Die israelische Armee (IDF) hat am Dienstag einen Luftangriff gegen hochrangige Mitglieder der Hamas in Katar geflogen. Wer genau getroffen wurde, ist weiter unklar. Zehn Bomben sollen laut Angaben der IDF abgeworfen worden sein. Bilder zeigten Rauchwolken über Katars Hauptstadt Doha aufsteigen. Israelischen Medien zufolge soll der Angriff während eines Treffens von Hamas-Anführern erfolgt sein, die zu dem Zeitpunkt über US-Präsident Donald Trumps Vorschlag für eine Waffenruhe in Gazastreifen und ein Geiselabkommen verhandelt haben sollen.
Mehrere arabische Medien berichteten, dass unter den Teilnehmern des Treffens unter anderem der hochrangige Funktionär Khalil al-Hayya, Khaled Meshal, Auslands-Chef der Hamas, Zaher Jabarin, Kopf der Hamas im Westjordanland, und Muhammad Darwish, Vorsitzender des Schura-Rates der Hamas gewesen sein sollen.
Die Hamas hat fünf Tote unter ihren Mitgliedern bestätigt: den Bürodirektor von Khalil al-Hayya, dessen Sohn sowie drei begleitende Hamas-Männer. Laut Hamas sei aber kein hochrangiges Mitglied der Terrororganisation getötet worden. Israelische Medien zitierten am Mittwoch Quellen aus dem israelischen Sicherheitsapparat, die an der Tötung hochrangiger Hamas-Führer bei dem Angriff in Doha zweifelten.
Das Emirat gewährt der Hamas-Führung seit Jahren Unterschlupf und hat die Terroristen auch finanziell unterstützt. Katar und Ägypten sind außerdem Vermittler in den Bemühungen um einen Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezog auf der Plattform X Stellung zu der Operation »Feuergipfel«: »Israel hat sie initiiert, Israel hat sie ausgeführt und Israel übernimmt die volle Verantwortung.« Die Entscheidung, den Schlag auszuführen, habe Netanjahu nach dem Anschlag der Hamas mit sechs Toten in Jerusalem und dem Tod von vier Soldaten in Gaza getroffen. Er betonte, die Zeiten seien vorbei, dass Terrorführer »an bestimmten Orten Immunität« genössen.
Laut Angaben der israelischen Regierung hat der Luftschlag die Hamas-Anführer genau an dem Ort getroffen, an dem sie am 7. Oktober 2023 gefeiert hätten, als die Massaker in Israel noch im Gange waren. Der Krieg im Gazastreifen könne »sofort« beendet werden, erklärte Netanjahu. Er fügte hinzu, dass Israel die von US-Präsident Trump vorgestellten Bedingungen für einen Deal akzeptiert habe.
Trump hat sich mittlerweile von dem Angriff distanziert, nachdem es anfangs hieß, er habe »grünes Licht« gegeben. »Das war eine Entscheidung von Ministerpräsident Netanjahu, nicht von mir«, schrieb er auf der Plattform »Truth Social«. Er betrachte Katar als engen Verbündeten und Freund der USA. In der Stellungnahme hieß es weiter, dass eine »einseitige Bombardierung innerhalb Katars als souveränem Staat und engem Verbündeten der Vereinigten Staaten« weder Israels noch Amerikas Zielen diene.
So etwas werde auf katarischem Boden nicht wieder vorkommen, so Trump. Er wolle, dass der Krieg in Gaza ende und alle Geiseln freigelassen würden. Nach Angaben des Weißen Hauses wurde die US-Regierung informiert, dass Israel die Hamas angreifen werde, die sich »leider« in Doha aufhalte. Trump habe daraufhin seinen Sondergesandten Steve Witkoff angewiesen, Katar über den anstehenden Angriff zu informieren. In der Stellungnahme heißt es zugleich, dass die Beseitigung der Hamas, die vom Elend der Menschen in Gaza profitiert habe, ein erstrebenswertes Ziel sei.
Katar verurteilt den Angriff scharf
Katar wiederum gab bekannt, dass es in dem Moment von einem US-Regierungsvertreter informiert wurde, als die Explosionen bereits zu hören waren. Der Golfstaat verurteilte den Angriff scharf. Es handle sich um einen »eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen« und eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit der Bevölkerung in Katar.
Die Verhandlungen um eine Waffenruhe kommen seit Monaten nicht voran. Laut Israel und den USA hat die Hamas diese immer wieder durch unrealistische Forderungen torpediert. Israels Regierung beabsichtigt, die Stadt Gaza militärisch vollständig einzunehmen. Erklärtes Ziel ist, die israelischen Geiseln zu befreien und die Hamas auszuschalten.
Merz: Angriff »nicht akzeptabel«
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat den Angriff Israels verurteilt. In einem Telefonat mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani bezeichnete er die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars als »nicht akzeptabel«. Der Krieg dürfe sich nicht auf die gesamte Region ausweiten, so Merz. Die Bundesregierung stehe dazu auch in engem Kontakt mit der israelischen Regierung.
Auch Außenminister Johann Wadephul verurteilte die israelische Operation scharf. Er äußerte größte Sorge um das Leben und die Sicherheit der Geiseln in der Gewalt der Hamas, darunter auch deutsche Staatsangehörige. Katar spiele eine entscheidende Rolle bei den Bemühungen um einen Waffenstillstand und um die Freilassung der Geiseln, so der Außenminister. Klar sei: »Es ist an Hamas, die Waffen niederzulegen und den Terror gegen den Staat Israel aufzugeben. Auch die aktuelle Eskalation ist ein Ergebnis des abscheulichen Terrorangriffs der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023.«
Angehörige von Geiseln haben nach dem Angriff in Katar große Sorge geäußert. Man befürchte, die Geiseln könnten nun den Preis für das Vorgehen zahlen, so das Forum der Angehörigen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, davon sind 20 nach israelischen Informationen noch am Leben. Es sei an der Zeit, den Gaza-Krieg zu beenden. »Wir fordern von der israelischen Regierung, uns einen organisierten Plan für ein umfassendes Abkommen zur Rückkehr aller 48 Geiseln vorzulegen.«
Zweifel am Ergebnis
Nach dem Luftschlag mehren sich Zweifel, ob die Operation tatsächlich das gewünschte Ergebnis brachte. Verschiedene israelische Medien zitierten am Mittwoch Regierungs- und Sicherheitskreise, die von abnehmender Zuversicht sprachen. »Es gibt bislang keine Hinweise, dass die Anführer eliminiert wurden«, hieß es in einem Bericht. Die endgültige Auswertung laufe noch.
Verteidigungsminister Israel Katz wies unterdessen internationale Kritik am Vorgehen Israels zurück. »Wer am Massaker vom 7. Oktober beteiligt war, wird seine Strafe erhalten«, erklärte er. »Der lange Arm Israels reicht überallhin, es gibt keinen sicheren Ort für unsere Feinde.«
Gleichzeitig wurde bekannt, dass es auch innerhalb Israels Vorbehalte gegen den Zeitpunkt der Aktion gegeben haben soll. So hätten hochrangige Militärs und Geheimdienstvertreter Zweifel angemeldet. ja