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Kampf dem Fremdwort

»Right here. Right now.«: Werbebanner im Tel Aviver Azrieli-Einkaufzentrum Foto: Sabine Brandes

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Kampf dem Fremdwort

Bildungsminister Gideon Sa’ar kündigt eine umfassende Hebräisch-Initiative an

von Sabine Brandes  18.05.2010 10:08 Uhr

Sie wohnen im neuen Philippe-Starck-Designerhaus YOO, tragen Gap, finden alles cool oder nice. Und sind ein Albtraum für den Bildungsminister Gideon Sa’ar. Israelis, die die hebräische Sprache zugunsten von Anglizismen vernachlässigen. Unlängst beklagte der Minister öffentlich die Verarmung des Iwrit und kündigte Maßnahmen zur Förderung der Sprache an.

Es sei heute schwierig, in den Einkaufszentren des Landes auch nur ein hebräisches Schild zu finden, erklärte er und machte dabei deutlich, dass der »Kampf offenbar nicht nur in den Schulen ausgefochten werden muss«.

Werbung Tatsächlich bewerben selbst die größten einheimischen Bekleidungsketten wie Fox oder Castro ihre Waren fast ausschließlich mit lateinischen Buchstaben. Das Logo von Fox, für das Topmodel Bar Refaeli ihr schönes Gesicht hergibt, zeigt das große F gleich zweimal, als ineinander verschlungene Buchstaben. Selbst der Titel der Kollektion hat wenig mit der Landessprache zu tun: »Love Collection Summer 2010« steht auf den Schildern der T-Shirts, Shorts und Flatterkleider im Hippiestil. Auch kleine Läden oder sogar Kioske schreiben ihre Schilder mittlerweile immer öfter auf Englisch und verzichten ganz aufs Alef und Bet.

Am »Juice It Up«-Stand der großen Mall in Haifa gönnt sich Doron Sali einen frisch gepressten Saft. Ob es ihn stört, dass es hier immer weniger Hebräisch zu lesen gibt? »Überhaupt nicht«, meint er und zuckt mit den Schultern. »Israel ist ein internationales Land und nicht alle können es entziffern. Warum also nicht gleich so schreiben, dass jeder weiß, was sich hinter der Ladentür verbirgt? Solange die Leute noch Iwrit sprechen ist doch alles in Ordnung.« Allerdings, wirft der junge Mann ein, mag er es nicht, wenn Freunde künstlich Englisch reden, obwohl alle Hebräisch verstehen. »Aber Anglizismen in der Sprache sind normal, das heißt wohl Zeitgeist.«

Kritik Wie man es auch nennen mag, der Minister will es so nicht hinnehmen: Zwar sei in den 62 Jahren der Existenz des jüdischen Staates eine herausragende nationale Kultur entwickelt worden. »Doch nicht nur Staaten können in Gefahr sein, sondern auch die Kultur. Und das Geheimnis der menschlichen Kultur ist die Sprache.« Sa’ar hob hervor, dass das Juwel der Krone des Zionismus ohne Zweifel die Wiederbelebung des Hebräischen als Nationalsprache sei. »Für lange Zeit schon gibt es Iwrit in den Kindergärten und Schulen, wird es gedacht und geträumt. Es war erfolgreich, es in Israel zur Routine zu machen. Gleichzeitig jedoch findet eine Verarmung der Sprache statt. Und unsere Aufgabe ist es, dem entgegenzuwirken. Wenn wir unsere nationale Kultur bilden, sichern wir die Zukunft Israels.«

Bereits im vergangenen Jahr hatte der Bildungsminister den Hebräischunterricht an den Schulen des Landes ausgebaut. Nun werden die ersten fünf Minuten eines Tages an den Grund- und Mittelschulen Gesprächen sowie dem Korrigieren von typischen Fehlern gewidmet. Außerdem hatte das Kabinett kürzlich beschlossen, am Geburtstag des Vaters des modernen He-
bräisch, Eliezer Ben-Yehuda, einen nationalen Hebräischtag einzuführen.

Schule Schimrit Cohen ist Lehrerin für Sprache und Grammatik am Gymnasium von Pardes Channa. Sie findet die zusätzlichen Hebräischstunden überfällig und freut sich auf das kommende Schuljahr. »Wir sehen diesen Trend bereits seit mindestens einem Jahrzehnt. Unsere Sprache scheint sich nicht weiterzuentwickeln, sie bleibt noch nicht einmal stehen, sondern wird ärmer und ärmer. Der Minister hat leider recht.« Cohen ist der Meinung, dass wieder viel mehr Zeit für Literatur und Poesie eingeräumt werden müsste und hofft, dass mit einem geänderten Lehrplan Stunden dafür geschaffen werden.

»Ich bin nicht gegen eine Modernisierung der Sprache, das ist normal und sogar nötig«, meint die Lehrerin. Doch wenn Wörter verloren gehen, müsse etwas dagegen getan werden. »Nichts gegen Englisch und Französisch. Aber ich will keinen dümmlichen Mix. In Israel spricht man nun einmal Iwrit. Und das soll bitte schön auch so bleiben.«

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