Airbnb

Die Stadt als Hotel

Begehrtes Urlaubsziel: Tel Aviv Foto: Getty Images/iStockphoto

Chinesen im Negev, Deutsche an der Strandpromenade von Tel Aviv, Australier, die um den Kinneret radeln. Millionen Menschen aus aller Welt strömten in den vergangenen Jahren ins Heilige Land. Der Tourismus boomt wie nie zuvor. Allerdings hinkt die Infrastruktur in einigen Bereichen hinterher. Vor allem bei den Hotels. Private Unterkünfte, die über die Vermietungsplattform Airbnb gebucht werden, schaffen Abhilfe. Doch jetzt will der Gesetzgeber dem Ganzen einen Riegel vorschieben. Zumindest bedingt.

Die Stadtverwaltung von Tel Aviv hat vor, die kommunale Steuer für Wohneigentum, das kurzzeitig vermietet wird, ab dem zweiten Halbjahr 2019 zu erhöhen. Für die Tausenden von Touristen, die im Mai zum Eurovision Song Contest pilgern, sollen aber keine Vermieter vergrault werden und noch die volle Zahl der Airbnb-Unterkünfte zur Verfügung stehen. Der Stadtrat hatte Anfang des Jahres einen Vorschlag eingereicht, nach dem eine höhere Steuer für Wohnungen fällig werden soll, die mehr als drei Monate im Jahr untervermietet werden. Diese Steuer, genannt Arnona, wird in Israel zweimonatlich fällig und von jenen bezahlt, die in den entsprechenden Unterkünften wohnen. Wann genau die Beträge angepasst werden und in welcher Höhe, ließ die Behörde offen.

Die Stadtverwaltung von Tel Aviv hat vor, die kommunale Steuer für Wohneigentum, das kurzzeitig vermietet wird, ab dem zweiten Halbjahr 2019 zu erhöhen.

Mietpreise In einer Erklärung erläuterte die Stadtverwaltung die Entscheidung mit den Worten, dass der extreme Anstieg von Wohnungen, die in Tel Aviv über Airbnb vermietet werden, die Lebensqualität der Bürger der Stadt einschränke und die Mietpreise in die Höhe treibe. Denn kurzfristig vermietete Unterkünfte gehen dem allgemeinen Wohnungsmarkt verloren. Und der ist besonders in Tel Aviv ohnehin extrem angespannt. »Unser Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen Touristenunterkünften und Langzeitwohnungen zu schaffen«, so die Verwaltung. Insgesamt sind etwa 20.000 Häuser und Wohnungen in Israel bei Airbnb gelistet.

Verschiedene Städte haben in den vergangenen Jahren solche Vermietungen eingeschränkt, darunter New York, Paris, Berlin und Amsterdam. Auch Irland, wo sich das europäische Hauptquartier von Airbnb befindet, will die Aktivitäten des Unternehmens einschränken, um Abhilfe für den Wohnungsmangel zu schaffen.

Geschäft Schon längst ist Airbnb nicht mehr die Plattform, als die sie eigentlich gedacht war: Wohnungseigentümer bieten Urlaubern ihre eigenen vier Wände, wenn sie selbst auf Reisen sind, und verdienen sich so etwas Geld dazu. Mittlerweile ist das Vermieten knallhartes Geschäft. Und die Wände sind meist gar keine eigenen mehr, sondern werden von Firmen oder Konglomeraten betrieben. Eine Studie fand jüngst heraus, dass die Mehrheit der 8800 Tel Aviver Auflistungen bei Airbnb im Jahr 2017 einer kleinen Gruppe von Geschäftsleuten und Firmen gehörte – und damit im Gegensatz zu dem Grundsatz von Airbnb steht, das sich das »Teilen« auf die Fahnen geschrieben hat.

Eine einzelne Gruppe verwaltet 1700 Airbnb-Wohnungen.

Avner Barak und Ifat Holzman-Gazit vom College für Management und akademische Studien in Rischon LeZion haben recherchiert, dass Tausende von Apartments in Tel Aviv und Jerusalem »reine Kapitalanlagen« sind. Sie waren an 180 oder mehr Tagen im Jahr kurzfristig zu mieten und hatten mindestens einmal im Monat einen neuen Mieter.

JERUSALEM Die beiden Wissenschaftler identifizierten drei »Gastgeber«: Eine Person war verantwortlich für 240 Airbnb-Wohnungen, eine weitere für 123 und eine dritte für 106. Weitere 1700 Unterkünfte wurden von einer Gruppe von 72 Menschen verwaltet. Die Situation in Jerusalem sei ähnlich, schrieben Barak und Holzman-Gazit, wo die Mehrzahl der Unterkünfte ebenfalls von einer kleinen Gruppe gemanagt wird.

Die größte Konzentration von Airbnb-Wohnungen in Tel Aviv befindet sich im historischen Zentrum der Stadt. Im sogenannten jemenitischen Viertel, das zwischen dem berühmten Carmel-Markt und dem Strand liegt, werden heute 16,3 Prozent aller Wohnungen kurzzeitig vermietet. In Neve Zedek sind es 8,4 und im Norden von Jaffa 6,4 Prozent. In Jerusalem sind es in Talbieh zehn Prozent und im Stadtzentrum acht.

Die größte Konzentration von Airbnb-Wohnungen in Tel Aviv befindet sich im historischen Zentrum der Stadt.

»Dass wenige so viele Wohnungen über Airbnb in Städten kontrollieren, die internationale Touristen anziehen, sollte Anlass zur Sorge sein«, sagt Barak. »Dieser Effekt ist schlecht für den Wohnungsmarkt, denn es gibt eine große Wahrscheinlichkeit, dass eine bedeutende Anzahl der Unterkünfte für den kurzzeitigen Bedarf genutzt wird. Eine Gegend kann sich dann von einem Wohnviertel in ein Touristenzentrum verwandeln. Und das geht auf Kosten der Lebensqualität der Menschen, die dort wohnen.«

Umziehen Aviva Schechter hat sich vor zwei Jahren in einem der ultraschicken Wohntürme im Süden Tel Avivs niedergelassen. »Nachdem mein Mann gestorben und ich in Rente war, wollte ich in der Nähe meiner Kinder und Enkel leben und mir außerdem etwas gönnen. Ich habe bewusst einen gehobenen Standard gewählt.« Doch von Luxus sei mittlerweile keine Spur mehr, beklagt sie.

»Der Fitnessraum ist ständig mit Touristen aus allen möglichen Ländern belegt, der Pool von grölenden Fremden bevölkert, viele Gemeinschaftsanlagen sind verschmutzt.« Sie fühle sich oft mehr wie in einem Hotel in der Hauptsaison als in einem Zuhause. Mindestens ein Drittel der mehr als 100 Wohnungen werde ständig über Airbnb gelistet, habe sie gelesen.

Dazu kommen die Einheiten, die wohlhabenden Ausländern gehören, die nur in den Ferien oder zu Feiertagen im Land sind. »Zwischenzeitlich werden auch diese kurzzeitig vermietet. Und so ist es ein andauerndes Kommen und Gehen.« Von der Atmosphäre, die sie sich von einer Luxusherberge erwartet hat, sei nicht mehr viel übrig. Schechter will umziehen. Anderen Nachbarn – zumindest den dauerhaften – gehe es ebenso. »Airbnb mag für Urlauber günstig sein. Doch für uns Anwohner«, resümiert die Städterin genervt, »ist es ein Graus.«

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