Marathon

Ein Lauf in Blau und Gelb

Laut Überlieferung des antiken hellenistischen Geschichtsschreibers Herodot soll nach dem persischen Überfall auf das griechische Mutterland und der Schlacht bei Marathon – um 490 v.d.Z. – der athenische Bote Pheidippides nach Sparta gerannt sein, um vergeblich Hilfe zu ersuchen. Hunderte Jahre später entstand die Legende, dass er eigentlich nach Athen lief und nahe der Akropolis starb, nachdem er die Nachricht vom Sieg über die Perser übermittelt hatte. Dieser sagenhafte Lauf über etwa 42 Kilometer ist das Vorbild für den modernen Marathon.

Beim diesjährigen Jerusalem-Marathon konnte zwar die aus der Ukraine geflüchtete Leichtathletin Valentyna Veretska bei Zielankunft nicht die Nachricht vom Sieg ihres Landes über die russischen Invasoren verkünden. Dafür aber beendete sie die extreme Sportveranstaltung gesund und munter sowie als strahlende Gewinnerin.

vorbereitung »Ich bin für mein Volk und den Frieden gelaufen«, sagte die emotional sichtlich bewegte 31-Jährige, mit der ukrainischen und israelischen Flagge über ihren Schultern, nach dem Rennen, bei dem noch weitere 40 ihrer Landsleute teilnahmen. Sie hatte zwei Stunden, 45 Minuten und 54 Sekunden benötigt. »Ich kam erst vor 48 Stunden nach Israel und hatte nach der Flucht nach Polen nur zehn Tage zur Vorbereitung.«

Die aus Mykolajiw, nordöstlich der Hafenstadt Odessa gelegen, stammende Läuferin ist in ihrer Heimat eine bekannte Spitzensportlerin. Sie ist ukrainische Meisterin im Cross-Country, gewann letztes Jahr den Halbmarathon in Warschau sowie den Marathon in Tirana und erreichte bei derselben Veranstaltung in Mainz 2019 den dritten Platz.

Einen Tag nach Kriegsbeginn floh sie zusammen mit ihrer elfjährigen Tochter nach Krakau. Vor dem Rennen in Jerusalem kontaktierte sie die Organisatoren, um bei dem Event mitzumachen und eine Genehmigung für die Einreise nach Israel zu bekommen. »Ich bin für ihre Hilfe sehr dankbar«, erklärte Veretska, die für ihre Teilnahme mit allem unterstützt wurde. »Die 42,195 Kilometer in einer so hügeligen Stadt bei starkem Wind zu rennen, ist nicht einfach. Doch ich dachte die ganze Zeit über an die Ukraine. Die ansteckende Energie der Menschen hat mich nach vorne getrieben.«

strecke In Jerusalem findet der Marathon seit 2011 jährlich im März statt. Diesmal war auf der gesamten Strecke die Solidarität mit der Ukraine durch viele blau-gelbe Flaggen des vom russischen Überfall geschundenen Landes sehr sichtbar.

»Valentyna Veretska hat uns alle sofort begeistert«, sagt Ze›ev Yanay, Manager der PR-Firma, die für die Berichterstattung der Sportveranstaltung zuständig ist. »Sie war von Anfang an herzlich und hoffnungsvoll, obwohl ein Großteil ihrer Familie noch immer in Mykolajiw ist und ihr Ehemann sich den ukrainischen Streitkräften anschloss, um gegen die Russen zu kämpfen.«

»Ich bin für mein Volk und den Frieden gelaufen.«

Valentyna Veretska

Der Medienexperte erklärt, dass das Wohngebäude in der Heimatstadt der jungen Ukrainerin mittlerweile dem Erdboden gleichgemacht wurde. Nachdem sie der Einladung der Organisatoren gefolgt war, wurde sie von diesen sofort nach ihrer Ankunft in Israel mit allem unterstützt. »Für die Zeit ihres Aufenthaltes konnte sie einige Tage in einem Hotel wohnen«, erzählt Yanay. »Darüber hinaus wurde sie mit allem versorgt, besonders was Kleidung und Laufschuhe betrifft.«

Teilnehmer Laut Veranstalter nahmen in diesem Jahr 25.000 Menschen am Jerusalem-Marathon teil. Dieser begann neben der Knesset. Von dort umrundeten die Läuferinnen und Läufer die Gegend um Givat Ram – mit seinen vielen wichtigen Institutionen wie der Nationalbibliothek und dem obersten Gericht –, passierten das Tal des Kreuzes und durchquerten auf ihrem Weg zum Mount Scopus Campus der Hebräischen Universität in Jerusalem weitere Viertel.

Die Route führte sie durch das Jaffa-Tor zur Altstadt, über das armenische Viertel und aus dem Zion-Tor heraus in den Wald der Davidsstadt. Das Rennen endete im Sacher-Park.

»In Jerusalem geschehen Wunder«, sagte Moshe Feivel, als er die Siegerin mit der ukrainischen Flagge sah. »Menschen in Not zu helfen, ist ein wichtiges jüdisches Gebot.« Der ultraorthodoxe Jude arbeitete mehrere Jahre für Chabad in Uman. Die zentralukrainische Stadt hat sich durch das Grab des berühmten Rabbi Nachman von Brazlaw zu einer bedeutenden Pilgerstätte des Chassidismus entwickelt. Alleine an Rosch Haschana kommen jährlich über 30.000 Wallfahrer.

»In mehr als 30 Jahren haben wir wieder jüdisches Leben in der Ukraine aufgebaut«, erklärte Feivel. »In Uman lebten vor Kriegsbeginn mehrere Tausend Juden im Einklang mit der ukrainischen Bevölkerung. Neonazis haben wir dort nie gesehen.« Der ausgebildete Rabbiner warnte mit erhobenem Finger, dass mit dem russischen Überfall mehrere Gesetze Gottes übertreten wurden: »Neben sinnlosem Töten verbreitet Moskau unnötigen Hass sowie Diffamierung durch Fake News. Genau das Gegenteil von Liebe und Frieden.«

botschaft Liebe und Frieden: Unter diesem Motto lief auch Valentyna Veretska den Jerusalem-Marathon. Zwar kam sie, um Erste zu werden und dabei auch das Preisgeld zu gewinnen, durch das sie in Polen ein wenig Unabhängigkeit erlangen wird. Doch sie wollte gleichzeitig auf die Konfliktrealität hinweisen und ihre Stimme für Versöhnung erheben. »Meine Botschaft ist Frieden und Harmonie, nicht nur für die Ukraine, sondern für die ganze Welt«, erklärte die Läuferin, die nach ihrem Sieg sofort ihre Familie kontaktierte. »Ich hoffe, dass der Krieg in meiner Heimat bald aufhört und dass Liebe den Hass ersetzen wird.«

Die ausgebildete Massagetherapeutin hegt keine Animosität gegenüber Russland. Sie kritisiert die diktatorischen Machthaber im Kreml, die ihr eigenes Land mit Propaganda und Hass vergiftet haben. »Ich glaube an das russische Volk und den Sieg der Freiheit«, erzählt Veretska. »Nur wenn die gesamte Bevölkerung dort auf der Straße demonstrieren geht, haben wir eine Möglichkeit, den Krieg zu beenden.«

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