Israel

Faktencheck: Schützt die Impfung weder vor Infektion noch vor schwerer Erkrankung oder Tod?

Foto: imago images/Science Photo Library

Israel

Faktencheck: Schützt die Impfung weder vor Infektion noch vor schwerer Erkrankung oder Tod?

Auf Facebook verbreitet sich das Zitat eines israelischen Mediziners – und sorgt für Verwirrung. Eine Einordnung

 15.02.2022 11:28 Uhr

Weil Israel in der Corona-Krise oft Vorreiter ist, werden Entwicklungen in dem kleinen Land genau beobachtet. Israel hat früh umfassend geimpft, auch Ablauf und Folgen von Infektionswellen und neuen Virus-Varianten sind dort früh zu erkennen. Im Februar 2022 verbreitet sich auf Facebook das Zitat eines israelischen Mediziners: »Im Moment sind 80 % unserer schweren Corona-Fälle vollständig geimpft. (...) Im Kontext von schweren Verläufen hat die Impfung also keinerlei Bedeutung.« User behaupten nun unter anderem: Die Impfung schütze weder vor Infektion, noch vor schwerer Erkrankung oder Tod (archiviert). Aber stimmt das?

Bewertung

Generelle Aussagen über die Wirkung der Impfung auf schwere Verläufe lassen sich aus dem Zitat nicht ableiten, da es sich nur auf die Lage in einer einzigen Klinik bezieht. Der Anteil der Geimpften an den schweren Verläufen ist im gesamten Land Israel deutlich geringer. Experten weltweit weisen immer wieder auf die Wirksamkeit der Corona-Impfung hin.

Fakten

Jacob Giris leitet die Abteilung für Innere Medizin und die Corona-Station am Sourasky Medical Center, auch als Ichilov-Krankenhaus bekannt. Im israelischen Fernsehen erklärte Giris, dass 80 Prozent der Patienten der Klinik mit einem schweren Corona-Verlauf geimpft seien - er bezieht sich also allein auf die Lage in dem Krankenhaus, in dem er arbeitet. Auf Anfrage der dpa hat Giris bestätigt, dass er sich nur auf die Patienten in seiner Klinik bezog. Von einer »Studie«, die für das ganze Land Gültigkeit hätte, ist nirgends die Rede.

Mit Blick auf ganz Israel sieht die Lage anders aus: Am 4. Februar 2022 etwa meldete die israelische Regierung 1138 Fälle von aktiven schweren Verläufen. 525 der Patienten waren geimpft - das entspricht nur rund 46 Prozent. Am 7. Februar 2022 meldete die Regierung noch 979 Menschen, die derzeit einen schweren Corona-Verlauf haben. Davon waren 478 geimpft - was in etwa einem Anteil von 49 Prozent entspricht. Der Rest war unvollständig oder gar nicht geimpft.

Tatsächlich können natürlich auch Geimpfte an Covid-19 erkranken. Sogenannte Impfdurchbrüche gibt es auch hierzulande immer wieder, wie das Robert Koch-Institut (RKI) erklärt. Auch andere Impfungen wie beispielsweise gegen Masern bieten keinen 100-prozentigen Impfschutz. Doch zeigen alle Corona-Impfstoffe nach Einschätzung des RKI eine hohe Wirksamkeit gegen schwere Krankheitsverläufe und damit auch gegen einen tödlichen Verlauf. Demnach müssen Menschen, die trotz Impfung an Covid-19 erkranken, nur selten im Krankenhaus behandelt werden.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommt zu der Bewertung, dass die Corona-Impfstoffe gut vor einer Ansteckung schützen und Impfdurchbrüche nur sehr selten mit schweren Krankheitsverläufen oder gar Todesfällen einhergehen.

Die Impfstoffe gegen das Coronavirus sind relativ neu. Deswegen ist noch nicht zweifelsfrei geklärt, wie lange die Wirksamkeit anhält. Derzeit laufen internationale Studien, die dies untersuchen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Impfungen experimentell oder unwirksam wären.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Geimpfte zwar weiterhin an Covid-19 erkranken und im schlimmsten Fall auch daran sterben können. In der Praxis zeigen Daten von Gesundheitsbehörden und Studien jedoch, dass eine Corona-Impfung das Risiko für schwere oder tödliche Verläufe deutlich senkt

In Israel sind derzeit (Stand: 10. Februar 2022) etwa 64 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, andere Länder haben deutlich höhere Impfquoten. Seit November erlebt Israel mit der Omikron-Variante seine fünfte Corona-Infektionswelle. Seit Beginn der Pandemie sind dort mehr als 9000 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Unklar ist noch, aus welchen Gründen genau die Fallzahlen in Israel während der Omikron-Welle so stark steigen. dpa

(Stand: 10.2.2022)

Links:

Post (archiviert)

Seite von Jacob Giris (archiviert)

Ausschnitt aus Fernsehen archiviert

Infos zur Booster-Impfung (archiviert)

Zum Krankenhaus (archiviert)

Nachricht zu Giris‹ Aussage (archiviert)

Angaben zu schweren Corona-Fällen am 4.2. (archiviert)

Angaben zu schweren Corona-Fällen am 7.2. (archiviert)

Zur Impfung in Israel (archiviert)

Impfquote in Israel (archiviert)

Robert-Koch-Institut zu Impfdurchbrüchen (archiviert)

Weltgesundheitsorganisation (archiviert)

Bericht über Omikron-Welle in Israel (1) (archiviert)

Bericht zur Omikron-Welle Anfang 2022 (2)(archiviert)

Debatte

Jüdischer Weltkongress verurteilt israelfeindlichen Weltkirchenrat

Es gibt reichlich Kritik an einer Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »Apartheid« vorgeworfen wird. Nun reagiert der Jüdische Weltkongress - und hat Fragen an die Kirchen

 11.07.2025

"Newsmax"-Interview

Netanjahu zu Hamas: Werden diese »Monster« besiegen

Die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen dauern an. Israels Ministerpräsident Netanjahu hofft, dass es dazu bald kommt. Vorerst aber geht der Kampf gegen den palästinensischen Terror weiter

 11.07.2025

Tel Aviv/Ramallah

Israeli stirbt bei Anschlag im Westjordanland

Seit Beginn des Krieges ist die Lage auch im Westjordanland extrem angespannt. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen und auch tödlichen Anschlägen auf Israelis

 11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Westjordanland

Israeli stirbt bei Terroranschlag

Der 22-jährige Sicherheitsmann wurde in der Nähe des Einkaufszentrums von Gusch Etzion von zwei Männern angegriffen

 10.07.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin lobt »konstruktiven Dialog« mit Israel

Die Außenbeauftragte Kaja Kallas hat in einer Erklärung Schritte zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen angekündigt

 10.07.2025

Nahost

Finanziert Katar den Wiederaufbau in Gaza?

Angeblich hat Israel grundsätzlich zugestimmt, dass Gelder aus dem Golfemirat bereitgestellt werden können

von Sabine Brandes  10.07.2025

Washington

Netanjahu: »Kein Geiseldeal um jeden Preis«

Von den 50 verschleppten Menschen in der Gewalt der Hamas sollen 20 noch am Leben sein

von Sabine Brandes  10.07.2025