Nahost

Iran feuert dritte Welle von Raketen auf Israel ab

Rauch steigt nach einem Raketenangriff in Tel Aviv am Freitagabend auf. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Der Iran hat bei seinem Gegenangriff eine dritte Welle Raketen auf Israel gefeuert. Dies berichtete der staatliche Rundfunk. Die Revolutionsgarden bestätigten den Beginn der Operation.

Nach eigenen Angaben zielte die Elitestreitmacht dabei auf Dutzende militärische Ziele und Luftwaffenstützpunkte mit mehreren Hundert Raketen. Nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes gab es mehr als 35 Verletzte. Auch mehrere Gebäude hätten Schaden genommen. Ein Hochhaus im Großraum Tel Aviv wurde direkt getroffen.

Offenbar gingen die Raketen an über sieben Einschlagsorten nieder. In den Berichten war vom Großraum Tel Aviv und der nahegelegenen Stadt Ramat Gan die Rede. Sirenen heulten auch in weiteren Teilen Israels, wie israelische Medien berichteten.

Die israelische Armee teilte mit, hörbare Explosionen stammten von der Luftabwehr und von Einschlägen. 

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Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu rief nach dem Beginn des massiven militärischen Angriffs auf die iranischen Atomanlagen das iranische Volk zum Aufstand gegen die Führung in Teheran auf. Ziel der israelischen Operation sei nicht nur, die nukleare und ballistische Bedrohung durch das «islamische Regime» für Israel zu beseitigen, sondern «zugleich den Weg für euch zu ebnen, eure Freiheit zu erlangen», sagte Netanjahu in einer Video-Botschaft an das «stolze iranische Volk». 

Die Führung in Teheran sei «niemals schwächer als jetzt» gewesen. «Dies ist eure Gelegenheit, aufzustehen und eure Stimmen zu erheben», fügte der israelische Ministerpräsident hinzu. Zugleich wiederholte er, dass sich Israels Angriffe nicht gegen das iranische Volk richteten, sondern nur «gegen das mörderische islamische Regime, das euch unterdrückt und verarmen lässt».

Die Zeit sei gekommen, dass sich das iranische Volk um seine Flagge und sein historisches Erbe versammelt, indem es für seine Freiheit von diesem «bösen und unterdrückerischen Regime» aufsteht.

Nach den Worten des israelischen Verteidigungsministers Israel Katz hat der Iran mit seinen Angriffen auf zivile Ziele in Israel eine rote Linie überschritten. Israel werde sich weiterhin verteidigen und der Iran werde einen «sehr hohen Preis» bezahlen, sagte Katz in einer Stellungnahme nach Beginn des iranischen Gegenschlags. 

Zuvor hatte ein ranghoher israelischer Sicherheitsbeamter dem israelischen Sender Channel 12 gesagt, Israel werde iranische Öl-Anlagen ins Visier nehmen, wenn der Iran Bevölkerungszentren in Israel angreife, wie die Zeitung «Times of Israel» berichtete. Das könnte erhebliche Auswirkungen auf die internationalen Ölpreise haben.

Der Iran reagierte umgehend auf diese Drohung und warnte, dann würden wichtige Wirtschafts- und Energiezentren in Israel «sofort und weitaus zerstörerischer und verheerender» angegriffen, wie die Nachrichtenagentur Fars auf Telegram schrieb.

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Das US-Militär unterstützt Israel Medienberichten zufolge bei der Abwehr der iranischen Raketenangriffe. Dabei gehe es um den Abschuss ballistischer Raketen, berichteten der Sender CNN und das Nachrichtenportal Axios. Sie beriefen sich dabei auf namentlich nicht genannte Vertreter der US-Regierung. 

Die USA betonen, dass sie sich nicht an den israelischen Angriffen auf den Iran beteiligen. Das US-Militär hatte Israel auch im vergangenen Jahr bereits bei Angriffen Teherans bei der Raketenabwehr unterstützt - damals noch unter Präsident Joe Biden. Auch damals beteiligten sich die USA nicht offen an israelischen Angriffen im Iran.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte Israel Unterstützung für den Fall eines Vergeltungsschlages durch den Iran zu. Wenige Minuten bevor der Iran am Abend Raketen gen Israel abfeuerte, sagte er: «Sollte Israel im Rahmen einer Vergeltungsmaßnahme des Iran angegriffen werden, würde sich Frankreich angesichts seines Einflusses an den Operationen zum Schutz und zur Verteidigung Israels beteiligen, sofern es dazu in der Lage wäre.»

Umgekehrt schloss er eine Beteiligung an israelischen Offensivaktionen jeglicher Art aus.

Auch anderen Ländern der Region habe er zugesagt, Frankreich sei präsent, sollte ihre Sicherheit durch einen Vergeltungsschlag gefährdet werden. Konkret nannte Macron den Libanon.

Die Attacken waren die Antwort auf den massiven Angriff, den Israel in der Nacht auf Freitag auf den Iran gestartet hatte. Der Großangriff galt vor allem dem Atomprogramm des Landes. Getroffen wurden mehr als 100 Ziele unter anderem in den Millionenstädten Teheran, Tabris und Schiras sowie die unterirdische Atomanlage Natans. Auch eine Uranumwandlungsanlage Isfahan war nach israelischen Angaben Ziel. 

Westliche Staaten wollen den Iran am Bau einer Atombombe hindern - Teheran bestreitet, das als Ziel zu verfolgen. Verhandlungen zwischen Washington und Teheran über ein neues Abkommen zur Begrenzung der Nuklearaktivitäten blieben bislang aber erfolglos. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir sagte mit Blick auf das iranische Atomprogramm: «Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist – wir befinden uns an einem Punkt ohne Umkehr.» Er fügte hinzu: «Wir können es uns nicht leisten, auf einen anderen Zeitpunkt zu warten, wir haben keine andere Wahl.»

Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog begründete den Großangriff mit einer existenziellen Bedrohung des jüdischen Volkes. Israel ist bislang die einzige Atommacht der Region.

Laut iranischen Angaben wurden auch führende Köpfe des Militärs getötet, darunter der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Hussein Salami, der Generalstabschef Mohammed Bagheri und der Kommandeur der Luftstreitkräfte der iranischen Revolutionsgarden, Brigadegeneral Amir Ali Hadschisadeh. Zugleich wurden iranischen Berichten zufolge mindestens sechs führende Wissenschaftler und Professoren aus den Bereichen Nuklear und Physik getötet. Die Forscher kamen bei nächtlichen Angriffen auf ihre Wohnungen in Teheran ums Leben. 

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Freitag von einem «Eröffnungsschlag» gesprochen. «Diese Operation wird so viele Tage andauern, wie es braucht, um diese Bedrohung zu beseitigen», sagte der Regierungschef.

Den ganzen Tag über gab es immer wieder neue Berichte oder Mitteilungen von Angriffen, Explosionen oder aktiver Luftabwehr. Die Führung der Islamische Republik wertete die Luftangriffe als Kriegserklärung und drohte mit Vergeltung. Eigenen Angaben zufolge schossen die iranischen Streitkräfte mehrere Drohnen und zwei israelische Kampfjets ab. Das dementierte Israel später. 

Laut israelischen Medien ist die militärische Intervention von der Regierung in Jerusalem jahrelang vorbereitet worden. Einheiten des Auslandsgeheimdienstes Mossad hätten bereits im Vorfeld der Angriffe Präzisionswaffen, Fahrzeuge und Drohnenbasen in der Nähe von Raketensilos und Luftabwehrstellungen platziert.

Diese Waffensysteme hätten zu Beginn der Luftangriffe per Fernsteuerung ihre Ziele mit außerordentlicher Genauigkeit getroffen. So seien Luftabwehrstellungen zerstört worden. ja

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