Krieg in Israel

Familien deutscher Hamas-Geiseln bangen um ihre Angehörigen

Angehörige demonstrieren in Tel Aviv für die Befreiung ihrer entführten Familienmitglieder Foto: copyright (c) Flash90 2023

Unter den Entführungsopfern der islamistischen Terrorgruppe Hamas sind auch deutsche Staatsangehörige. Ihre Familien forderten beim Israel-Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock am Freitag ein schnelles und energisches Handeln der Bundesregierung. Im südisraelischen Netivot trafen zwei Betroffene mit der Ministerin zusammen. Nach Angaben des israelischen Präsidenten Issac Herzog von Donnerstag gelten sieben Deutsche weiter als vermisst. Am Sonntagabend sagte Baerbock in der ARD, derzeit gebe es keinen Kontakt zu deutschen Geiseln.

»Deutschland muss all seine Mittel nutzen, um bei der Freilassung der Geiseln zu helfen«, sagt Joni Ascher auf Anfrage. Seine Frau Doron (34), seine beiden Töchter Aviv (2) und Raz (5), seine Schwiegermutter Efrat und ihr Partner Gadi sind seit 7. Oktober vermisst. Seither lebe er »von Sekunde zu Sekunde, von Gedanken zu Gedanken und verliere die Hoffnung«.

Dramatische Geiselnahme

Joni Ascher schildert den Morgen, als er zum letzten Mal Kontakt zu seiner Frau hatte. »Meine Frau war mit den Kindern in Nir Oz, um ihre Mutter zu besuchen. Am Morgen rief sie mich an und flüsterte, sie höre Schüsse und dass Personen ins Haus eindringen. Wir wurden unterbrochen - und das war der letzte Anruf.« Die braunen Augen mit tiefen Ringen halten kaum den Blickkontakt. Auf einem von der Hamas veröffentlichten Video erkannte Ascher seine Familie. Es zeigt sie mit zwei Terroristen.

Außenministerin Annalena Baerbock traf sich in Israel mit Angehörigen der EntführtenFoto: picture alliance / photothek

Weitere Informationen gibt es nicht - obwohl er seither ruhelos versucht, irgendetwas über ihren Verbleib herauszufinden. »Zeit ist ein kritischer Faktor. Mit jedem Tag steigt die Gefahr, dass sie verletzt werden. Meine Frau und eine meiner Töchter brauchen ihre Medikamente.« Die Bundesregierung, fordert Joni Ascher, »muss handeln, und zwar schnell«.

»Das deutsche Volk hat Verantwortung für uns. Wir wollen jetzt sehen, dass das passiert«, sagt auch Gili Roman. Seine Schwester Jarden wird seit Samstag vermisst und wurde mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls in den Gazastreifen entführt. »Wir haben ein deutsches Erbe. Es ist kein Zufall, dass wir deutsche Staatsbürger sind«, so Roman. Deutschland müsse »Taten vor Ort zeigen«, so wie es die USA und Großbritannien bereits täten.

Jarden war mit ihrem Mann Alon und dem dreijährigen Sohn Gefen zu Besuch bei ihrer Schwiegerfamilie im Kibbutz Beeri an der Grenze zum Gazastreifen, wo sie nach Schilderungen ihres Bruders aus dem Haus entführt wurden. »Sie hat sich heldenhaft verhalten. Sie ist aus dem fahrenden Auto der Terroristen entkommen, mit Gefen in ihren Armen.« Dann habe sie das Kind ihrem Mann in die Arme gedrückt, in der Hoffnung, dass er schneller laufen und sich retten könne.

Alon und Gefen überlebten. Von Jarden fehlt seither jede Spur. Intensive Suchaktionen mit Sondereinheiten ergaben keinen Hinweis - »aber wir haben auch kein Blut und keine Leiche gefunden«, so Roman. Er geht davon aus, dass die Terroristen seine Schwester auf der Flucht ein zweites Mal entführten.

»Die Geschichte meiner Schwester ist die Geschichte, die ich mein ganzes Leben als jüdisches Erbe gehört habe«, sagt Gili Roman. Dies müsse ein für allemal gestoppt werden; »niemals wieder«, die beiden Worte, die nach dem Holocaust zum klaren Bekenntnis gegen Faschismus und Antisemitismus geworden sind.

Angehörige der Geiseln hoffen auf Regierungen

Gili Romans Stimme bricht, als er über die unvorstellbare Sorge um seine Schwester spricht. Seit Tagen setzt Israels Armee ihren Kampf gegen die Hamas mit Luftschlägen und seit Freitag auch mit Razzien im Gazastreifen fort. Er habe die Truppen vor Ort gesehen und vertraue ihrem Urteil, sagt Roman. Er wolle auch der israelischen Regierung vertrauen, dass sie das Leben der Geiseln bei ihren Entscheidungen mit berücksichtigt.

Baerbock appellierte am Freitag »nicht nur als deutsche Außenministerin, sondern auch als Mensch und Mutter« an die Hamas und ihre Verbündeten, die Unschuldigen freizulassen. Auch Gili Roman fordert die Freilassung aller Geiseln, nicht nur seiner Schwester. Bestimmt sagt er: »Ich bin überzeugt, dass wir uns an einem historischen Ort und in einem historischen Moment befinden, in dem wir die Möglichkeit haben, das Richtige zu tun.«

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  05.12.2025

Barcelona

Guinness World Records blockiert Bewerbungen aus Israel

Die israelische NGO Matnat Chaim will im kommenden Monat 2000 Nierenspender zusammenbringen. Dieser Rekord wird nicht registriert, da er im jüdischen Staat umgesetzt werden soll

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bezeichnet Korruptionsprozess als »politisch«

»Sie sind nicht an Gerechtigkeit interessiert, sie sind daran interessiert, mich aus dem Amt zu drängen«, so der Ministerpräsident

 05.12.2025

Luftfahrt

EasyJet plant Rückkehr nach Israel

Im Frühling geht es mit zunächst drei Verbindungen zwischen europäischen Städten und dem Ben-Gurion-Flughafen los

 05.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann schwieg bislang zur scharfen Kritik. Doch jetzt reagiert die ARD-Journalistin auf die Vorwürfe

 04.12.2025

Die letzte Geisel in Gaza

»Er ging als Erster – er kommt als Letzter zurück«

Ran Gvili war ein Polizist einer Eliteeinheit, der trotz gebrochener Schulter in den Kampf zog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Prozess

Bitte um Gnade

Premierminister Netanjahu wendet sich überraschend an Staatspräsident Herzog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025