Israel/Gaza

Hamas bricht Waffenruhe, Israel setzt Anti-Terror-Krieg fort

In der vergangenen Nacht wurden erneut Geiseln, die in der Gewalt der palästinensischen Terrorgruppe Hamas waren, nach Ägypten und von dort nach Israel gebracht. Foto: picture alliance / Anadolu

Israel hat kurz vor Ablauf der Frist für die Feuerpause Angriffe aus dem Gazastreifen abgewehrt. Wie die israelische Armee am Freitagmorgen bekannt gab, fing die Luftabwehr zunächst eine mutmaßliche Rakete aus dem Gazastreifen ab. Dann folgten weitere Raketenattacken. Später waren laut israelischen Medienberichten in Gaza Explosionen zu hören.

Israel und die islamistische Terrororganisation Hamas hatten eine bis Freitagmorgen (6.00 Uhr MEZ) befristete Feuerpause vereinbart. Eine Stunde vor deren Ablauf wurde die erste Terror-Rakete auf Israel abgefeuert. Das »Wall Street Journal« hatte zuvor unter Berufung auf ägyptische Quellen berichtet, beide Seiten hätten sich auf eine nochmalige Verlängerung um einen Tag geeinigt.

Wenige Stunden vor Ablauf der Frist entließ die israelische Gefängnisbehörde nach palästinensischen Angaben als Teil des Abkommens erneut 30 palästinensische Häftlinge, nachdem die Terroristen am Vortag weitere acht israelische Geiseln freigelassen hatte.

Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira berichtete unter Berufung auf Augenzeugen von schweren Kämpfen in der Stadt Gaza und anderen Gebieten im Norden des Gazastreifens. Im Zentrum des Gazastreifens gebe es nahe der Flüchtlingslager Nuseirat und Bureidsch zudem Panzerbeschuss, hieß es.

Blinken mahnt Israel

US-Außenminister Antony Blinken forderte Israel mit deutlichen Worten auf, die Zivilisten im Gazastreifen zu schützen. Sollte Israel den Krieg wieder aufnehmen und gegen den südlichen Gazastreifen vorrücken, um die Hamas zu verfolgen, sei es »zwingend erforderlich«, dass sich die Armee an das humanitäre Völkerrecht und die Regeln der Kriegsführung halte, sagte Blinken bei einem erneuten Besuch in Israel.

Die zahlreichen Todesopfer in der Zivilbevölkerung und die Vertreibung in dem Ausmaß, wie man sie im nördlichen Gazastreifen gesehen habe, dürfe sich im Süden nicht wiederholen, mahnte er nach einem Treffen mit Regierungschef Benjamin Netanjahu. Israel müsse vor der Wiederaufnahme größerer Militäreinsätze humanitäre Pläne zum Schutz der Zivilbevölkerung vorlegen.

Seit Beginn des Krieges – sowie in früheren Kriegen mit der Hamas, in die Israel hineingezogen wurde – hatten die Streitkräfte (IDF) Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Gaza ergriffen. Jeweils vor Angriffen auf Terrorziele, die sich zum Großteil in oder unter zivilen Gebäuden befinden, warnen die IDF die Bewohner, um ihnen Zeit zu geben, diese rechtzeitig zu verlassen. Fluchtkorridore wurden regelmäßig eingerichtet, damit die Menschen in den Süden des Gazastreifens fliehen konnten.

Hilfsgüter erreichen Norden

Unterdessen berichtete der Palästinensische Rote Halbmond, dass seit Beginn der Waffenruhe 310 Lastwagen mit Hilfsgütern erfolgreich den Norden des abgeriegelten Küstenstreifens erreicht hätten. Auf diese Weise konnten wichtige Güter wie Lebensmittel, Babynahrung und Decken für Tausende Menschen in Not bereitgestellt werden, hieß es auf X (vormals Twitter).

Allein am Vortag hätten 56 Lastwagen mit Hilfsgütern die Stadt Gaza und die nördlichen Gebiete des Küstengebiets erreicht. Insgesamt kamen demnach seit Beginn der Feuerpause mehr als 1000 Lkw mit Hilfsgütern im gesamten Gebiet an.

Weitere Geiseln frei

Derweil ließ die Terrororganisation Hamas aus dem Gazastreifen zunächst zwei israelische Frauen frei, am Donnerstagabend dann weitere sechs Israelis. Sie sollten medizinisch untersucht werden, bevor sie anschließend in Krankenhäusern ihre Familien treffen, wie das Militär mitteilte.

Nach Angaben aus dem Büro von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu handelte es sich um vier Frauen sowie eine 18-Jährige und ihren 17-jährigen Bruder. Die beiden arabisch-israelischen Geschwister waren aus einer Beduinenstadt im Süden des Landes entführt worden.

Die im Gegenzug von Israel auf freien Fuß gesetzten 30 Palästinenser seien in Ost-Jerusalem sowie im Westjordanland von ihren Familien empfangen worden, berichteten in der Nacht zum Freitag palästinensische Medien. Demnach handelte es sich um acht Frauen sowie 22 männliche Jugendliche unter 19 Jahren.

Noch 145 Geiseln

Während die Geiseln der Hamas unschuldig sind, handelt es sich bei den freigelassenen Palästinensern um Personen, denen Angriffe auf Israelis und andere Vergehen vorgeworfen werden, die mit Terror zusammenhängen.

Das Emirat Katar hatte gemeinsam mit Ägypten und den USA zwischen Israel und der Hamas die Feuerpause und den Austausch von zivilen Geiseln gegen palästinensische Gefangene vermittelt. Die ursprünglich für vier Tage vereinbarte Feuerpause war um drei Tage verlängert worden. Die in dem Konflikt vermittelnden Länder Ägypten und Katar bemühten sich um eine nochmalige Verlängerung der Waffenruhe – offenbar vergeblich.

Israel vermutet, dass sich noch rund 145 Geiseln in Gaza befinden, darunter noch 15 Frauen und Kinder. Auch deshalb war es fraglich gewesen, ob das bisherige Prozedere, bei dem Frauen und Kinder im Gegenzug für eine Verlängerung der Feuerpause freigelassen wurden, Chancen auf eine Verlängerung hatte.

Couragierter Zivilist tot

Unterdessen starb ein Zivilist, der bei dem Terroranschlag in Jerusalem die Attentäter beherzt angriffen hatte und versehentlich von israelischen Soldaten beschossen worden war. Er sei einen Tag vor seinem 38. Geburtstag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen, berichteten mehrere israelische Medien am Donnerstagabend.

Der Mann habe gesehen, wie die Attentäter an einer Bushaltestelle auf Menschen schossen, sei aus dem Auto gesprungen und habe mit seiner eigenen Waffe auf die Angreifer geschossen. Auch die Soldaten eröffneten das Feuer auf die Palästinenser, hielten jedoch auch den Mann irrtümlicherweise für einen Attentäter und schossen auf ihn, hieß es.

Die Hamas reklamierte den Terroranschlag, bei dem drei Israelis ermordet wurden, später für sich. Der Anschlag gefährdete die Waffenruhe zusätzlich. dpa/ja

Meinung

Kein Symbol für den Frieden

Warum man bestimmte Israel-Ketten besser nicht tragen sollte

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Sexuelle Gewalt der Hamas

»Als wäre dein Blut billig ...«

Zum ersten Mal spricht ein männliches Vergewaltigungsopfer des Nova-Festivals öffentlich darüber, was ihm angetan wurde

von Sabine Brandes  26.07.2024

Washington D.C./Palm Beach

USA dringen auf Geisel-Deal - mahnende Worte an Netanjahu

Israels Regierungschef will nach Biden und Harris heute auch Trump treffen

 26.07.2024

USA

So war das Treffen zwischen Joe Biden und Benjamin Netanjahu

Auch die Bewerber für die Biden-Nachfolge trifft der Gast aus Israel

von Magdalena Tröndle  25.07.2024

Kommentar

Eine Schande für die Vereinten Nationen

Berlin muss endlich die Abberufung der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese fordern

von Frank Müller-Rosentritt  26.07.2024 Aktualisiert

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Olympische Spiele

Israels Außenminister Katz warnt vor iranischem Anschlagsplan

Der Minister schrieb einen Brief an seinen französischen Amtskollegen

 25.07.2024

Gaza/Israel

Kämpfe vor Bergung von Leichen der Geiseln aus Tunnel in Chan Junis

Jetzt wird mehr zu den Umständen des Einsatzes bekannt

 25.07.2024

Meinung

Eine eindrucksvolle Abrechnung mit allen Hamas-Verstehern im Westen

Die Rede von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress war eine Lehrstunde für die überwiegend israelfeindlich eingestellte Weltöffentlichkeit

von Philipp Peyman Engel  25.07.2024 Aktualisiert