Israel und sein Verbündeter USA haben die Wogen im Streit um Munitionsnachschub für den jüdischen Staat geglättet. »Hindernisse wurden beseitigt und Engpässe behoben«, sagte der israelische Verteidigungsminister Joav Galant am Mittwoch zum Abschluss viertägiger Gespräche in Washington.
Man habe »bedeutende Fortschritte« erzielt. Laut israelischen Medien kritisierte er seinen Regierungschef Benjamin Netanjahu dafür, seinen Unmut in der Sache öffentlich kundgetan zu haben, statt sie intern mit den USA zu regeln.
»In jeder Familie - und wir betrachten das amerikanische Volk als unsere Familie - können Unstimmigkeiten aufkommen«, erklärte Galant. »Doch wie in jeder Familie diskutieren wir unsere Unstimmigkeiten in unseren eigenen vier Wänden und bleiben vereint«, sagte er.
»Dramatischer Rückgang«
Netanjahu hatte kürzlich mit einem Video, in dem er die US-Regierung wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung mit harschen Worten angegriffen hatte, für eine erneute Krise in den Beziehungen zur US-Regierung von Präsident Joe Biden gesorgt.
Am vergangenen Sonntag hatte er seine Vorwürfe bei der wöchentlichen Kabinettssitzung noch einmal bekräftigt: Vor etwa vier Monaten habe es »einen dramatischen Rückgang der Waffenlieferungen aus den USA nach Israel« gegeben, beklagte Netanjahu. Nachdem sich die Lage monatelang nicht verändert habe, sei er damit an die Öffentlichkeit gegangen.
Israel geht seit dem vom palästinensischen Terror verübten Massaker am 7. Oktober 2023 mit mehr als 1200 Toten militärisch gegen die Hamas im Gazastreifen vor. Zugleich steht es an seiner Nordgrenze mit der ebenfalls von Teheran finanzierten Hisbollah im Konflikt, die seit Beginn des Gaza-Kriegs Israel mit Raketen, Granaten und Drohnen angreift.
Behobene Engpässe
Die USA hatten zuletzt die Lieferung schwerer Bomben für Israel zurückgehalten, um dessen Militär dazu zu bringen, bei der Offensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens Zurückhaltung zu üben.
Ansonsten sei das Tempo bei der Lieferung von US-Waffen und Munition an Israel »normal«, zitierte das »Wall Street Journal« am Mittwoch einen Beamten des US-Außenministeriums. Nur wenn man es mit den ersten Monaten des Gaza-Kriegs vergleiche, als die USA die Munitionslieferungen für den Verbündeten massiv angekurbelt hatten, könne man von einer Verlangsamung sprechen, hieß es.
Nach den Treffen des israelischen Verteidigungsministers Galant unter anderem mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin und US-Sicherheitsberater Jake Sullivan räumte ein ranghoher Beamter im US-Außenministerium gegenüber der »Times of Israel« allerdings ein, dass es einige Engpässe bei den Waffenlieferungen an Israel gegeben habe, die aber nicht beabsichtigt gewesen seien und nun behoben würden.
»Dramatische Interpretation«
Abgesehen von der Frage der weiter zurückgehaltenen Lieferung schwerer Bomben gebe es »einige Dinge, die wir vielleicht etwas schneller abwickeln oder neu priorisieren können«, hieß es weiter.
Israels Regierungschef habe mit seinen kürzlichen harschen Vorwürfen an Washington »einerseits etwas Richtiges gesagt, andererseits aber eine dramatische Interpretation gegeben, die jeder Grundlage entbehrt«, zitierte das »Wall Street Journal« Giora Eiland, einen ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Israels.
»Die unnötigen Zwistigkeiten, die der Ministerpräsident aus politischen Gründen kreiert, mögen ihm ein paar Punkte bei seiner Anhängerschaft einbringen, schaden aber der strategischen Beziehung mit den USA, die einen integralen Bestandteil unserer Fähigkeit darstellt, den Krieg zu gewinnen«, sagte Benny Gantz, bis vor Kurzem Minister in Netanjahus Kriegskabinett.
Geschlossene Türen
»In den letzten Monaten lösten wir viele Probleme mit unseren Freunden hinter geschlossenen Türen, darunter das Thema Munition«, erklärte Gantz am Mittwoch und pflichtete damit Galant bei.
Netanjahu hatte kürzlich ein baldiges Ende der intensiven Kampfphase im Gaza-Krieg angekündigt, was Israel die Möglichkeit verschaffe, einen Teil der Truppen nach Norden zu verlegen. Dort, im Grenzgebiet zum Libanon, hat die Intensität der Gefechte mit den Terroristen der Hisbollah zuletzt deutlich zugenommen. Es besteht die Sorge, dass die Lage eskaliert und es zu einem regelrechten Krieg kommt.
Das israelische Militär halte laut amtierenden und ehemaligen israelischen Beamten Waffenvorräte für den Fall eines möglichen Krieges mit dem Libanon in Reserve, schrieb das »Wall Street Journal«. Die Irritation über die Verlangsamung der US-Waffenlieferungen sei daher ein Faktor für mögliche künftige Einsätze im Libanon geworden.
Sehr angespannt
Das Auswärtige Amt in Berlin hat wegen der Lage im Libanon erneut alle Deutschen in dem Land zur Ausreise aufgefordert. Die Lage an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon sei sehr angespannt, teilte das Außenministerium am Mittwoch auf der Plattform X mit.
Eine weitere Eskalation könne auch dazu führen, dass der Flugverkehr ab dem Rafic-Hariri-Flughafen in Beirut komplett eingestellt werde, hieß es in den neuen Reise- und Sicherheitshinweisen. »Die Ausreise aus Libanon auf dem Luftweg wäre dann nicht mehr möglich.«
Das Auswärtige Amt hatte bereits einige Tage nach dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober vergangenen Jahres deutsche Staatsbürger und ihre Angehörigen aufgerufen, das Land zu verlassen. dpa/ja