Am späten Dienstagabend hatte es geheißen, dass das Kabinett in Jerusalem wegen eines »humanitären Falles in Syrien« zusammengekommen sei. Dann stundenlange Stille.
Erst am Nachmittag des nächsten Tages bestätigte die Regierung, dass eine israelische Frau die Grenze zwischen den beiden Ländern überquert habe und auf der anderen Seite festgenommen wurde.
NACHRICHTENSPERRE Wie dies möglich ist, wurde nicht bekannt gegeben, die Grenze zwischen Israel und Syrien gilt als äußerst sicher und wird dauerhaft von der israelischen Armee bewacht. Es heißt, dass die Frau den Übergang Quneitra benutzt haben soll. Der jedoch ist verschlossen. Weitere Details wurden nicht genannt. Verteidigungsminister Benny Gantz hatte um eine Nachrichtensperre gebeten.
Auch über die Frau gibt es keine näheren Informationen. Der Fernsehsender zwölf berichtete, dass es sich um eine ehemalige ultraorthodoxe Jüdin handele, die ihre charedische Gemeinde verlassen habe.
In israelischen Zeitungen ist zu lesen, dass hochrangige Offizielle aus Jerusalem bereits nach Moskau geflogen seien, um auf russische Vermittlung bei der Kommunikation mit Damaskus zu drängen. Angeblich seien der Berater des Nationalen Sicherheitsrates, Meir Ben Shabbat, und der Koordinator bei Geiselnahmen, Yaron Bloom, mit dabei. Israel und Syrien befinden sich offiziell im Kriegszustand.
»Es ist syrische Regierungspolitik, seine Bürger um jeden Preis aus israelischen Gefängnissen zu befreien«, wird die Regierung in Damaskus zitiert.
Die syrische Nachrichtenagentur SANA berichtete ebenfalls über den Vorfall. Damaskus wolle für die Frau zwei in Israel inhaftierte syrische Zivilisten freipressen. »Es ist die syrische Regierungspolitik, seine Bürger um jeden Preis aus israelischen Gefängnissen zu befreien«, wird die syrische Regierung zitiert.
GOLANHÖHEN Angeblich handele es sich bei den Gefangenen um Diab Kahamuz und Nihal al-Maqt. Kahamuz sitzt seit zwei Jahren wegen des Schmuggels von explosivem Material der Schiitenmiliz Hisbollah ein. Angeblich habe er Terroranschläge im Norden Israels geplant und wurde zu einer Haft von 14 Jahren verurteilt. Bei al-Maqt handelt es sich um eine arabische Frau aus dem Majdal Shams in den Golanhöhen, die 2017 der Aufwiegelung für schuldig befunden wurde.
Kahamuz ist kein syrischer, sondern israelischer Bürger. Er stammt aus einem arabischen Dorf an der Grenze zum Libanon. Palästinensischen Quellen zufolge soll er in der vergangenen Nacht bereits aus seiner Zelle im Ketziot-Gefängnis gebracht und für den Austausch vorbereitet worden sein. Der Gefangene habe sich jedoch geweigert, an Syrien ausgeliefert zu werden. Er wolle stattdessen zurück in sein Heimatdorf – in Israel.