Israel geht nach Einschätzung der Nahostexpertin Maha Jahja nach einem »Hisbollah-Playbook« im Iran vor. Gemeint ist eine militärische Strategie, bei der zunächst taktische Ziele attackiert werden, gefolgt von Angriffen auf Führungspersonal und breitere Infrastrukturen. Aber der Iran sei nicht die Hisbollah. »Es ist ein Land mit staatlichen Institutionen«, sagte Jahja dem Sender CNN.
Die Expertin von der Denkfabrik Carnegie sagte weiter, im Iran gehe es inzwischen nicht mehr nur um die Schwächung des Atomprogramms, sondern es sei »ernsthaft ein Versuch, weit darüber hinauszugehen«.
Die Hisbollah im Libanon ist eine der wichtigsten nicht-staatlichen Verbündeten des Irans und eine Art verlängerter Arm des Mulla-Regimes an den Grenzen zu Israel. Sie agierte im Libanon lange Zeit als eine Art Staat im Staate. Seit dem Krieg mit Israel im vergangenen Herbst gilt sie als stark geschwächt.
Irans Verbündeter im Libanon stark geschwächt
Nachdem die Hisbollah, die Israel ebenfalls vernichten will, in Solidarität mit der Hamas kurz nach Beginn des Gaza-Kriegs begann, Raketen auf den Norden des Nachbarlandes zu schießen, entwickelte sich zunächst ein niedrigschwelliger Konflikt, der schließlich in einem offenen Krieg eskalierte.
Israel tötete dabei große Teile der Führungsriege, unter anderem auch den langjährigen Generalsekretär Hassan Nasrallah. Die von der Hisbollah kontrollierten Gebiete wurden zum Teil zerstört. Trotz Waffenruhe greift Israel auch weiter im Libanon an, wenn die Hisbollah das geltende Waffenruheabkommen verletzt.
Zur Rolle der Hisbollah im aktuellen Krieg sagte Jahja, die Organisation befinde sich in einer Art existenziellen Krise. Als Widerstandsbewegung gegen Israel gegründet, stehe sie heute unter Druck, ihre Rolle neu zu definieren. Teil der Vereinbarung zur Waffenruhe mit Israel von Ende November war auch die Entwaffnung der Organisation.
Nach Einschätzungen Jahjas könnten die aktuellen Entwicklungen jedoch dem Hisbollah-Narrativ - die einzig wahre Schutzmacht gegen Erzfeind Israel zu sein - in die Hand spielen. Sie könnte die Lage nutzen, um entweder im Austausch für ihre Waffen noch mehr politische Vorteile zu erzielen oder weiter darauf bestehen, ihre Waffen zu behalten.
Ein baldiger diplomatischer Ausweg aus dem Konflikt zwischen Israel und dem Iran ist nach Einschätzung der Expertin kaum vorstellbar. Die iranische Führung habe durch die israelischen Angriffe erheblich an Ansehen verloren, insbesondere durch die offensichtliche Unterwanderung ihrer Sicherheitsapparate. Ein sofortiger Wiedereinstieg in Verhandlungen sei innenpolitisch kaum durchsetzbar.
Dennoch werde eine diplomatische Lösung langfristig unumgänglich sein. Eine Schlüsselrolle könnten dabei die USA sowie regionale Akteure wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate spielen. dpa