Gaza/Israel/USA

Gantz: Militäroperation in Rafah, falls Geiseln nicht freikommen

Benny Gantz Foto: copyright (c) Flash90 2023

Die internationale Besorgnis über die drohende israelische Bodenoffensive in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens wächst. Am Dienstag wird im Weltsicherheitsrat die Abstimmung über eine von Algerien eingebrachte Beschlussvorlage erwartet, in der eine sofortige Waffenruhe gefordert wird.

Sollten die USA als Israels Verbündeter wie angekündigt ein Veto einlegen, müssten sie »die Verantwortung für alles übernehmen, was danach passiert«, sagte ein Diplomat. »Wenn Rafah passiert, gibt es kein Zurück.«

Israelische Politiker haben hingegen immer wieder deutlich gemacht, dass die Hamas für die Bodenoffensive im Gazastreifen verantwortlich ist. Die Terrororganisation hat Israel mit den Massakern vom 7. Oktober den Krieg erklärt. Würden die Terroristen die Geiseln freilassen und sich ergeben, wäre der Krieg vorbei.

Israel will die Offensive in Rafah starten, wenn die über 100 Geiseln, die sich weiterhin in der Gewalt der palästinensischen Terrororganisation Hamas befinden, nicht freigelassen werden. Zuvor soll die Zivilbevölkerung in Zeltstädte evakuiert werden.

Gantz zu Geiseln

Benny Gantz, Minister in Israels Kriegskabinett, hatte am Sonntag deutlich gemacht: »Die Welt muss wissen, und die Hamas-Führer müssen wissen, dass die Kämpfe weitergehen und sich auf Rafah ausweiten werden, wenn unsere Geiseln bis zum Ramadan nicht zu Hause sind«. Ob die internationalen Vermittler bis zum Beginn des muslimischen Fastenmonats am 10. März eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln aushandeln können, ist jedoch ungewiss.

Auch die USA als Israels Verbündeter stehen damit unter wachsendem Druck. Washington hatte in den vergangenen Tagen versucht, eine Abstimmung über den algerischen Resolutionstext zu verhindern - eigenen Angaben zufolge, um die Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas nicht zu gefährden. Washington könnte es aber auch darum gehen, bei der zunehmend kritisierten Kriegsführung Israels nicht als Wegbereiter gesehen zu werden.

In einem eigenen Resolutionsentwurf heißt es mit Blick auf Rafah, dass »eine derart große Bodenoffensive unter den gegenwärtigen Umständen nicht durchgeführt werden« sollte. Es brauche eine »vorübergehende Waffenruhe in Gaza so bald wie möglich«. Der Text, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, deutet auf eine weitere Distanzierung der USA vom israelischen Militäreinsatz im Süden des Gazastreifens hin. Abgestimmt wird über den amerikanischen Text im Weltsicherheitsrat jedoch zunächst nicht.

EU-Außenminister fordern Feuerpause

Deutschland und 25 andere EU-Staaten fordern eine sofortige humanitäre Feuerpause. Diese soll zu einem nachhaltigen Waffenstillstand, zur bedingungslosen Freilassung der Geiseln und zur Bereitstellung von humanitärer Hilfe führen, wie aus einer am Montagabend nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel veröffentlichten Erklärung hervorgeht.

Als Hintergrund der Forderung wird auch die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes vom 26. Januar genannt, mit der Israel völkerrechtlich verbindlich aufgetragen wurde, alles zu tun, um einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern. Die Außenministerinnen und Außenminister riefen Israel außerdem auf, in Rafah keine militärischen Maßnahmen zu ergreifen, die die bereits katastrophale humanitäre Lage verschlimmern und die dringend benötigte Bereitstellung einer Grundversorgung und humanitärer Hilfe verhindern würden.

Seit Beginn des Krieges, in den Israel von der Hamas hineingezogen wurde, hat Israel versucht, Opfer unter Zivilisten in Gaza zu vermeiden. Bewohner werden jeweils vor Angriffen auf ihr Gebäude oder ihre Nachbarschaft gewarnt - durch Anrufe, SMS-Nachrichten oder Flugblätter. Fluchtrouten werden eingerichtet. In Zusammenhang mit der geplanten Offensive in Rafah schlägt Israel die Errichtung von Zeltstädten für Zivilisten vor, um sie zu schützen.

IDF wollen Kriegskabinett Einsatzplan vorlegen

In Rafah bereitet sich die israelische Armee auf ein Einrücken vor, um die verbliebenen Hamas-Bataillone zu zerschlagen und dort vermutete Geiseln zu befreien. Die israelische Regierung hat aber diesbezüglich noch keinen Einsatzbefehl erteilt.

Israels Armee wolle dem Kriegskabinett in dieser Woche einen ausgearbeiteten Einsatzplan vorlegen, berichtete die Nachrichtenseite »Axios« in der Nacht zum Dienstag unter Berufung auf israelische Beamte. Vor dem Beginn einer Bodenoffensive soll nach den Worten von Regierungschef Benjamin Netanjahu den Zivilisten in den Kampfgebieten ermöglicht werden, sich in sichere Gegenden zu begeben.

Der Nahost-Koordinator von US-Präsident Joe Biden, Brett McGurk, werde in dieser Woche in Israel und Ägypten erwartet, um Gespräche über die mögliche israelische Militäroperation in Rafah und die Bemühungen um die Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas zu führen, berichtete »Axios« in der Nacht zum Dienstag unter Berufung auf drei israelische und US-amerikanische Beamte.

Warnung von Biden

US-Präsident Joe Biden hatte Israel zuvor mit deutlichen Worten gewarnt, eine Militäroperation in Rafah dürfe »nicht ohne einen glaubwürdigen und durchführbaren Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung der Zivilbevölkerung in Rafah stattfinden«. Es müsse »einen vorübergehenden Waffenstillstand« geben, um die Geiseln zu befreien. Er erwarte, »dass die Israelis in der Zwischenzeit keine massive Bodenoffensive durchführen werden«.

Netanjahu betonte am Wochenende, man werde sich dem internationalen Druck nicht beugen: »Wer uns an dem Einsatz in Rafah hindern will, sagt uns letztlich ›Verliert den Krieg‹«, so Netanjahu.

In Bezug auf die Frage nach einer Zweistaatenlösung nach Ende des Krieges betonte der Ministerpräsident am Montagabend in einer Video-Botschaft ebenfalls seine Haltung. Auch im Falle einer Einigung mit den Palästinensern beanspruche Israel die umfassende militärische Kontrolle über alle palästinensischen Gebiete. »In jedem Fall, mit oder ohne dauerhafte Lösung: Israel wird die vollständige Sicherheitskontrolle über alle Gebiete westlich des Jordans beibehalten«, sagte Netanjahu. Dies schließe »selbstverständlich« das Westjordanland und den Gazastreifen ein. »Jeder weiß, dass ich es war, der seit Jahrzehnten die Gründung eines palästinensischen Staates, der unsere Existenz bedrohen würde, blockiert hat«, sagte Netanjahu.

Friedliches Nebeneinander?

Die USA als Israels Verbündeter machen sich zunehmend für die Zweistaatenlösung stark, die ein friedliches Nebeneinander von Israel und einem künftigen palästinensischen Staat vorsieht. Dieser soll sich weitgehend auf den von Israel seit dem Sechstagekrieg im Jahr 1967 besetzten palästinensischen Gebieten erstrecken, also dem Westjordanland, Ost-Jerusalem und dem Gazastreifen.

Allerdings haben die Palästinenserführer Arafat und Abbas entsprechende Angebote, die ihnen in den Jahren 2000 und 2008 unterbreitet wurden, abgelehnt. Weder die Hamas, die bisher den Gazastreifen kontrolliert hat, noch die Palästinensische Autonomiebehörde, die Terroristen mit Gehältern unterstützt, und sich weigert, Israel anzuerkennen, will ein friedliches Nebeneinander.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen in Israel ermordet und 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. dpa/ja

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