Redezeit

»Kolumbien hat einen hohen Wohlfühlfaktor«

Tal Ben-Shahar Foto: Tal Ben-Shahar

Herr Ben-Shahar, was macht Sie zurzeit glücklich?
Zeit mit meiner Familie verbringen, lesen, schreiben und unterrichten.

In Ihrem Buch »Glücklicher« schreiben Sie, dass man nicht unbedingt perfekt sein muss, um ein erfülltes Leben zu führen. Was braucht man also, um glücklich zu sein?
Um ein glückliches Leben zu führen, müssen wir so viel wie möglich die Mischung zwischen Bedeutung und Vergnügen erfahren. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Wenn ich meinen Job bedeutungsvoll, aber nicht angenehm finde, werde ich daran keine Freude und über kurz oder lang einen Burn-out haben. Wenn ich zwar Freude an meiner Arbeit habe, sie mir dennoch wenig bedeutet, werde ich daran schnell das Interesse verlieren. Eine glückliche Beziehung ist die, in der wir Zeit verbringen wollen und in die wir einen gewissen Sinn hineingeben.

Seit über 70 Jahren begleitet die Harvard-Universität in der »Grant-Studie« Absolventen, um herauszufinden, wo der Schlüssel zum Glück liegt. Wie nützlich sind solche Studien?
Sehr, denn sie begleiten Menschen ihr Leben lang und geben uns Einblick in das, was glücklich und gesund macht. Es ist relativ einfach, den Glückswunsch für eine kurze Zeit zu befriedigen, komplizierter wird es, wenn es um lebenslanges Glück geht.

Sie sind nach vielen Jahren im Ausland nach Israel zurückgekehrt. Sind Israelis trotz der nicht immer einfachen sozialen Verhältnisse und der politischen Situation im Nahen Osten glücklich?
Israel zählt zu den zehn glücklichsten Ländern der Welt. Denn wir konzentrieren uns auf Beziehungen, wie Familie und Freunde. Das erste Anzeichen des Wohlbefindens ist Zeit, die wir mit Menschen verbringen, die uns wichtig sind und umgekehrt. Soziale Unterstützung ist auch wichtig. Länder, in denen Menschen viel Zeit und Energie in ihre Beziehungen investieren, sind glücklicher als andere. Dänemark, Israel, Kolumbien oder Australien haben einen hohen Wohlfühlfaktor, denn in ihren Kulturen spielen Beziehungen eine große Rolle. In den USA und vielen anderen Staaten haben materielle Werte diese ersetzt.

Sie geben auch Führungs-Workshops. Was würden Sie der derzeitigen israelischen Regierung raten, wenn Benjamin Netanjahu & Co. in einem Ihrer Seminare sitzen würden?
Zuerst würde ich sie ermutigen und ihr danken. Die israelische Regierung hat den wohl schwersten Job, nämlich Lösungen für schwierige Situationen zu finden – einige bleiben sogar ganz ohne Lösung. Zum Zweiten würde ich sie ermutigen, resoluter in ihren Entscheidungen zu sein und sich weniger für ihr Handeln zu entschuldigen. Israel wird mehr als jedes andere Land der Welt kritisiert. Kein anderer Staat unternimmt derartige Anstrengungen, um moralisch zu handeln. Die Regierung hat bestimmt auch Fehler gemacht und wird auch weiterhin welche machen, aber sie verdient Kritik und Vorwürfe dieser Art nicht. Israel sollte führen anstelle zu folgen und tun, was es für richtig hält, anstatt sich der einheitlichen öffentlichen Meinung zu beugen.

Mit dem Glücksforscher und ehemaligen Harvard-Professor sprach Katrin Richter.

Jerusalem

»Der weltweite Anstieg des Judenhasses ist ein globaler Notstand«

Nach dem Anschlag in Sydney fordert Israels Präsident Herzog ein hartes Durchgreifen gegen Antisemitismus

 21.12.2025

Glosse

Das kleine Glück

Was unsere Autorin Andrea Kiewel mit den Produkten der Berliner Bäckerei »Zeit für Brot« in Tel Aviv vereint

von Andrea Kiewel  20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Geiseln

Quälendes neues Geiselvideo

Veröffentlichte Clips zeigen sechs Geiseln, die acht Monate später in Gaza von der Hamas hingerichtet wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  20.12.2025

Knesset

Umfrage: Netanjahu-Regierung ohne Mehrheit

Im Herbst 2026 wählen die Israelis ein neues Parlament. Laut einer Meinungsumfrage liegen die Parteien der amtierenden Koalition weit hinter der Opposition

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Israel

Zahl der Verkehrstoten steigt

Die Statistik verzeichnet mehr Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang denn je

 19.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025