Außenpolitik

»Israel muss Lehren aus dem Trump-Selenskyj-Eklat ziehen«

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump im Oval Office am Freitag. Foto: picture alliance / Consolidated News Photos

Es ist nicht bekannt, ob die Worte des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu etwas mit dem Geschehen vom Freitag im Oval Office unmittelbar zu tun haben, aber sie lassen aufhorchen. Nach dem verbalen Zusammenstoß von US-Präsident Donald Trump und Vizepräsident J.D. Vance mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bedankte sich Netanjahu am Sonntag in einer Videobotschaft bei Trump »für seine unerschütterliche Unterstützung«. Worte, die wohl auch Trumps Vorliebe für Lob und Bestätigung schmeicheln sollen.

Netanjahu machte darüber hinaus klar: »Israel hat den Plan von Präsident Trumps Gesandtem Steve Witkoff akzeptiert, den vorübergehenden Waffenstillstand um 50 Tage zu verlängern« und unterstrich noch einmal: »Israel hat diesen Plan akzeptiert. Ich habe diesen Plan akzeptiert. Aber bisher hat ihn die Hamas abgelehnt.«

Am Dienstag drang dann eine weitere schockierende Nachricht aus dem Weißen Haus: Trump ordnet ein Anhalten der US-Militärhilfelieferungen an die Ukraine an. Die Einstellung wird für alle militärischen Geräte gelten, die sich noch nicht in der Ukraine befinden und sei eine direkte Reaktion auf das, was Trump als Selenskyjs »schlechtes Verhalten« abstraft. Dieser Stopp werde so lange in Kraft bleiben, bis Trump meint, der ukrainische Präsident habe sich ausreichend dazu verpflichtet, Friedensgespräche zu führen, wird ein Regierungsbeamter aus Washington in CNN zitiert.

In den letzten Wochen behauptete Trump fälschlicherweise, die Ukraine habe den Krieg begonnen, obwohl Russland in das Land einmarschiert war. Darüber hinaus beschuldigte der US-Präsident Selenskyj, »ein Diktator« zu sein.

Auch zwischen Netanjahu und Obama kam es schon zum Eklat

Geht nun auch in Israel die Angst um, fallengelassen zu werden, nachdem der Präsident der Ukraine – eigentlich ebenfalls ein Verbündeter der USA – so scharf angegriffen wurde, weil er angeblich nicht »dankbar« genug war? Einige Experten warnen, dass der Zerfall der Beziehungen zwischen Washington und Kiew auch Folgen für Israel haben könnte.

Michael Oren, ehemaliger israelischer Botschafter in den USA, schreibt in »The Free Press«, Selenskyj habe »mit seinem kämpferischen Vorgehen gegenüber Trump ein Musterbeispiel dafür geliefert, wie man mit einem ausländischen Staatschef nicht umgehen sollte, der einen ausgeprägten Stolz hat und eine Politik der Abspaltung verfolgt«.

Oren erinnert sich an einen anderen Konflikt im Oval Office: Im Mai 2011 war Netanjahu bei Präsident Barack Obama zu Gast und meinte, er müsse den Präsidenten belehren. Der Vorfall habe dazu geführt, dass Obamas Stabschef Rahm Emanuel ihm auf die Brust schlug und schrie: »Ihr [Schimpfwort] Premierminister kann nicht ins [Schimpfwort] Weiße Haus kommen und [Schimpfwort] dem Präsidenten eine Lektion erteilen!« Dies habe ihm gezeigt, so Oren weiter, »in welchem ​​Ausmaß der Anführer eines kleinen und abhängigen Staates den Chef einer Supermacht, die ihn als Schutzherren hat, öffentlich herausfordern kann.«

»Wenn sogar von der Ukraine erwartet wird, dass es Gegenleistungen für Unterstützung auffährt, kann Israel nicht davon ausgehen, dass es auf unbestimmte Zeit bedingungslose Hilfen erhält.«

Spätestens seit dem Trump-Selenskyj-Eklat ist die Professorin für Psychologie und Expertin für Verhaltensökonomie, Liras Margalit, überzeugt, dass der diplomatische Diskurs nicht mehr denselben Regeln folgt wie in der Vergangenheit. Diese Lehre müsse Israel unbedingt daraus ziehen.

Der ukrainische Präsident habe Trumps Strategie, die US-Außenbeziehungen neu zu gestalten, nicht verstanden, ist sie sicher. »Denn transaktionale Abkommen ersetzen jetzt Allianzen. Leistet die USA nach diesem Ansatz Hilfe, erwartet sie dafür eine Gegenleistung. Wenn die Ukraine amerikanische Unterstützung will, muss sie im Gegenzug etwas Greifbares bieten«, erläutert Margalit. Und das müsse auch Israel zur Kenntnis nehmen, denn: »bei der Bewältigung komplexer außenpolitischer Herausforderungen kann es nicht mehr voraussetzen, dass traditionelle diplomatische Normen intakt bleiben«.

»Wenn sogar von der Ukraine, einem Land im Krieg, erwartet wird, dass es etwas als Gegenleistung für Unterstützung auffährt, kann Israel es sich nicht leisten, davon auszugehen, dass es auf unbestimmte Zeit bedingungslose Hilfen erhält.«

Ksenia Svetlova ist ebenfalls der Meinung, dass das, was Zelensky passiert ist, auch Israel geschehen könnte. Die ehemalige Knessetabgeordnete und heutige Professorin an der Hebräischen Universität Jerusalem, begründet es damit, »dass die USA weder eine konstante Politik noch dauerhafte Verbündete haben. Wenn es die nicht gibt und wenn die Ukraine nach all diesen Jahren in den Müll geworfen wird, dann ist niemand immun«.

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Auch in der aktuellen Amtszeit könne sich Trump ändern, gibt sie zu bedenken. »Wenn es keine konstanten Interessen oder Doktrinen gibt, bedeutet das, dass sich alles stetig verändern kann«. Svetlovas düstere Prognose: »Israel muss darauf vorbereitet sein, wie die Ukraine zu werden.«

Israel habe »sehr warmen Platz« in Trumps Herzen

Der Korrespondent der rechtsgerichteten Tageszeitung Israel Hayom, Ariel Kahana, sieht das anders: »Trump ist schließlich eine beständige Person. Seine Vorlieben und Abneigungen sind bekannt und ändern sich selten. Anders als die Ukraine und Selenskyj, die Trump nie besonders am Herzen lagen, haben Israel und das jüdische Volk einen sehr warmen Platz in seinem Herzen.«

Darüber hinaus seien Trumps größte außenpolitische Erfolge aus seiner ersten Amtszeit, wie die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und die Abraham-Abkommen, direkt mit Israel verbunden, schreibt er weiter. »Es ist schwer zu glauben, dass er seinen Kurs ändern würde.« Allerdings schränkt auch Kahana ein: »Trump respektiert, wie jeder politische Akteur, Stärke. Die Schwachen werden mit Füßen getreten, die Starken werden respektiert.«

In einem Interview mit Israel Hayom vor einem Jahr habe Trump eine gewisse Distanz zu Israel ausgedrückt, so der Korrespondent weiter. Damals habe er erklärt, Israel habe nicht mehr die Unterstützung, die es früher gehabt hätte. »Darüber hinaus sollte man nicht vergessen, dass es innerhalb der MAGA-Bewegung isolationistische Elemente gibt«, warnt er. »Die mögen Israel nicht besonders und wollen, dass die USA aufhören, der Polizist der Welt zu sein.«

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