Wer hätte nicht gern ein Modell der Rakete im Wohnzimmer, mit der Israels erster Astronaut Ilan Ramon ins All flog? Ein Stück jüdische Geschichte zwischen Bücherregal und Grünpflanze. Als Erinnerung, Symbol und ganz sicher als etwas, das für Gesprächsstoff sorgt? Diese und andere Objekte werden in diesen Tagen vom ANU Museum des Jüdischen Volkes in Tel Aviv versteigert. Das hebräische Wort »Anu« bedeutet »wir«.
Um Dutzende historische Stücke mit einer Bandbreite, die vom Zionismus des frühen 20. Jahrhunderts bis zur Popkultur der Gegenwart reicht, können Menschen in aller Welt online ab sofort bis in den Januar mitbieten. Es handelt sich ausschließlich um Originale. Doch es geht nicht nur um Sammelleidenschaft allein, sondern auch um Zedaka. »Wir sind stolz darauf, diese außergewöhnliche Gelegenheit zusammen mit Curio Auctions für wohltätige Zwecke zu ermöglichen«, so die Museumsleitung.
»Doch keine Sorge«, betont das Museum, die Auktionsstücke würden keine Leerstellen in den Vitrinen hinterlassen. Die historischen Artefakte seien »großzügig gespendet« worden und stammten nicht aus dem Museumsarchiv.
Keines der Objekte wird in den Vitrinen fehlen
Gebote abgegeben werden können zum Beispiel für ein echtes Porträt von Gründervater Theodor Herzl, aufgenommen 1907 in Basel vom renommierten Fotografen Robert Spreng. Ein Bild, das den Visionär des jüdischen Staates in klassischer Pose zeigt, ernst, entschlossen, fast prophetisch. Es ist eines jener Motive, die man aus Geschichtsbüchern kennt, hier jedoch als originales Zeitdokument mit Patina und Geschichte. Der Schätzpreis liegt bei bis zu 9000 US-Dollar.
Ganz andere Töne schlägt ein israelisches Star-Trek-Plakat aus dem Jahr 1969 an. Darauf zu sehen sind Captain Kirk und Mr. Spock, verkörpert von den jüdischen Schauspielern William Shatner und Leonard Nimoy. Ein Vintage-Poster, das nicht nur Science-Fiction-Fans gefallen dürfte, sondern auch allen, die auf Popkultur mit jüdischem Unterton stehen.
ANU-Museumsleitung: »Die historischen Artefakte sind großzügig gespendet worden und stammen nicht aus dem Museumsarchiv.«
Ein handsigniertes Programm des ersten Konzerts von Leonard Bernstein mit dem Israel Philharmonic Orchestra aus dem Jahr 1953 kommt ebenfalls unter den Hammer. Bernstein, der musikalische Brückenbauer, dirigierte damals ein junges Orchester in einem jungen Staat.
Auch für eingefleischte Comicfans ist etwas dabei: Zur Auktion steht ein signiertes Exemplar von »Fantastic Four«, versehen mit der Unterschrift von Stan Lee. Auf dem Cover: Benjamin Grimm, besser bekannt als »Das Ding« oder »The Thing« – jüdischer Superheld, New Yorker mit Herz und, in dieser Ausgabe, im Kampf gegen den schurkischen Scheich Fasaud. Ein Kultmagazin das zeigt, wie jüdische Identität auch im Superheldenuniversum ihren Platz hat.
Und dann ist da die Erinnerung an Ilan Ramon. Der erste Israeli im All, der 2003 bei der Columbia-Katastrophe ums Leben kam, ist bis heute eine Symbolfigur für wissenschaftlichen Ehrgeiz und nationale Hoffnung. Ein hölzernes Modell der Rakete, die ihn ins All trug, zählt zu den emotionalsten Stücken der Auktion.
Berühmter Briefwechsel zwischen Einstein und Freud
Besonders nachdenklich stimmt ein anderes aus einer Zeit, als sich die Welt am Abgrund befand: eine seltene Erstausgabe von »Warum Krieg?«, dem berühmten Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud, erschienen 1933 in Paris. Nur 2000 Exemplare wurden damals gedruckt. In dem kleinen Band ringen zwei der größten jüdischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts mit einer Frage, die bis heute nichts von ihrer Dringlichkeit verloren hat: Warum führen Menschen Krieg, und gibt es einen Ausweg aus der Gewalt?
Entstanden am Vorabend der Machtübernahme der Nazis, liest sich der Dialog wie ein bedrückendes Zeitdokument. Einstein, der Humanist und Pazifist, hofft darin auf die Vernunft, Freud analysiert nüchtern die destruktiven Triebe des Menschen. Das Werk ist ein Zeugnis jüdischen Denkens und intellektuelles Vermächtnis, das kaum heute kaum aktueller und bedeutender sein könnte.
Alle angebotenen Objekte seien »wahre Schätze des Judentums«, hebt das ANU hervor. Die Aktion biete »eine Gelegenheit, verbleibende Spendengelder für wohltätige Zwecke einzusetzen und eine außergewöhnliche Institution zu stärken«. Der Erlös soll in die Bildungsarbeit des Museums fließen. In das ANU auf dem Gelände der Tel Aviv Universität kommen jährlich Hunderttausende Besucher. Millionen Menschen weltweit würden sich außerdem online die Ausstellungen anschauen.