Ein Gedi

Kibbuz unterm Blätterdach

Alles dreht sich hier ums Wasser. Und das mitten in der kargen Wüste. Die vier großen natürlichen Quellen, die Ein Gedi speisen, sind Keim des Lebens – und des Botanischen Gartens, der sich mit rund 900 verschiedenen Pflanzenarten durch die gesamte Oase oberhalb des Toten Meeres erstreckt. Dreht man den Kopf zur einen Seite, blickt man auf den blauen Salzsee unterhalb, dreht man ihn zur anderen, schimmern die felsigen Wüstenberge rotgolden in der untergehenden Sonne.

Es ist der einzige registrierte Botanische Garten der Welt, in dem Menschen wohnen. Die Zahl der 210 Kibbuzmitglieder wird fast ständig von den Hotelbewohnern verdoppelt oder mehr. Und auch Vertreter der Fauna gesellen sich dazu: Die possierlichen Klippschliefer, die an eine Mischung aus Erdmännchen und dicker Maus erinnern, wohnen unter den Holzdecks der Balkone und lugen manchmal neugierig hervor.

Steinböcke Außerdem besucht fast täglich eine Gruppe von Steinböcken aus dem nahe gelegenen Naturreservat den Garten. Die Hotelgäste sind entzückt über die Böcke mit ihren mächtigen Hörnern, die Gärtner runzeln die Stirn. »Warum wohl kommen sie zu uns?«, fragt Mani Gal und lacht. »Natürlich, weil es hier jede Menge saftiges Grün für sie zu fressen gibt. Das sehen wir nicht so gern, aber wir haben uns mittlerweile mit ihnen arrangiert. Das Wildleben ist schließlich ein Teil unserer Oase.« Gal, seit 51 Jahren Mitglied im Kibbuz, ist Experte für alles, was hier grünt und blüht.

Gegründet wurde der Kibbuz Ein Gedi 1956 von einer Gruppe Israelis, die aus der sozialistischen Jugendbewegung »Noar Ha›Oved« stammten. Am Anfang gab es hier nur ein felsiges Plateau, keinen einzigen Baum, keinen Strauch. »Es lag damals fernab von allem«, erinnert sich Gal. »Das war es wohl, was diese Gruppe anzog. Ein Neubeginn von Grund auf.« Heute, sechs Jahrzehnte später, spielt sich der Großteil des Lebens in der Kooperative unter dem immergrünen Blätterdach ab. Der gigantische afrikanische Affenbrotbaum (Baobab), einer der ersten botanischen Zugänge vor 56 Jahren, ist Mittelpunkt. Unter ihm wird gefeiert, getanzt und gesungen. Regelmäßig finden Konzerte bis in die tiefe Nacht statt.

Bei seiner Gründung finanzierte sich der Kibbuz zunächst durch die Produktion von Gemüse und Datteln. Die Gemüsesparte ist lange abgeschafft, weil sie nicht mehr rentabel war, die Dattelplantagen gedeihen nach wie vor. Doch der gewinnbringendste Zweig ist seit den 60er-Jahren der Tourismus. Die 166 Räume befinden sich, wie die Häuschen der Mitglieder, inmitten des Gartens.

Bibel Ein Ziel des Kibbuz ist es, Pflanzen, die in biblischer Zeit wuchsen, auf diesem Boden neu zu kultivieren. Viele von ihnen gedeihen ganz prächtig, sagt Gal voller Stolz und zeigt auf die Lawsonia inermis, einen Strauch mit kleinen Blüten, dessen Blätter die rote Hennafarbe produzieren. Die Pflanze sei bereits im Lied der Lieder besungen, weiß er und zitiert, während er an den Blumen schnuppert: »Mein Liebster ist wie ein Täschchen voller Myrrhe, das zwischen meinen Brüsten liegt. Mein Liebster ist für mich wie ein Strauß aus Blüten der Hennapflanze – aus den Weingärten von Ein Gedi ...«

Weihrauch und Myrrhe sind überall zu finden, ihr Duft wabert durch die warme Luft. Der weißliche Extrakt der Myrrhe wird noch heute wie in alten Zeiten, nachdem er gehärtet und mit Öl gemischt wird, für die Medizin und kosmetische Produkte verwendet. Der Kibbuz macht sich die Wirkstoffe mit einer eigenen Kosmetiklinie zunutze, die nur hier verkauft wird. An einer Website für den Vertrieb wird derzeit gearbeitet. Die originalen Samen für die Myrrhe kamen einst von Botanikern in England und Deutschland. »Es sind gute Pflanzen, die gesunde Samen hervorbringen. Damit können wir unsere eigenen züchten.«

Wetter In Ein Gedi regnet es durchschnittlich zehn Tage im Jahr, es gibt praktisch keinen Winter, also wachsen die Pflanzen permanent. Es ist das optimale Wetter für Palmen, von denen es 50 verschiedene Sorten gibt. Das Klima oberhalb des Toten Meeres ist nicht tropisch, dafür sei es zu trocken und zu heiß, erläutert der Botanikexperte, dennoch würden viele tropische Pflanzen im Schatten der großen Bäume, beispielsweise der dicken Fici, wachsen.

An manchen Sommertagen zeigt das Thermometer 45 Grad im Schatten. Kein Problem für den Morgina-Baum, der von vielen Wunderbaum genannt wird. »Tatsächlich werden seine Wirkstoffe oft als Allheilmittel für alles Mögliche bezeichnet. In Tel Aviv verkaufen sie jetzt sogar Smoothies mit Moringa«, erzählt Gal und schmunzelt. Für ihn aber ist die wahre Magie des Gartens die Gesamtheit aller Blumen, Bäume und Sträucher und seine Verbindung zur langen jüdischen Geschichte.

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