Corona

»Grund zum Optimismus«

Impfung im Maccabi-Gesundheitszentrum in Givatayim Foto: Flash 90

Die Verteilung des Impfstoffs gegen das Coronavirus lief in Israel von Anfang an fast reibungslos. Mittlerweile hat das kleine Nahostland die meisten Daten weltweit zum Impfen gesammelt. Hier sind die Antworten auf die häufigsten Fragen.

1. Wie viele Menschen sind in Israel bis jetzt geimpft worden?
Seit dem Beginn der Kampagne am 21. Dezember sind mehr als vier Millionen Israelis geimpft worden, das entspricht knapp 45 Prozent der Bevölkerung, gab das Gesundheitsministerium in Jerusalem am Wochenbeginn an. 27 Prozent haben bereits die zweite Spritze erhalten und gelten somit als immunisiert.

2. Warum funktioniert die Impfkampagne in Israel so gut?
Der Hauptgrund sind die lokalen Gesundheitszentren, die die Verteilung übernommen haben. Sie werden von den vier Krankenversicherungen betrieben, existieren in fast jedem Ort und sind für jedermann erreichbar. Die Zentren wenden sich direkt per SMS oder Telefonanruf an die Versicherten. Bürokratie wird größtenteils vermieden. Ist kein Platz in einem Gebäude, wird im Zelt vor der Tür oder in einem Parkhaus geimpft. Dazu sind mobile Impf-Fahrzeuge in einigen Teilen des Landes unterwegs.

3. Wie sehr nehmen die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen die Impfungen an?
Obwohl verschiedene Kampagnen auf die in Israel sehr verschiedenen Bevölkerungsgruppen abgestimmt sind, ist die Bereitschaft bei den ultraorthodoxen jüdischen Gruppen und den arabischen Israelis geringer als in der restlichen Bevölkerung. Die Regierung bemüht sich zu motivieren, etwa durch Aufforderungen in arabischer Sprache. In den streng religiösen Gemeinden werden die Rabbiner in die Kampagne miteinbezogen. In Tel Aviv ist eine spezielle Impfstation für Asylsuchende eröffnet worden.

4. Sieht man die Effekte der Impfungen mittlerweile an den Zahlen?
Ja, meint das Gesundheitsministerium. Während bis vor wenigen Tagen mehr als einen Monat lang durchschnittlich rund neun Prozent der Corona-Tests positiv waren, sank diese Zahl jetzt auf 6,7 Prozent. Außerdem liege der R-Wert, also wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, derzeit bei 0,88. »Es gibt definitiv Grund für Optimismus«, heißt es aus Jerusalem. Man müsse aber dennoch weiter zusätzlich auf Masken und soziale Distanz setzen.

5. Inwieweit haben die Impfungen die Fälle der Schwerkranken in den Krankenhäusern verringert?
Wochenlang lag die Zahl aller ernsthaft an Covid-19 erkrankten Patienten in den Hospitälern bei 1200 landesweit, jetzt werden noch 992 stationär behandelt. Bei der Altersgruppe 60 plus ist die Anzahl der Schwerkranken um 60 Prozent gesunken. Die bislang ausführlichste Studie wurde von der Krankenversicherung Clalit durchgeführt. Sie analysierte 1,2 Millionen Mitglieder, darunter 600.000, die das Vakzin von Biontech-Pfizer erhalten haben, und fand heraus, dass die Zahl symptomatischer Erkrankungen anschließend um 94 Prozent sank. Die Zahl der ernsten Covid-19-Fälle ging um 92 Prozent zurück. Außerdem wurde deutlich, dass die Altersgruppe 70 plus ebenso geschützt ist wie die anderen. Diese Gruppe war in der Studie des Herstellers nicht enthalten.

6. Was ist mittlerweile über die Nebenwirkungen bekannt?
Israel verfügt über die meisten Daten zu Nebenwirkungen nach der Impfung mit dem Mittel von Biontech-Pfizer. Nach der ersten Spritze berichteten lediglich 0,3 Prozent, sie fühlten sich so unwohl, dass sie einen Arzt aufsuchen mussten. Die zweite Dosis indes führte bei mehr Menschen zu Beschwerden. Von 1735 zweifach Geimpften in einer Studie des Ichilov-Krankenhauses erklärten 37 Prozent, sie hätten Nebenwirkungen gespürt. Die meisten (52 Prozent) klagten über leichten Schmerz an der Einstichstelle. 97 Prozent hätten keinen Arztbesuch für nötig gehalten.

7. Wie viele Menschen erkrankten an Covid-19, nachdem sie geimpft waren?
Nach Angaben der Krankenversicherung Maccabi sind von einer halben Million Israelis, die beide Spritzen erhielten, lediglich 544 mit dem Coronavirus infiziert worden – 0,1 Prozent. Von jenen mussten 15 mit Covid-19-Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert werden, niemand starb. »Damit liegt die Effektivität bei 93 Prozent«, resümiert die leitende Medizinerin bei Maccabi, Miri Mizrahi Reuveni.

8. Gibt es neue Studien zur Effektivität des Impfstoffs?
Ja, eine neue Studie des Weizmann-Instituts in Rechovot zeigt, dass das Mittel von Biontech-Pfizer tatsächlich so effektiv ist wie versprochen. Es bringt mindestens 50 Prozent Schutz nach der ersten Spritze und 95 Prozent eine Woche nach der zweiten.

9. Warum lassen sich dennoch mittlerweile immer weniger Menschen impfen?
Viele Menschen, vor allem jüngere, sorgen sich, dass Langzeit-Nebenwirkungen gravierender sein könnten als angenommen. Derzeit bemüht sich die israelische Regierung, der Impfkampagne neuen Schwung zu verleihen. Nach einem erfolgreichen Auftakt ging die Zahl der täglichen Impfungen zuletzt deutlich zurück. Besonders jüngere Menschen zeigen sich zusehends zögerlich.

10. Will Israel auch Kinder impfen?
Der Corona-Berater der Regierung, Nachman Ash, geht davon aus, dass im Frühjahr das mögliche Impfalter von 16 auf zwölf Jahre verringert werden könnte, sollte die US-Behörde zur Überwachung von Nahrungs- und Arzneimitteln (FDA) dies genehmigen. »Dass Kinder unter 16 nicht immunisiert werden, ist besorgniserregend, wenn es darum geht, eine Herdenimmunität zu erreichen«, meint Ash.

11. Werden Sanktionen gegen Impfverweigerer erlassen?
Vor einigen Jahren urteilte der Oberste Gerichtshof während eines Masern-Ausbruchs, dass man durchaus Sanktionen gegen Impfverweigerer durchsetzen könne, etwa eine Kürzung des Kindergeldes. Auch wurde ungeimpften Kindern teilweise der Einlass in die Schulen verwehrt. Während der Corona-Krise wird immer wieder diskutiert, ob Impfgegner bestraft werden sollten. Verschiedene Stadtverwaltungen kündigten an, bestimmte Dienste verweigern zu wollen. In dieser Woche urteilte ein Gremium der Regierung indes, dass man auch jenen, die nicht geimpft sind, den Eintritt in sogenannte Geschäfte des Grundbedarfs wie Supermärkte oder Apotheken nicht untersagen darf.

12. Wozu dient der »grüne Gesundheitspass«?
Alle Menschen in Israel erhalten einige Tage nach ihrer zweiten Impfung ein Zertifikat von ihrer Krankenversicherung auf ihr Mobiltelefon geschickt, das die Daten der Impfungen auflistet. Es ist zunächst für sechs Monate gültig. In naher Zukunft soll es nach Angaben der Regierung als eine Art Eintrittskarte in Fitnessstudios, Kinos, Theater, Hotels und ähnliche Einrichtungen gelten. Auch der Tourismus soll auf diese Weise wieder angekurbelt werden. Israel hat bereits mit mehreren Ländern, darunter Griechenland und Estland, Abkommen geschlossen, dass die Inhaber des Gesundheitspasses einreisen dürfen, ohne anschließend in Quarantäne zu müssen.

Krieg gegen die Hamas

Medien: Netanjahu befürchtet Haftbefehl durch Strafgerichtshof

Berichten zufolge soll mehreren Israelis Haftbefehle drohen - darunter auch dem Regierungschef

 28.04.2024

Antisemitismus

Der Krieg ist fern - der Konflikt ganz nah

Nach den Eskalationen der Uni-Proteste in den USA laden israelische Universitätspräsidenten Studenten und Professoren an ihre Hochschulen ein

von Dana Wüstemann  28.04.2024

Gesundheit

Auch 2024 dürfte es global gesehen viele Masernfälle geben 

Eigentlich sollen die Masern ausgerottet werden. Doch unzureichende Impfquoten stehen dem Ziel im Weg

 28.04.2024

Nahost

Israel gibt vor Rafah-Angriff Geisel-Deal letzte Chance

Man werde nicht zulassen, dass die Hamas einen Geisel-Deal hinauszögert

 28.04.2024

7. Oktober

Tausende Israelis protestieren wieder für Freilassung der Geiseln 

Die Hamas prüft derzeit eigenen Angaben zufolge einen von Israel vorgelegten Vorschlag für ein Abkommen zur Freilassung einiger Geiseln und einer Feuerpause

 27.04.2024

Israel

Polizeiminister Ben-Gvir bei Autounfall verletzt 

 26.04.2024

Nahost

Neuer Geisel-Deal vor Operation in Rafah?

Noch immer sind mehr als 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas

 26.04.2024

Geiseldeal

»Der Hamasnik sagte: Du kriegst meine Kinder«

Während eine Verhandlungsdelegation in Israel erwartet wird, berichtet eine junge freigelassene Geisel über ihr Martyrium

von Sabine Brandes  26.04.2024

Berlin/Gaza

Brief an Hersh Goldberg-Polin

Lieber Hersh, wir kennen uns nicht – und doch sind unsere Lebenswege verbunden ...

von Ruben Gerczikow  26.04.2024