Ausstellung

Kunst von der Straße

Random Beauties» heißt übersetzt so viel wie zufällige Schönheiten. Die begegnen einem zuhauf in der Ausstellung des deutschen Künstlerkollektivs KLUB7, die jetzt im Beit Ha’ir, dem städtischen Kulturmuseum in Tel Aviv, eröffnet wurde. Versteckte Gesichter, detailreiche Zeichnungen und völlig verschiedene Stile, die doch ein stimmiges Ganzes ergeben.

Nicht ein einziges Werk wird von den Künstlern mitgebracht, alles, was ausgestellt ist, entsteht an Ort und Stelle. Ayelet Bitan-Shlonsky, Leiterin von Beit Ha’ir, das die Ausstellung zur Geschichte der Stadt Tel Aviv und Wechselausstellungen beherbergt, lobte das Engagement der sechs Künstler: «In den vergangenen zwei Wochen haben sie hier fast rund um die Uhr gearbeitet, um die Ausstellung auf die Beine zu stellen. Und das mit großem Erfolg. Sie haben Müll von der Straße in wahre KLUB7-Diamanten verwandelt.» Mit Unterstützung der deutschen Botschaft in Tel Aviv läuft «Random Beauties» noch bis zum 24. Dezember.

Material Vor der Skyline Tel Avivs, auf dem Dach des Museums, sagte Mike Okay, umringt von seinen Kollegen: «Wir sind so glücklich, hier zu sein, und so beeindruckt von Tel Aviv. Es gibt die verschiedensten Gegenden mit fantastischen Materialien. Wir haben viele Sachen von der Straße aufgesammelt und etwas daraus gemacht.» Mit dabei sind neben Mike Okay auch Dani Daphne, Otto Baum, Lowskii und Kid Cash. Der Sechste im Bunde, Diskorobot, hat an der Ausstellung in Tel Aviv mitgearbeitet, musste jedoch wegen eines Krankheitsfalles in der Familie früher abreisen.

Die Gruppe kennt sich schon seit fast 20 Jahren, hat ihre Ursprünge in Halle an der Saale. Ihren Kunststil beschreibt Mike Okay so: «Wir sind sechs Leute und haben sechs verschiedene Stile, die wir zu einem Gruppenstil zusammenbringen. Das ist wahrlich nicht immer ganz einfach, doch letztendlich ist das der große Spaß an der Sache.»

«Einer von uns beginnt mit einer Idee, die ein anderer dann aufnimmt», so Dani Daphne, die einzige Frau in der Gruppe. «Und manchmal wird aber schon mal übermalt.» Daphne ist zum zweiten Mal in Israel. 2013 war ein Teil des Kollektivs schon einmal hier, unter anderem auch in Jerusalem, und malte an verschiedenen Orten. Hier entstand ein Film über die Arbeit der Gruppe, der in der jetzigen Ausstellung gezeigt wird. Dani Daphne schwärmt von der Weltoffenheit der Metropole am Mittelmeer, «obwohl wir leider wegen der ganzen Arbeit gar nicht viel gesehen haben».

Inspiration Otto Baum ist zum ersten Mal in Israel. «Ich war so überrascht. Es ist gar nicht so, wie es die Medien in Deutschland zeigen. Wir hören immer nur davon, wie religiös und konfliktbeladen alles sein soll, ein richtiges Krisengebiet eben. Aber das merke ich gar nicht, ich fühle mich auch völlig sicher.» Im Gegenteil könne man sich hier in den Straßen verlieren, und es sei herrlich. «Ganz Tel Aviv ist eine Inspiration. Dazu sind das Wetter und das Essen einfach fantastisch.»

Mike Okay und Diskorobot hat es vor allem das viele Material angetan, das abends raus auf die Wege gestellt wird, erzählt Okay. «Es ist unglaublich cool und inspirierend. Wir laufen einfach so herum und sehen irgendwo etwas. Es gibt so viel Altes, das ist fantastisch. Dann arrangieren wir es, vielleicht noch ein paar Kreidestriche drauf, und fertig ist das Kunstwerk, das wir fotografieren. Aber ganz ehrlich, manchmal muss man sogar noch nicht mal arrangieren. Die Sachen stehen einfach auf der Straße und bilden allein ein Kunstwerk.» Die Israelis seien zudem völlig aufgeschlossen, meinen sämtliche Mitglieder von KLUB7. «Wir wurden hier nie komisch angeguckt, sondern immer nur mit Interesse.»

Öffentlichkeit Eines der Lieblingsmaterialien der Gruppe ist Kreide. Im komplett mit schwarzer Tafelfarbe angestrichenen Ausstellungsraum ist alles über und über mit weißer Kreide bemalt, von der Decke über die Wände bis zum Boden. Besucherin Roni Sarid ist begeistert. Gemeinsam mit ihrer Freundin steht sie im Raum und knipst Selfies. «Es ist so cool. Ich stehe total auf Kunst, die vergänglich ist. Das zeigt mir, dass die Künstler nicht so eitel sind, sondern etwas nur für eine Weile und wirklich für die Öffentlichkeit kreieren.»

Otto Baum bestätigt das: Alle Mitglieder des Kollektivs kommen ursprünglich aus der semi-legalen Graffiti- und Streetart-Szene. «Kreide war unser Weg ins Legale. Es ist so klasse. Denn du gehst einfach über eine Straße, nur ein Stück Kreide in der Hosentasche, malst ein paar Formen, füllst einen Kreis oder sonst etwas, einfach spontan.» Aber dann kommt der Regen – und das Kunstwerk ist weg. «Das stimmt. Aber das Vergängliche ist sogar das Geilste daran.»

«Random Beauties» von KLUB7 im Beit Ha’ir, Bialik Street 27, Tel Aviv, noch bis zum 24. Dezember

Umfrage

Mehrheit der Palästinenser findet Angriff vom 7. Oktober richtig

Die People’s Company for Policy and Survey Research hat die Einstellungen von Palästinensern in Gaza und dem Westjordanland abgefragt

von Imanuel Marcus  30.10.2025

Sport

Mehr als ein Spiel

Fußball ist für Israelis nicht nur eine große Leidenschaft, sondern auch ein Tor zur Welt. Doch diese Verbindung ist in Gefahr

von Ruben Gerczikow  30.10.2025

Tel Aviv

Alon Ohel spielt in Comedy-Show Klavier

Bei seiner Entführung durch die Hamas vor zwei Jahren war Alon Ohel schwer am Auge verletzt worden. Mit seinem Auftritt in einer Satiresendung setzt der 24-jährige Deutsch-Israeli nun ein Zeichen der Hoffnung

 30.10.2025

Kirjat Gat

Netanjahu über Gaza: »Wir werden unser Ziel erreichen«

Bei einem Besuch in Südisrael sagt der Ministerpräsident, seine Regierung arbeite an einem Plan für Gaza – eines, das Israel nicht mehr bedrohe

 30.10.2025

Interview

»Wir hatten keine Verwandten«

Erst seit einigen Jahren spricht sie über ihre jüdischen Wurzeln: Bildungsministerin Karin Prien erzählt, warum ihre Mutter davon abriet und wann sie ihre eigene Familiengeschichte erst begriff

von Julia Kilian  30.10.2025

Auswanderung

Mehr Israelis wollen einen anderen Pass

Eine wachsende Zahl von Israelis kehrt dem jüdischen Staat den Rücken. Der aktuelle Konflikt verstärkt den Exodus. Zugleich sehen sich Auswanderer vor höheren Hürden auf dem Weg zum Zweitpass

von Burkhard Jürgens  29.10.2025

Kiryat Ata

»Wie kann man sein Kind in Raten beerdigen?«

Richelle Tzarfati, Mutter der getöteten Hamas-Geisel Ofir, muss zum zweiten Mal das Grab ihres Sohnes öffnen, nachdem die Terroristen der Hamas weitere sterbliche Überreste übergeben haben

 29.10.2025

Eilat

Drei Tage Sonne, Meer und Jazz

Das diesjährige Red Sea Jazz Festival bietet eine vielfarbige Klangmischung vor der Kulisse des Hafens von Eilat

von Imanuel Marcus  29.10.2025

Jerusalem

Weltkongress der Zionisten eröffnet

Laut Präsident Isaac Herzog ist der Kongress »eine Zeit der Selbstreflexion für unsere Nation«

 29.10.2025