Terror

»Es war eine immense Explosion«

Foto: Flash90

Es war Hauptverkehrszeit in Jerusalem, Erwachsene eilten zur Arbeit, Kinder in die Schulen. Plötzlich erschütterten Explosionen an zwei Bushaltestellen jäh die Normalität des frühen Mittwochmorgens. Im Abstand von einer halben Stunde detonierten zwei Sprengsätze am Eingang der Stadt.

Ein 16-jähriger Jeschiwastudent wurde dabei getötet, mehr als 20 Menschen verletzt. Die israelische Polizei sprach von einem mutmaßlichen palästinensischen Terroranschlag. Bis Redaktionsschluss am Mittwochmittag hatte sich noch niemand zu den Attacken bekannt, die Hamas im Gazastreifen lobte sie jedoch.

Einige der Opfer wurden in kritischem Zustand in Krankenhäuser in Jerusalem gebracht. Die Autobahn Nummer 1 in Richtung Westen war nach den Anschlägen für den Verkehr komplett gesperrt. Die Rettungsdienste von Magen David Adom erklärten, sie hätten um 7.06 Uhr einen Bericht über die erste Explosion erhalten. »Es war eine immense Explosion«, so einer der Sanitäter, Yosef Chaim Gabay. »Überall waren Schäden und Menschen mit schweren Wunden, die stark bluteten.«

Laut Erklärung der israelischen Polizei detonierten die Sprengsätze im Abstand von 30 Minuten an verschiedenen Bushaltestellen, einer in Givat Schaul, am Haupteingang zur Stadt, ein zweiter kurz nach 7.30 Uhr an der Ramot-Kreuzung, einem weiteren Eingang zu Jerusalem. Hier gab es nach Auskunft der Mediziner drei Leichtverletzte durch Granatsplitter.

ZAKA Yohanan Brent, ein Freiwilliger des Rettungsdienstes ZAKA, berichtete, dass er auf dem Weg zur Arbeit gewesen sei, als er neben der Bushaltestelle einen lauten Knall hörte. Es sei ein Wunder, dass hier nur drei Menschen leicht verletzt wurden, sagte er. »Ich und viele andere rannten einfach, als das Vorderteil des Busses zu explodieren schien. Es erinnerte mich an dunklere Tage.«

Israelische Medien berichteten, dass die Bomben wahrscheinlich ferngesteuert wurden und Nägel enthielten. Beide seien in Taschen verstaut gewesen. Ein hochrangiger Sicherheitsbeamter erläuterte, dass der Charakter der beiden Anschläge darauf hindeutet, dass eine beträchtliche Infrastruktur dahinterstand, einschließlich der Informationssicherung sowie der Beschaffung und Vorbereitung von Sprengstoffen.

»Dies ist eine Art von Angriff, die wir seit vielen Jahren nicht mehr gesehen haben«, sagte Polizeikommissar Kobi Shabtai an einem der Tatorte. Er forderte die Öffentlichkeit auf, auf verdächtige Taschen oder Pakete zu achten. Beamten durchkämmten derzeit die Stadt nach anderen Objekten. »Das Ziel ist es jetzt, die nächste Explosion zu verhindern«, führte er aus. »Das bedeutet, alle Kräfte zu bündeln, nicht nur hier, sondern auch in anderen Gebieten. Es könnte ein Terrorist sein, der beide Sprengsätze platziert hat, oder es könnten zwei sein. Alle Geheimdienste werden sich auf dieses Problem konzentrieren.«

Die Sprengsätze detonierten im Abstand von einer halben Stunde.
Die Explosionen ereigneten sich inmitten erhöhter Spannungen nach einer Vielzahl von palästinensischen Angriffen, bei denen seit Anfang des Jahres 29 Menschen getötet wurden. Im Frühjahr hatte die israelische Armee nach den Anschlägen eine große Anti-Terror-Offensive im Westjordanland begonnen. Dabei wurden Hunderte von verdächtigen Personen festgenommen und 130 Palästinenser getötet. Viele von ihnen, aber nicht alle, während der Durchführung von Angriffen oder bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften.

In der Jerusalemer Altstadt hatte es mehrere Messerattacken gegeben, im Oktober wurde eine israelische Soldatin von einem palästinensischen Terroristen erschossen, vor einigen Tagen tötete ein 19-jähriger Palästinenser drei Familienväter in der Stadt Ariel im Westjordanland. Bombenanschläge auf Busse und öffentliche Plätze waren ein Zeichen der Zweiten Intifada von 2000 bis 2005, ließen aber in den vergangenen 17 Jahren größtenteils nach, was Experten auf verstärkte Sicherheitsmaßnahmen, einschließlich der Barriere im Westjordanland, und eine umfassendere Geheimdienstarbeit zurückführen.

BÜRGERMEISTER Der Bürgermeister von Jerusalem, Moshe Lion, reagierte auf die Anschläge mit den Worten: »Die Stadt wird nicht zulassen, dass der Terror unsere Lebensweise stört.« Er hob auch hervor, dass es notwendig sei, »Milliarden von Schekel zu investieren, um die Bedingungen für die Bewohner Ost-Jerusalems zu verbessern und die Wege zu bekämpfen, die zum Terror führen«. Im Ostteil der Stadt leben viele arabische Einwohner.

Regierungsvertreter, darunter Verteidigungsminister Benny Gantz, besprachen sich nach dem Angriff mit dem Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, dem Armeechef sowie anderen hochrangigen Militär- und Polizeibeamten.

Ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte die Armee die Nachricht, dass der Leichnam eines jungen israelischen Mannes, der am Dienstag bei einem Autounfall in der Palästinenserstadt Dschenin schwer verletzt worden war, von bewaffneten palästinensischen Extremisten aus einem Krankenhaus in der Stadt entführt worden sei. Tiran Fero, ein 18-jähriger Druse aus Daliyat al-Karmel, wurde in lebensbedrohlichem Zustand in das Ibn-Sina-Krankenhaus eingeliefert. Seinen Freund, der bei dem Unfall schwer verwundet wurde, brachten palästinensische Sicherheitskräfte zu einem Kontrollpunkt der israelischen Armee. Von dort aus wurde er in ein Krankenhaus in Israel transportiert.

KRANKENHAUS Tirans Onkel, der nach eigenen Angaben bei seinem Neffen im Krankenhaus war, schilderte den grausamen Vorfall: »Eine Gruppe bewaffneter Männer kam ins Krankenhaus, sie feuerten mit Waffen in die Luft und schrien auf Arabisch. Niemand wagte es, sie aufzuhalten. Sie trennten Tiran von den lebenserhaltenden Maschinen und warfen ihn in ein Fahrzeug.«

Die Verdächtigen hätten sich den jungen Mann gegriffen, weil sie dachten, er sei ein israelischer Soldat, der undercover agierte, wird ein palästinensischer Beamter in der Zeitung »Haaretz« zitiert. Sie wollten dadurch palästinensische Gefangene in Israel freipressen. Tiran Fero war aber kein Soldat, sondern Schüler der 12. Klasse. Israelische Sicherheitskräfte bemühten sich am Mittwoch, den Leichnam des jungen Mannes an seine Familie zu überführen.

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