Unerträgliche zwei Jahre und einen Monat dauerte es, bis Itay Chen zurückkehrte. »Tag 760. Itay ist wieder zu Hause«, schrieb sein Vater Ruby Chen in einem Beitrag auf X in der traurigen Nacht, als die sterblichen Überreste seines 19-jährigen Kindes aus Gaza nach Israel überführt wurden.
Laut der Hamas sei Chens Leiche am Dienstag in Gaza-Stadt, östlich des Viertels Shujaiyeh, gefunden worden. Die Terrororganisation übergab sie dem Roten Kreuz, das sie anschließend an die israelische Armee weiterleitete. Es war ein Moment von tiefer Erleichterung und zugleich unerträglichem Schmerz.
Der junge Soldat wurde für viele zu einem Symbol
Seit dem 7. Oktober 2023, jenem Morgen, an dem der Terror über Israel hereinbrach, war für die Familie Chen nichts mehr, wie es war. Für viele Israelis ist sein Schicksal zu einem Symbol geworden. Die Geschichte von Itay steht für all jene jungen Soldaten, die an diesem Tag ihr Leben verloren, und für die Angehörigen, die so unendlich lange warten mussten. Es ist auch eine Erinnerung daran, dass hinter jeder Schlagzeile ein Gesicht steht – ein Sohn, ein Bruder, ein Freund.
Itay Chen stammte aus Netanja, einer Stadt am Mittelmeer. Er war Doppelstaatsbürger, Israeli und Amerikaner. In der Armee diente er in der 7. Panzerbrigade, 75. Bataillon, an der Grenze zum Gazastreifen, im Außenposten Nahal Oz. Dort war er stationiert, als Horden von Hamas-Terroristen am 7. Oktober angriffen und Massaker mit mehr als 1200 Toten und 251 Geiseln in südlichen israelischen Gemeinden anrichteten.
An diesem verheerenden Morgen um 6.40 Uhr hörte seine Familie das letzte Mal von ihm. Dann verstummte seine Stimme. Zunächst nahmen die Sicherheitskräfte an, er sei wie sein Panzerkamerad Matan Angrest lebend nach Gaza verschleppt worden.
Ruby und Chagit Chen: »Er war der Mittelpunkt der Familie und der Klebstoff, der alles zusammenhält.«
Einige Wochen nach dem Angriff schrieben seine Eltern für diese Zeitung ein Essay mit dem Titel »Unser Kind«, in dem sie ihrem großen Schmerz aber auch ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen. Fünf Monate nach dem Schwarzen Schabbat jedoch kam die grausame Nachricht, dass ihr Sohn nicht mehr am Leben ist. Am 10. März 2024 erklärte die israelische Armee, dass er bereits am 7. Oktober von Terroristen getötet worden und sein Körper nach Gaza verschleppt worden war.
Für seine Familie begann ein weiteres Martyrium des Wartens. Fast zwei Jahre lang lebten sie in einem schmerzhaften Zwischenraum, in dem weder Trauer noch Trost möglich waren. Obwohl der Tod bestätigt war, wurden Beerdigung, das Sitzen der Schiwa - sogar die Trauer selbst – aufgeschoben. »Ohne Körper«, so seine Eltern, »gibt es keinen Abschied«.
»Es ist ein seltsames Gefühl«, sagte sein Vater Ruby vor einer Weile, »man erwartet den schlimmsten Anruf seines Lebens – und wenn er nicht kommt, ist man enttäuscht«. Mit der Rückkehr der sterblichen Überreste kann die Familie jetzt endlich die Phase des Abschieds beginnen.
Er sei »voller Energie und voller Träume« gewesen
Itay war erst 19 Jahre alt, als er ermordet wurde. Er sei »voller Energie und voller Träume gewesen«, sagten seine Eltern. »Er liebte Basketball, trainierte Judo, reiste, lachte, liebte das Leben.« Und er sei »der Mittelpunkt der Familie gewesen. Der Klebstoff, der alles zusammenhält«. Itay sei neugierig und sozial engagiert gewesen, unterrichtete in Bildungsprogrammen und spielte bis zu seinem 18. Geburtstag aktiv Basketball.
Die Rückführung des Leichnam erfolgte im Rahmen des Waffenstillstands- und Geiselrückgabeabkommens zwischen Israel und der Hamas, das die USA vermittelt hatten.
Die IDF sprach der Familie ihr tiefstes Beileid aus. In einer Erklärung hieß es: »Wir setzen alles daran, die getöteten Geiseln zurückzubringen, und sind bereit, die Umsetzung des Abkommens fortzusetzen.« Gleichzeitig richteten sie eine klare Forderung an die Hamas: »Sie ist verpflichtet, ihren Teil des Abkommens zu erfüllen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, damit alle Geiseln ihren Familien zurückkehren und würdig bestattet werden können.«
Matan Angrest, der mit Itay im selben Panzer diente, wurde ebenfalls am 7. Oktober verschleppt. Er kehrte vor drei Wochen lebend aus Gaza zurück. Auch für ihn bedeutet die Rückführung seines Freundes einen Abschluss. Dienstagnacht schrieb er: »Ich denke ständig an dich, Itay. Endlich bist du da, Bruder.«