Kulturerbe

Grabesstimmung

Israel soll zwei neue Attraktionen erhalten – und brüskiert die Palästinenser. Für umgerechnet rund 75 Millionen Euro will der Staat archäologische und zeitgeschichtliche Stätten instand setzen. Um sie Besuchern zu erschließen, wird ein archäologischer Pfad angelegt, der wichtige Orte aus der Bibel und aus der Zeit des Zweiten Tempels miteinander verbinden soll. Zusätzlich zum archäologischen Weg ist ein Pfad geplant, der an die Rückkehr der Juden nach Palästina erinnern soll.

Gefördert werden dabei Archive israelischer Volkslieder, Schriften, Gemälde und Fotografien. So ist vorgesehen, das Tel Aviver Gebäude, in dem David Ben-Gurion die Unabhängigkeitserklärung verlas, zu modernisieren. Ebenfalls werden Filme über frühe zionistische Gemeinschaften unterstützt. Profitieren vom Geldsegen sollen Projekte von hoher nationaler Priorität, denen oft auch im globalen Maßstab höchste Bedeutung zukommen würde, so Premier Benjamin Netanjahu. Mit den beiden Projekten wolle er die Verbundenheit der Jugend mit dem Land Israel erhöhen. Es gehe darum, das Bewusstsein für das jüdische und israelische Kulturerbe zu schärfen, begründete Netanjahu den neuen Budgetposten.

Druck von Rechts Die Liste sorgte bereits für Zoff, bevor die Projekte offiziell angekündigt worden waren. Denn wichtige Stätten seien nicht berücksichtigt worden, kritisierten Siedler und nationalreligiöse Politiker. Sie verlangten, sowohl das Grab der Erzmutter Rachel in Bethlehem als auch das Grabmal der biblischen Patriarchen in Hebron als Kulturdenkmäler zu fördern. Der Premier wich zunächst aus, blieb vage. Die Liste sei noch nicht abgeschlossen, wehrte er sich gegen die Proteste der Rechten. Den wahren Grund für die anfängliche Nichtberücksichtigung der beiden Stätte, die in den besetzten Gebieten liegen, lieferte dann Kabinettssekretär Zvi Hauser, der für das Projekt Kulturerbe federführend ist. Die Ausweitung auf die palästinensischen Gebiete würde negative diplomatische Folgen haben, meinte er in einem Rundfunkinterview. Worauf die Minister der Schas und Infrastrukturminister Uzi Landau den Druck auf Netanjahu verstärkten, Bethlehem und Hebron einzuschließen. Mit Erfolg.

Neben dem Rachelgrab in Bethlehem und der Machpela-Höhle in Hebron umfasst die Liste jetzt eine Reihe von Orten, die ebenfalls in den besetzten Gebieten liegen: Die Höhlen von Qumran, wo die Tote-Meer-Rollen gefunden wurden, der Archäologiepark rund um die Altstadt von Jerusalem, das Mosaik von Susija südlich von Hebron oder Gamla auf den Golanhöhen. Und die Liste sei damit nicht abgeschlossen, heißt es im Büro des Premierministers: Ein noch zu gründendes Komitee könne jederzeit Vorschläge für die Berück-sichtigung weiterer Objekte machen.

Internationale Kritik Die von Hauser befürchteten Probleme sind inzwischen denn auch Realität geworden. Besonders um das Patriarchengrab in Hebron gibt es Streit. Die Mearat HaMachpela, die Machpela-Höhle, in der Awraham und Sarah, Itzhak und Rebekka sowie Jakob und Leah begraben sein sollen, ist die zweitheiligste Stätte des Judentums. Auch den Muslimen, die dort die Abraham-Moschee errichtet haben, gilt der Ort als heilig. In Hebron und in Jerusalem ist es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen.

Der politische Schaden ist hoch. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas befürchtet einen »Religionskrieg«, die Hamas ruft zur Dritten Intifada auf, Jordanien kritisiert die Liste ebenso wie die USA oder die Unesco.

Am Wochenende soll sich auch Präsident Schimon Peres kritisch zur Liste geäußert haben. Ein Vorgehen in »mehreren Stufen« – also zunächst ohne Rachels Grab und die Machpela-Höhle – wäre klüger gewesen, wird er zitiert. Was man indirekt als Kritik an Netanjahus Fähigkeit interpretieren kann, mit dem Druck von Rechts umzugehen.

Nahost

Bericht: Bauarbeiten in Israels Pufferzone zu Syrien

Nach dem Sturz von Machthaber Assad drang die israelische Armee in die Zone auf den Golanhöhen ein. Worauf deuten die neuesten Aufnahmen hin?

 24.01.2025

Gaza

Versorgung mit Hilfsgütern wegen Waffenruhe verbessert

Bis sich die Lage der Zivilbevölkerung deutlich verbessert, dürfte aber noch Zeit vergehen

 24.01.2025

Gaza/Israel

Hamas will Namen der morgen freizulassenden Geiseln nennen

Unklar ist weiterhin, welche der 30 Geiseln, die noch im Rahmen der ersten Phase des geltenden Abkommens freikommen sollen, am Leben sind und welche nicht

 24.01.2025

Gaza

Private Sicherheitskräfte in Gaza?

Bewohner des Küstenstreifens sollen sich bald auf den Weg zurück in den Norden machen dürfen. Private Sicherheitsfirmen sollen die Fahrzeuge auf Waffen kontrollieren

 24.01.2025

Irak

Entführte Israelin Elizabeth Tsurkov soll am Leben sein

Elizabeth Tsurkov wurde vor zwei Jahren von der schiitischen Terror-Miliz Kataib Hisbollah entführt

 23.01.2025

Geiseldeal

Wird Liri dabei sein?

Am Samstag sollen die Terroristen der Hamas vier Frauen freilassen. Für die Angehörigen der Geiseln ist die Anspannung größer als bisher

von Sabine Brandes  23.01.2025

Geiseln

»Wenn er noch lebt, wäre das ein Wunder«

Sharone Lifschitzs 84 Jahre alter Vater Oded ist noch immer in der Gewalt der Hamas. Sie hat kaum Hoffnungen, ihn noch einmal lebend zu sehen

 23.01.2025

Online-Betrug

Betrügerische Spendenaufrufe nutzen die Rückkehr der israelischen Geiseln aus

Nach der Freilassung der israelischen Geiseln missbrauchen Betrüger den Willen zu helfen

 23.01.2025

Interview

»Es braucht vor allem Geduld«

Traumatherapeutin Ofrit Shapira Berman über ihre Arbeit mit freigelassenen Geiseln und menschliche Stärke

von Sabine Brandes  23.01.2025