Medizin

Hirntumor aus dem 3D-Drucker

Eilam Yeini, Ronit Satchi-Fainaro und Lena Neufeld (v.l.)

Es ist aktiv, entwicklungsfähig – und kommt aus dem 3D-Drucker: das Krebsgeschwür, das in einem Labor der Tel Aviver Universität (TAU) entwickelt wurde. Hier druckten Forscher einen kompletten Glioblastom-Tumor. Dadurch soll es möglich werden, Therapien für diese tödlichste aller Krebserkrankungen des Zentralnervensystems zu individualisieren.

Es ist eine wissenschaftliche Errungenschaft für die TAU, die jetzt in der renommierten Fachzeitschrift »Science Advances« veröffentlicht wurde und weltweit Beachtung findet. Die Forschung wurde von der Morris-Kahn-Stiftung, dem Europäischen Forschungsrat, dem Israelischen Krebsforschungsfonds, der Israelischen Krebsvereinigung, der israelischen Wissenschaftsstiftung sowie der Firma Check Point Software Technologies finanziert.

Das Glioblastom, das in einem 3D-Biodrucker hergestellt wurde, umfasst ein komplexes System einer Art von Adern, durch die Blutkörperchen und Arzneien fließen können – was einen echten Tumor simuliert.

Das Glioblastom ist der aggressivste und tödlichste Hirntumor.

Die Forschung wurde von der Leiterin der Abteilung für Krebsforschung und Nanomedizin, Ronit Satchi-Fainaro (Fakultät für Medizin und Neurowissenschaft), angeführt. Die Doktorandin Lena Neufeld entwickelte die neue Technologie dafür gemeinsam mit ihrem Team. Die gedruckten Modelle basieren auf echten Tumoren von Patienten, die in den Operationssälen des Sourasky-Medizinzentrums in Tel Aviv entfernt wurden.

PROTEIN Ein Glioblastom ist nicht nur der tödlichste Krebs dieser Art, er ist zudem für die meisten Hirntumore verantwortlich, so Satchi-Fainaro. In einer vorangegangenen Studie habe man ein Protein mit Namen P-Selectin identifiziert. Das wird produziert, wenn Glioblastomzellen auf Zellen des Immunsystems im Gehirn treffen. »Wir fanden heraus, dass dieses Protein dafür verantwortlich ist, dass das Immunsystem versagt und die feindlichen Zellen unterstützt, statt sie zu attackieren. Dadurch breitet sich der Krebs aus«, erläutert die Medizinerin.

Das Protein sei allerdings lediglich in Tumoren aufgetreten, die bei Operationen entfernt wurden, und nicht in solchen, die man in Petrischalen aus Plastik gezüchtet hatte. Der Grund dafür sei, dass Krebsgeschwüre – wie andere Gewebe auch – sich auf Plastik ganz anders verhalten als im menschlichen Körper. »Etwa 90 Prozent aller experimentellen Medizinversuche scheitern in der klinischen Phase, weil der Erfolg, der im Labor erzielt wurde, sich bei den Patienten nicht einstellt«, weiß Satchi-Fainaro.

Um genau dieses Problem zu beheben, arbeitete das Team an der Herstellung eines »realen Tumors«. Das biogedruckte Modell ist das erste seiner Art. Jedes einzelne wird aus Hydrogel von der Probe des Patienten reproduziert, um das Gewebe zu simulieren. Es enthält 3D-Krebsgewebe, das von einer extrazellulären Matrix (EZM) umgeben ist. Das ist der Teil des Gewebes, der zwischen den Zellen liegt und sie geflechtartig umgibt. EZM füllt die Zwischenräume der Zellen aus und vermittelt so den Kontakt zwischen ihnen.

»Denn es geht nicht nur um die Krebszellen«, hebt Satchi-Fainaro hervor, »sondern auch um die Zellen in der Mikroumgebung des Gehirns und um ein System, durch das wir Substanzen in die Tumorkopie schicken können.« Nachdem der Tumor erfolgreich aus dem Drucker kam, demonstrierte das Team, dass, anders als bei Krebszellen, die in Petrischalen gezüchtet wurden, sein Modell »das Potenzial für eine schnelle, genaue und nachvollziehbare Vorhersage der besten Therapiemöglichkeit für den Patienten hat«.

GEWEBE Die Wissenschaftlerin erklärt den Hintergrund: Das Glioblastom ist eine aggressive Krankheit, vor allem, weil sie so unvorhersehbar ist. Werden die heterogenen Krebszellen Tieren gespritzt, bleibt der Krebs in einigen ruhend, während sich in anderen ein schnell wachsender Tumor entwickelt. Das erkläre, warum manche Menschen im hohen Alter sterben, ohne jemals gewusst zu haben, dass in ihrem Körper ein Glioblastom schlummert. In der Petrischale jedoch wachsen alle Tumore mit derselben Geschwindigkeit. »In unserem biogedruckten Tumor aber wird die Heterogenität beibehalten. Daher ist die Entwicklung ähnlich der, die wir in Patienten oder Tieren sehen.«

Manche Menschen haben die Krebszellen im Körper, ohne jemals krank zu werden.

»Wenn wir eine Probe vom Gewebe eines Patienten nehmen, können wir zusammen mit der extrazellulären Matrix 100 winzige Tumore in unserem 3D-Biodrucker erstellen und auf diese Weise viele verschiedene Medikamente und Kombinationen untersuchen, um die optimale Behandlung für diesen speziellen Tumor zu finden. Zugleich können wir neue Medizin mehrfach testen und erkennen, welche die erfolgversprechendste ist.«

Am aufregendsten aber findet sie die Aussicht, dass man neue Proteine und Gene in Krebszellen entdecken könnte. »Dies ist sehr kompliziert, wenn sich der Tumor im Gehirn eines Menschen oder eines Tieres befindet«, sagt die Wissenschaftlerin. »Unsere Innovation aber gibt uns noch nie dagewesenen Zugang ohne Zeitverlust.« Die 3D-Tumore würden das klinische Szenario viel besser darstellen, um eine optimale Untersuchung zu gestatten.

Satchi-Fainaro ist sicher, dass diese innovative Annäherung die Entwicklung von neuen Medikamenten ermöglichen wird, und zwar viel schneller, als es heute geschieht. Sie hofft, dass in der Zukunft mithilfe dieser Technologie eine personalisierte Medikation für Patienten mit Glioblastom entwickelt – und ihnen so viel besser geholfen werden kann.

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