tayyip Erdogan Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Nach 14 Jahren hat sich zum ersten Mal wieder ein israelischer Regierungschef mit einem türkischen Präsidenten getroffen. Premierminister Yair Lapid kam am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen am Dienstag mit Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einem Gespräch zusammen. Lapid lobte dabei vor allem die Wiederherstellung der vollen diplomatischen Beziehungen zwischen Jerusalem und Ankara.

Nach Angaben aus dem Jerusalemer Büro des Ministerpräsidenten habe man sich auf den Terrorismus in Israel und im Ausland konzentriert. Lapid dankte Erdogan für seine Bereitschaft, Geheimdienstinformationen zu teilen, als iranische Agenten im Sommer versucht hatten, israelische Zivilisten in der Türkei ins Visier zu nehmen.

TOURISMUS Er begrüßte auch die kürzliche Wiederaufnahme der israelischen Flüge in das Land am Bosporus, die aufgrund der Reisewarnung eingestellt worden waren, und fügte hinzu, dass die Entwicklung zu einem Schub für den Tourismus in beiden Ländern führen werde.

Die Erhebung der jeweiligen Gesandten auf die Ebene der Botschafter sei besonders bedeutsam. Bis vor wenigen Tagen waren sie offiziell lediglich als »Geschäftsträger« in den jeweiligen Landesvertretungen. Irit Lilian ist als Israels Botschafterin in Ankara bereits bestätigt, die Türkei muss noch bekannt geben, wer als Botschafter in Tel Aviv fungieren wird. Erdogans Büro bestätigte das Treffen mit Lapid, gab aber keine Details preis.

Am Donnerstag dann wird der israelische Premier in New York Israel vertreten und auf der Weltbühne eine Ansprache halten. »Auf dieser Bühne werden die Stimme Israels, unser Recht auf Sicherheit und unsere Bestrebungen gehört, ebenso wie Israels Beiträge zur regionalen Stabilität und zur internationalen Zusammenarbeit«, hatte er vor seinem Abflug gesagt.

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Während seiner Rede wird Lapid voraussichtlich ausführlich über das iranische Atomprogramm sprechen. Die Gespräche dazu laufen zwischen dem Regime in Teheran und den Weltmächten ab. Sie sind allerdings jüngst wieder ins Stocken geraten. Die Regierung in Jerusalem ist derweil optimistisch, dass in nächster Zeit kein Deal abgeschlossen wird.

Lapid und König Abdullah wollen über die Spannungen im palästinensischen Westjordanland vor den Hohen Feiertagen reden.

Der Premier wird sich auch mit Vertretern jüdischer Gemeinden treffen und an der jährlichen Gala der Freunde der israelischen Verteidigungskräfte teilnehmen, einer Organisation, die die IDF-Truppen unterstützt. Berichten in israelischen Medien zufolge wolle er auch versuchen, sich mit Jordaniens König Abdullah II. zu unterhalten.

Angeblich seien beide Seiten an einem Gespräch interessiert, vor allem, da die Spannungen im palästinensischen Westjordanland vor den Hohen Feiertagen in Israel zunehmen. Lapid hatte den Monarchen in seiner Rolle als israelischer Ministerpräsident bereits im Juli im Königspalast in Amman besucht.

TREFFEN Lapid wird am Rande der Vollversammlung auch mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der neuen britischen Premierministerin Liz Truss, dem griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammentreffen.

Der gibt sich zusehends versöhnlich in Sachen Israel. Am Montag sagte Erdogan vor Vertretern führender jüdisch-amerikanischer Organisationen, dass er plane, Israel zu besuchen. Antisemitismus nannte er dabei ein »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, schrieb die Jewish Telegraphic Agency.

Erdogans Kehrtwende erklären viele mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Türkei und der Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Staaten, wie Marokko und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Ankara zusehend isoliert.

»Es ist klar, dass wir eine Verbindung aufbauen, in der wir uns einig sind, dass wir uns auch uneinig sein können.«

israels Botschafterin in ankara, irit lillian

Am selben Tag hatte Israel die neue Botschafterin in der Türkei ernannt, zum ersten Mal seit 2018. Vor Kurzem erst hatten sich Jerusalem und Ankara geeinigt, ihre Verbindung zu normalisieren und vollständige diplomatischen Beziehungen wiederherzustellen.

Botschafterin Irit Lillian ist eine hochrangige Diplomatin, die eine Schlüsselrolle dabei spielte. Sie war seit Februar 2021 Israels vorübergehende Vertreterin in Ankara. Sie sagte bei ihrer Ernennung: »Es ist klar, dass wir eine Verbindung aufbauen, in der wir uns einig sind, dass wir uns auch uneinig sein können«.

KRITIK Der iranische Präsident Ebrahim Raisi ist ebenfalls auf dem Weg nach New York und nennt seinen Auftritt bei den Vereinten Nationen »eine Gelegenheit, der Welt die boshafte Haltung zu erklären, die viele Mächte gegenüber dem Iran an den Tag legten«.

Wenige Tage zuvor hatte Raisi in einem Interview mit 60-Minutes infrage gestellt, ob der Holocaust tatsächlich geschehen war, was ihm weltweit scharfe Kritik einbrachte.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte derweil bei der Eröffnung der Vollversammlung vor einer Welt, die von mehreren Krisen heimgesucht wird, vom Ukraine-Krieg bis hin zu einem sich erwärmenden Klima.

»Ein Winter globaler Unzufriedenheit zeichnet sich ab«, sagte Guterres. »Das Vertrauen bröckelt, Ungleichheiten explodieren, unser Planet brennt. Menschen leiden – wobei die Schwächsten am meisten leiden.«

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