Ella Ben Amit steht in kurzen Boxershorts auf der Straße. Neben ihr ein Schild: »Fragt nicht, ob mir kalt ist. Meinem Vater ist viel kälter als mir.« Der Vater der jungen Frau ist Ohad Ben Ami aus dem Kibbutz Be’eri. Am 7. Oktober wurden er und seine Frau Raz nach Gaza entführt. Ohad trug nur Unterwäsche, als ihn die Terroristen mit sich mitrissen. Vor zwei Wochen wurde Raz befreit, der Familienvater ist noch immer in der Gewalt der Hamas. Jetzt flehen die Angehörigen verzweifelt um seine Freilassung.
Auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv wird aller Geiseln gedacht, die noch in Gaza sind - Frauen, Männern und den zwei Bibas-Kindern: Ariel, 4, und Kfir, zehn Monate alt. Am Mittwochabend verbreitete sich hier eine Nachricht wie ein Lauffeuer: Das Kabinett in Jerusalem habe einen Vorschlag des Mossad-Chefs David Barnea, nach Katar zu reisen, abgelehnt. Dort habe er an einem neuen Geisel-Deal arbeiten wollen, um weitere Gekidnappte zu befreien.
Es sind noch immer mehr als 130 Menschen in der Gewalt der Terrororganisation. Unklar ist allerdings, wie viele von ihnen noch am Leben sind. Im späten November waren an mehreren Tagen insgesamt 105 zivile Geiseln in einer von Katar und den USA vermittelten Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas im Austausch für palästinensische Gefangene freigekommen.
Angehörige der Familien sind schockiert
Die Familien zeigten sich »völlig schockiert« und fordern vom Premierminister und den Kabinettsmitgliedern eine sofortige Erklärung und eine Neuaufnahme der festgefahrenen Verhandlungen. Zu dieser Ankündigung kommt die Missachtung der Bitte der Eltern um ein Treffen mit dem Premierminister und dem Verteidigungsminister.
»Wir haben das Gefühl, dass jeden Abend ein russisches Roulette der Ermordung von Geiseln stattfindet.«
Familienforum
»Wir haben das Gefühl, dass jeden Abend ein russisches Roulette der Ermordung von Geiseln in Hamas-Gefangenschaft stattfindet. Wir haben die Gleichgültigkeit und den Stillstand satt«, hieß es in einer Stellungnahme des Forums der Familienangehörigen der Vermissten und Gekidnappten.
Der Fernsehkanal 13 berichtete am Mittwochabend, dass sich das Kriegskabinett, das die Operation gegen die Hamas nach deren Schockangriff in Israel am 7. Oktober leitet, über die Fortführung der Gespräche über ein neues Geiselabkommen uneinig sei.
Laut dem Bericht befürwortet Kriegskabinettsminister Benny Gantz vom Bündnis Nationale Einheit eine israelische Initiative zu neuen Geiselgesprächen, während Premier Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant meinen, Israel solle auf ein Signal der Hamas warten, dass diese infolge des militärischen Drucks an einem weiteren Deal interessiert ist.
Israel wendet sich Berichten zufolge an Ägypten
Die katarische Zeitung Al-Araby Al-Jadeed berichtete, dass Israel sich ägyptischen Quellen zufolge an Ägypten gewandt habe, um einen neuen Deal mit der Hamas über die Freilassung von Geiseln im Austausch für einen Waffenstillstand auszuhandeln. Ein Mitglied des Politbüros der Hamas, Bassem Naim, antwortete der Zeitung, die offizielle Position der Organisation sei, dass es keine Verhandlungen über ein Abkommen geben werde, solange die Kämpfe andauern.
Andere palästinensische Quellen bestätigten jedoch in israelischen Medien, dass es informelle Kontakte gebe, um einen Entwurf für ein neues Abkommen zu formulieren, hauptsächlich mit Katar und Ägypten. Allerdings sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts ausgereift.