Israel

Gantz gibt Mandat zur Bildung von Regierung zurück

Blau-Weiß-Parteichef Benny Gantz Foto: imago/ZUMA Press

Benny Gantz vom oppositionellen Mitte-Bündnis Blau-Weiß gibt das Mandat zur Regierungsbildung in Israel an Präsident Reuven Rivlin zurück. Gantz habe Rivlin darüber informiert, dass er keine Regierung bilden könne, teilte Blau-Weiß am Mittwoch mit.

Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für eine dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres. Vor Gantz war bereits der rechtskonservative Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dem Anklagen in drei Korruptionsfällen drohen, bei dem Versuch der Regierungsbildung gescheitert.

MEHRHEIT Nach Gantz‹ Rückgabe des Mandates kann nun jeder Abgeordnete versuchen, eine Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier für eine Regierungskoalition zu suchen. Scheitert auch dies innerhalb der nächsten 21 Tage, droht Israel eine dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres.

Bemühungen um die Bildung einer großen Koalition von Blau-Weiß und Likud hatten zuvor nicht gefruchtet.

Dann würde das Parlament automatisch aufgelöst werden. Innerhalb von 90 Tagen müsste dann regulär eine Neuwahl angesetzt werden. Sie könnte nach Medienberichten in der ersten Märzhälfte stattfinden.

Netanjahu (Likud) war bereits im April nach der vorangegangenen Parlamentswahl bei der Regierungsbildung gescheitert. Er war seit 2009 durchgängig im Amt.

Bemühungen um die Bildung einer großen Koalition von Blau-Weiß und Likud hatten zuvor nicht gefruchtet. Netanjahu bestand darauf, mit einem ganzen Block rechter und religiöser Parteien in das Bündnis einzutreten. Gantz hat sich jedoch zur Bildung einer liberalen, säkularen Koalition verpflichtet und lehnte auch ein Bündnis mit Netanjahu als Regierungschef ab, weil diesem Anklagen in drei Korruptionsfällen drohen.

Die Regierungsbildung gestaltet sich so schwierig, weil weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager über eine Mehrheit verfügte.

ARABER Als weitere Option wurde die Bildung einer Minderheitsregierung gehandelt - Blau-Weiß mit linksliberalen Fraktionen und der Unterstützung der Vereinigten Arabischen Liste von außen. Doch dafür wäre Gantz auch auf Avigdor Lieberman von der ultrarechten Partei Israel Beitenu angewiesen gewesen. Dieser galt als Königsmacher, erklärte aber am Mittwochmittag, weder eine Minderheitsregierung zu unterstützen, noch eine rechts-religiöse Koalition mit einer knappen Mehrheit.

Die Regierungsbildung gestaltet sich so schwierig, weil weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager über eine Mehrheit verfügte. Rivlin sprach sich für eine Einheitsregierung mit Likud und Blau-Weiß aus.

Blau-Weiß war mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl am 17. September hervorgegangen. Der Likud kam auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt jedoch 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten, Gantz eine Stimme weniger.

Eine Entscheidung des Generalstaatsanwaltes im Fall Netanjahu wird bis spätestens Ende des Jahres erwartet.

Juval Schani vom Israelischen Demokratie-Institut hält auch während der nun beginnenden Frist von drei Wochen eine große Koalition für das wahrscheinlichste Ergebnis. Der entscheidende Streitpunkt zwischen Netanjahu und Gantz sei offenbar die Frage gewesen, wer bei einer Rotation als erstes Regierungschef werden würde und wer als zweites – und was im Falle einer Anklage Netanjahus passieren würde. »Wenn sie es schaffen, sich in dem Punkt zu einigen, dann könnte es vorwärts gehen.«

UMFRAGE Nach einer aktuellen Umfrage würde eine erneute Wahl letztlich fast das gleiche Ergebnis bringen. Wie die Gratiszeitung »Israel Hajom«, die als regierungsnah gilt, am Freitag berichtete, würde Blau-Weiß erneut auf 33 Mandate kommen. Der Likud würde um ein Mandat absinken auf 31, die Arabische Liste würde erneut 13 Sitze erhalten und Israel Beitenu mit 9 einen Sitz mehr.

Unklar war, wie mögliche Anklagen in den drei Korruptionsfällen die politische Zukunft Netanjahus beeinflussen könnten. Es geht um Vorwürfe von Bestechlichkeit, Betrug und Untreue.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Nach Medienberichten will Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit in den kommenden Tagen mitteilen, ob er Netanjahu anklagen will oder nicht - möglicherweise sogar schon an diesem Donnerstag. Juval Schani verweist darauf, dass Mandelblit in diesem Fall die Anklage der Knesset vorlegen müsse. Dann blieben Netanjahu wiederum regulär 30 Tage Zeit, um Immunität vor Strafverfolgung zu beantragen.

IMMUNITÄT Ohne funktionierende Regierung gebe es allerdings auch kein funktionierendes Parlament, sagt Schani. Ohne funktionierendes Parlament könne es wiederum keine Entscheidung über eine Immunität Netanjahus geben – und keinen Prozess. Dies sei die gängige juristische Meinung dazu. Netanjahu müsse im Falle einer Anklage dem Gesetz nach als Ministerpräsident nicht zurücktreten, sagt Schani.

Allerdings sei die rechtliche Situation unklar bezüglich eines Übergangsministerpräsidenten - oder in dem Fall, dass Netanjahu das Mandat zur Regierungsbildung erhalten solle, obgleich ihn der Generalstaatsanwalt bereits anklagen wolle.

Jom Haschoa

Wer ist dein »Holocaust-Held«?

Yad Vashem will mit digitaler Gedenk-Initiative in den sozialen Netzwerken auch junge Leute erreichen

von Sabine Brandes  05.05.2024

Netflix

Yalla, Beitar!

In der neuen israelischen Serie »Bros« gehen zwei Jerusalemer Fußballfans durch dick und dünn

von Ayala Goldmann  05.05.2024

Gazastreifen

Netanjahu will Krieg fortsetzen, bis alle Ziele erreicht sind

Die israelische Regierung will die Hamas zerstören und alle Geiseln aus der Gewalt der Terroristen befreien

 05.05.2024

"Tsunami des Hasses"

Antisemitismus nimmt weltweit stark zu

Schockierender Anstieg: Tel Aviv Universität und Anti-Defamation League veröffentlichen Antisemitismusbericht 2023

von Sabine Brandes  05.05.2024

Gazastreifen

Israelisches Militär schaltet Hamas-Kommandeur aus

Der Mann sei für die Massaker vom 7. Oktober mitverantwortlich

 05.05.2024

Bodenoffensive in Rafah

Israel soll Hamas Geisel-Ultimatum gestellt haben

Sollten die Terroristen der Hamas nicht innerhalb von einer Woche einem Deal zustimmen, werde Israel seine Offensive auf die Terroristen-Hochburg in Rafah beginnen

 05.05.2024

Tel Aviv

Tausende demonstrieren für Geiseldeal

Die Teilnehmer warfen Ministerpräsident Netanjahu vor, die Verhandlungen zu torpedieren

 04.05.2024

Geiseldeal

Israel schickt erst nach Hamas-Antwort eine Delegation nach Kairo

Die Terroristen der Hamas fordern einen vollständigen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen

 04.05.2024

Elyakim Libman

Opfer des Hamas-Massakers tot auf israelischem Gebiet gefunden

Da seine Leiche erst jetzt gefunden wurde, war man bislang davon ausgegangen, dass ihn die Terroristen als Geisel in den Gazastreifen verschleppt hatten

 03.05.2024