Israels Militär warnt vor einer gefährlichen Ausweitung des Konflikts mit der Terrororganisation Hisbollah im Grenzgebiet zum Libanon. Armeesprecher Daniel Hagari warf der von Teheran finanzierten Gruppe vor, die Angriffe zu verstärken und damit die Zukunft ihres eigenen Landes zu gefährden.
»Die zunehmende Aggression der Hisbollah könnte uns an den Rand einer größeren Eskalation bringen, die verheerende Folgen für den Libanon und die gesamte Region haben könnte.« Zuvor hatte sich bereits die UN-Beobachtermission Unifil, die seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon überwacht, äußerst besorgt gezeigt ob der zunehmenden Spannungen.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als acht Monaten hat sich die Lage deutlich verschärft, inzwischen kommt es fast täglich zu Angriffen der Hisbollah-Terroristen, auf die Israel jeweils reagiert. Die Hisbollah ist mit der Hamas im Gazastreifen verbündet, gilt aber als deutlich schlagkräftiger.
»Schutzschild« für die Hamas
Hagari warf der Hisbollah vor, sie wolle den Libanon zum Schutzschild für die Terror-Organisation Hamas machen. Israel werde nicht zulassen, dass sich die Ereignisse vom 7. Oktober an einer der Grenzen des Landes wiederholten, sagte er.
Israel werde die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um seine Bürger zu schützen, »bis die Sicherheit entlang unserer Grenze mit dem Libanon wiederhergestellt ist«, erklärte Hagari. Später betonten die Streitkräfte laut einem Bericht der israelischen Zeitung »Maariv«, Hagaris Worte stellten keine Drohung dar. Sie seien vielmehr als Botschaft an die internationale Staatengemeinschaft gedacht.
Es bestehe die »sehr reale Gefahr«, dass schon eine Fehlkalkulation zu einem weitreichenden Konflikt führen könnte, warnten der Chef der UN-Friedenstruppe im Libanon, Aroldo Lázaro, und die Sonderkoordinatorin für das Land, Jeanine Hennis-Plasschaert, am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung.
Politisch und diplomatisch
»Wir werden weiter mit den Parteien in Verbindung stehen und rufen alle Akteure auf, ihre Waffen ruhen zu lassen, um auf eine politische und diplomatische Lösung hinzuarbeiten.« Das sei die einzige Lösung mit dauerhaften Erfolgsaussichten.
Hagaris Warnung erfolgte nach der Verkündung einer mehrstündigen und räumlich begrenzten Feuerpause im südlichen Gazastreifen durch das israelische Militär. Die »taktische Pause« entlang einer wichtigen Straße soll demnach mehr Hilfslieferungen in das Küstengebiet ermöglichen. Die Entscheidung wurde den Angaben zufolge nach Beratungen mit den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen getroffen.
Die Pause gilt demnach entlang einer Straße, die vom Grenzübergang Kerem Schalom nach Nordosten führt, beziehe sich jedoch nicht auf die Stadt Rafah an der ägyptischen Grenze, betonte das Militär. Dort solle der Kampf gegen den palästinensischen Terror weitergehen.
Weitere Verschlechterung
Der dortige Grenzübergang, der bis zu Israels militärischem Vorstoß in Rafah die wichtigste Schleuse für Hilfslieferungen war, bleibt geschlossen.
Die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat teilte am Sonntag mit, mehr als 1000 Lastwagen für den Transport von Hilfsgütern warteten darauf, von der Gaza-Seite des Grenzübergangs Kerem Schalom abgeholt zu werden. Über den Tag hinweg seien aber nur 92 Fahrzeuge von UN-Hilfsorganisationen abgeholt worden.
Wegen der Kämpfe zwischen Israels Armee und den Hamas-Terroristen hatte das Welternährungsprogramm (WFP) zuletzt vor einer weiteren Verschlechterung der Versorgungslage für die Menschen im südlichen Gazastreifen gewarnt.
Verlorene Macht
Seit ihrer Machtübernahme in Gaza im Jahr 2007 hat die Hamas ihre eigene Bevölkerung mehrfach in problematische Situationen gebracht. Der aktuelle Krieg, den die Terrorgruppe ebenfalls begann, kostet sie die Macht in Gaza, während die Zivilbevölkerung erneut leidet.
Zum Schutz seiner eigenen Bevölkerung will Israel die Hamas zerschlagen. Eine Befreiung der mehr als 100 in der Gewalt der Terroristen verbleibenden Geiseln ist ein weiteres Ziel.
Mögliche sekundäre Explosionen
Die israelische Armee geht derweil davon aus, dass ein Transportpanzer in Rafah am Samstag von einer Panzerabwehrrakete getroffen worden ist. Bei dem Vorfall - einem der folgenschwersten seit Kriegsbeginn für die israelischen Streitkräfte - waren acht Soldaten getötet worden.
Die Zeitung »Israel Hajom« schrieb am Montag, nach ersten Erkenntnissen sei eine Tür des Transportpanzers des Typs Namer entgegen den Anordnungen offen gewesen. Alle Insassen seien sofort tot gewesen, als die Rakete das Fahrzeug traf. Der Vorfall werde weiter untersucht.
Andere Medien berichteten von möglichen sekundären Explosionen durch außen am Panzer angebrachte Sprengsätze. Es habe nach der schweren Explosion zwei Stunden gedauert, bevor sich die Truppen dem zerstörten Fahrzeug nähern konnten.
Die Soldaten waren Militärangaben zufolge nach einem Einsatz im Nordwesten von Rafah in einem Konvoi gepanzerter Fahrzeuge unterwegs gewesen. Zunächst hatte es geheißen, es sei unklar, ob die Explosion von einer Panzerabwehrrakete oder einer Sprengfalle ausgelöst wurde. Die Hamas hatte den Angriff für sich reklamiert. dpa/ja