Asaf Rosenzweig traf den Nagel auf den Kopf: »Drama beGermania« – »Drama in Deutschland«, schrieb der Journalist im Newsticker des israelischen TV-Senders Channel 12 am Dienstagvormittag. Kurz zuvor war Friedrich Merz im ersten Gang zur Kanzlerwahl im Bundestag gescheitert. Sechs Stimmen hatten dem CDU-Vorsitzenden gefehlt.
Noch nie hatte ein Anwärter auf das Kanzleramt in der Bundesrepublik in einem Wahlgang die absolute Mehrheit verfehlt. Die historische Dimension dieses Moments ist auch der Presse in Israel nicht entgangen. In zahlreichen Medien wurde über die verpatzte Kanzlerwahl berichtet.
Ynet: »Historische Demütigung in Deutschland«
»Politisches Schachmatt in Berlin«, titelte etwa »Maariw« online. Die Tageszeitung, eine der meistgelesenen in Israel, interpretierte Merz‹ Scheitern als Zeichen interner Spannungen innerhalb der Koalition von Union und SPD. »Maariw« geht jedoch davon aus, dass der CDU-Vorsitzenden letztendlich noch Kanzler werden wird.
Die Nachrichtenseite »Ynet« spricht von einer »historischen Demütigung in Deutschland«. Merz‹ Niederlage im ersten Wahlgang zeige »Risse in seiner Koalition, noch bevor diese ihre Amtszeit begonnen hat«. Der CDU-Vorsitzende »wirkte schockiert«, schreibt Ynet, und zitiert Kommentatoren, die von einer »völligen Katastrophe« und einem »Schlag in die Magengrube« für Merz gesprochen hätten.
Ynet erwähnt auch, was für den jüdischen Staat bei dieser Kanzlerwahl womöglich auf dem Spielt steht: »Merz gilt als glühender Unterstützer Israels und versprach vor den Wahlen, die Beschränkungen für Rüstungsexporte nach Israel aufzuheben und die engen Beziehungen zwischen den Ländern aufrechtzuerhalten«, schreibt das Nachrichtenportal. Merz habe zudem erklärt, »er werde Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trotz des gegen ihn erlassenen Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag zu einem Besuch in Deutschland einladen«.
Walla: »Überraschende Niederlage für die Koalition«
Das israelische Nachrichtenportal »Walla« bezeichnet die missglückte Wahl als »überraschende Niederlage für die neu gebildete Koalition«. Union und SPD stünden nun vor einer großen Herausforderung, so »Walla«. Es gelte nun, »diejenigen, die gegen die Ernennung gestimmt haben, zum Umdenken zu bewegen«.
Egal, wie der deutsche Politkrimi weitergehen wird, in Israel wird man ihn ohne Frage mit großen Interesse verfolgen. js