Gaza

Geisel Elkana Bohbot muss Telefonat mit seiner Familie vortäuschen

Die Geisel Elkana Bohbot in dem verstörenden Video der Hamas. Foto: Screenshot

Es sind furchtbare Aufnahmen, die das Leid der Geisel nur erahnen und den Zuschauern das Blut in den Adern gefrieren lassen. Am Samstag veröffentlichte die Hamas in Gaza ein neues Propagandavideo des verschleppten Israelis Elkana Bohbot. Darin muss er, offensichtlich von der Terrororganisation diktiert, vorgeben, dass er mit seiner Familie telefoniert.  

In einer besonders grauenvollen Szene tut er so, als würde er seinen Sohn ans Telefon holen lassen und »sagt« ihm dann, er erinnere sich daran, »dass du schon bald fünf Jahre wirst«, bevor er weinend zusammenbricht.

Das Filmmaterial wurde 561 Tage nach Bohbots Entführung vom Nova-Festival am 7. Oktober veröffentlicht und nur zwei Tage, nachdem die Hamas einen israelischen Vorschlag für einen Waffenstillstand und ein Geiselabkommen abgelehnt hatte.

Am Donnerstag gab die radikal-islamistische Gruppe offiziell bekannt, dass sie den neuen Vorschlag Israels nicht annehmen werde. Sie bezeichnete ihn als »Teilabkommen, das der politischen Agenda von Premierminister Benjamin Netanjahu dienen« solle. Der hochrangige Hamas-Vertreter Khalil Al-Haiya bekräftigte die Forderung der Terrorgruppe nach einem umfassenden Abkommen, das die Freilassung aller Geiseln im Austausch gegen eine vereinbarte Anzahl palästinensischer Gefangener, einen vollständigen israelischen Rückzug aus Gaza und den Beginn der Wiederaufbaubemühungen beinhaltet.

Elkana ist allein in diesem Video zu sehen

In einem der vorherigen Videos war Bohbot neben einer weiteren Geisel, Yosef-Chaim Ohana (24), zu sehen. In dem vom Samstag ist der 36-Jährige allein. Bohbot »erzählt« in dieser Aufnahme seiner Frau und seinem Sohn, wie sehr er sich danach sehnt, nach Hause zurückzukehren. Er bricht immer wieder in Tränen aus und wirkt verzweifelt. Sein Kopf ist kahlgeschoren. Es scheint, als würde er in einem dunklen Raum festgehalten. Wahrscheinlich handelt es sich um einen der berüchtigten Hamas-Tunnel, in denen viele der Geiseln gequält wurden - und noch werden.

Die unfassbar zynische Inszenierung eines Menschen, der seit fast eineinhalb Jahren wahrscheinlich in einem Tunnel unterhalb der Erde festgehalten wird, ist eine neue Qualität an Grausamkeit der Propagandavideos der Terrorgruppe. Allerdings sind diese Aufnahmen, so schrecklich sie auch sind, für die Familien gleichzeitig Lebenszeichen ihrer Liebsten.

Elkana bittet seine Familie auch, sich weiterhin für seine Freilassung einzusetzen. »Tut weiterhin alles für mich!«, fleht er und fügt hinzu, er habe »an den Staat, an die Regierung, einfach an alle« appelliert, um zu erwirken, dass er endlich freikommt.

»Ich habe mich auch an die israelische Armee gewandt. Und ich habe gehört, dass sie Petitionen unterschreiben, um den Krieg zu beenden und uns in Freiheit zu bringen«, berichtete Elkana weiter in der sicherlich von der Hamas inszenierten und dennoch zutiefst erschütternden Szene. Die Geisel bezieht sich darin auf eine Welle offener Briefe von Reservisten der IDF, in denen sie ein Ende des Krieges in Gaza fordern. »Das ist gut, macht weiter so«, fügt er hinzu. »Ihr schert euch mehr um die Menschen als die Regierung.«

Schließlich fordert Bohbot seinen Bruder auf, US-Präsident Donald Trump um seine Freilassung zu bitten. Er sei nicht bei guter Gesundheit, »und ich habe große Angst, in Gaza zu sterben«, schließt er.

Nach Angaben israelischer Behörden werden noch immer 59 Geiseln in Gaza festgehalten. 24 von ihnen sollen am Leben sein. Bei 20 wurde der Status durch Lebenszeichenvideos oder Nachrichten von freigelassenen Geiseln bestätigt.

Elkanas Angehörige: »Am Ende des Pessachfestes erleben wir das genaue Gegenteil von Freiheit.«

Bohbots Familie genehmigte die Veröffentlichung des Videos und fügte in einer Erklärung hinzu: »Am Ende des Pessachfestes erleben wir das genaue Gegenteil von Freiheit. Wir rufen alle, die daran beteiligt sind, dazu auf, die Geiseln jetzt nach Hause zu bringen und ihrem Leiden, dem unserer Familien und dem Leiden des gesamten jüdischen Volkes auf der ganzen Welt ein Ende zu setzen.«

Anschließend fand am Samstagabend auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv die wöchentliche Kundgebung der Angehörigen und Unterstützer unter dem Motto »Nur noch ein Herzschlag« statt. Das Forum der Familien von Geiseln rief die Öffentlichkeit dazu auf, sich den Demonstrationen anzuschließen, und forderte von den Entscheidungsträgern, »alle Geiseln nach Hause zu bringen – die Lebenden zur Rehabilitation, die Verstorbenen zur Beerdigung«.

Rechtsextremer Minister hält Geiseln nicht für »das Wichtigste«

»Die Hamas kann nicht besiegt werden, solange sie auch nur eine einzige Geisel festhält. Das Volk wählt die Geiseln. Dies steht über der Politik, über allen Spaltungen«, so das Forum weiter. »Die Geschichte wird sich daran erinnern, wer schweigend dasaß und wer aufstand und handelte.«

Am Montag hatte Finanzminister Bezalel Smotrich durch ein Interview für Aufregung und Wut unter den Angehörigen der Verschleppten und für Kritik der Opposition und sogar der Regierungskoalition gesorgt. Dem Radiosender Galei Israel sagte der rechtsextreme Minister: »Wir müssen die Wahrheit sagen: Die Rückführung der Geiseln ist nicht das Wichtigste.« Weiter forderte er von Premierminister Benjamin Netanjahu die Wiederbesiedlung des Gazastreifens durch jüdische Siedler.

Das Familienforum reagierte mit den Worten: »Der Minister enthüllt der Öffentlichkeit zumindest die harte Wahrheit: Diese Regierung hat sich bewusst entschieden, die Geiseln aufzugeben. Smotrich – die Geschichte wird sich daran erinnern, wie du dein Herz vor deinen gefangenen Brüdern und Schwestern verschlossen hast und sie nicht retten willst.«

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