Geiseln

Geisel-Eltern wenden sich an Merz

Hagit und Ruby Chen, die Eltern des am 7. Oktober 2023 gefallenen Soldaten Itay Chen, setzen sich unermüdlich für die Freilassung der Geiseln ein. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Ruby und Hagit Chen sind die Eltern von Itay, einer deutsch-israelischen Geisel, die seit 675 Tagen in Gaza festgehalten wird. Der 19-Jährige wurde am 7. Oktober von der Hamas ermordet, nachdem er während des Massakers als Soldat das Leben anderer vor den Terroristen schützen wollte. Nun wenden sich die Eltern von Itay, der ein Enkel von Holocaust-Überlebenden aus Bad Reichenhall mütterlicherseits ist, in einem offenen Brief in der »Bild«-Zeitung direkt an Friedrich Merz.

Darin äußert sich das Ehepaar seine große Irritation darüber, dass Deutschland ein Waffenembargo gegen Israel verhängt hat. »Wir waren überrascht, dass Sie die deutsche Politik geändert haben, und fragen uns, wie diese Maßnahme zur Freilassung von Itay und den anderen sechs deutschen Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden, beitragen soll«, heißt es in dem Brief.

Kontraproduktives Treffen

Es ginge nicht darum, ob sie »das Vorgehen der israelischen Regierung für richtig halten«. Doch das Ehepaar frage sich, wie Deutschland helfen könne, eine aktivere Rolle bei der Freilassung seiner sieben deutschen Staatsbürger zu spielen.

Seit fast zwei Jahren reisen Ruby und Hagit Chen um die Welt, um sich mit aller Kraft für die Freilassung der Geiseln einzusetzen. Vor kurzem hat Ruby Chen den deutschen Außenminister Johann Wadephul (CDU) bei dessen Israel-Besuch getroffen und ihm gesagt, dass sich Deutschland an den Verhandlungen zur Freilassung der deutschen Geiseln beteiligen müsse.

Nun schreibt er zusammen mit seiner Frau an den Bundeskanzler: »Ich kann nicht beurteilen, ob dies eine richtige politische Entscheidung war, da ich kein Politiker bin. Ich weiß nur, wie ich mich gefühlt habe – nur zehn Tage nach meinem Treffen mit Außenminister Wadephul in Israel und nach meinem Besuch in Berlin letzte Woche, wo wir zu Gast beim Innenministerium und beim Finanzministerium waren. Es schien uns kontraproduktiv für die Freilassung der Geiseln.«

Andere Länder machen mehr

Ruby und Hagit Chen richten klare Worte an den Bundeskanzler, wenn sie sagen, dass sie, »die Angehörigen der Geiseln, möglicherweise zu Kollateralschäden der Politik geworden sind«. Die Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln seien nach 22 Monaten noch nicht abgeschlossen. Beide würden leiden, die Familien der Geiseln und die Menschen in Gaza, es gehe nicht darum, wer mehr leidet.

Doch Deutschland habe versagt, denn obwohl deutsche Staatsbürger ermordet oder entführt worden seien, sei das Schicksal der deutschen Opfer in Deutschland nie wirklich thematisiert worden. Bereits die Regierung Scholz habe dies nie aufs Tapet gebracht. »Andere Länder wie Russland und Frankreich haben ihre Geiseln erfolgreich befreit, Deutschland jedoch nicht«, so Ruby und Hagit Chen.

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Dennoch hätte das Ehepaar, das mit den anderen Familien unermüdlich dafür kämpft, ihre Angehörigen zurückzubekommen, die Hoffnung nicht aufgegeben: »Wir glauben, dass es angesichts des jüngsten Scheiterns der Verhandlungen eine Chance für Deutschland gibt, sich aktiver an den Verhandlungen zu beteiligen.«

Fragen an Friedrich Merz

Sie konfrontieren Merz folgenden Fragen: Warum sich Deutschland nicht an den US-Sanktionen gegen Organisationen beteiligt habe, die den militärischen Arm der Hamas unterstützen. Wo der politische und wirtschaftliche Einfluss, den Deutschland auf die Verhandlungsführer Katar und Ägypten ausüben könne, bliebe.

Genauso wo der Druck Deutschlands auf seinen Partner Türkei bleibe, der als Finanzdrehscheibe für die Hamas eine Schlüsselrolle spiele, damit diese weiterhin ihre Militanten im Gazastreifen bezahlen und die Geiseln festhalten könne. Was außerdem die deutsche Regierung unternehme, um die deutsche Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, dass hier deutsche Staatsbürger Opfer von Terrorismus sind.

Das Ehepaar Chen schließt den Brief mit folgender Aufforderung: »Herr Merz, tun Sie das Richtige!« und appellieren an den Bundeskanzler als Politiker, als Vater und als Großvater.

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