Jerusalem

Die Knesset ist aufgelöst

Die Knesset Foto: Flash 90

Nach Tagen des Hin und Her hat sich die 24. Knesset in Jerusalem selbst aufgelöst. Mit 92 zu null Stimmen wurde das Auflösungsgesetz angenommen. Heute um Mitternacht wird der Vorsitzende der Zentrumspartei Jesch Atid, Yair Lapid, der 14. Premierminister Israels.

Lediglich die Arbeitspartei und Avigdor Liebermans Israel Beiteinu enthielten sich aus Protest, weil sich bei der Gesetzgebung zur U-Bahn in Tel Aviv rechte und religiöse Parteien widersetzten. Die Bahn steht kurz vor der Eröffnung.

koalition Es war die breiteste Koalition mit acht Parteien in der Geschichte aus vielen Bevölkerungsschichten und politischen Richtungen, die damit zu Ende ging. Angeführt wurde sie von Premierminister Naftali Bennett von der Rechtspartei Jamina. Der verkündete am Abend zuvor, dass er sich ganz aus der Politik zurückziehe. Vor seinem politischen Engagement war er erfolgreicher Unternehmer in der israelischen Start-up-Szene gewesen.

»Wir haben in einem Jahr mehr erreicht als andere in einer vollen Amtsperiode.«

Premierminister Naftali Bennett

In seiner Abschiedsrede forderte er für die Zukunft eine Regierung, die alle Israelis vertritt, und wandte sich auch an die Opposition: Seine kurzlebige Koalition habe »mehr erreicht als andere Regierungen in einer vollen Amtszeit«, hob er mit Bezug auf die vorherigen Koalitionen hervor.

Sein Vorgänger, der derzeitige Oppositionsführer Benjamin Netanjahu vom rechtskonservativen Likud, meinte jedoch lakonisch: »Das Experiment ist gescheitert.«  Er wolle jetzt den »Nationalstolz« für die Israelis zurückbringen.

GLEICHSTAND Am 1. November werden die Israelis somit wieder einmal wählen gehen. Es sind dann die fünften Parlamentswahlen in drei Jahren. Prognosen sehen wieder einen Gleichstand zwischen einem rechts- religiösen Block und einem Mitte-Linksblock voraus. So geschehen bei allen Wahlen in den vergangenen drei Jahren.

Lapid wird derweil den Posten des Interim-Premierministers während der Wahlen und bis zur Bildung einer neuen Koalition innehaben. Er bleibt zudem Außenminister, ein Amt, das er seit Entstehen der Koalition im Juni 2021 innehat. Der bisherige Ministerpräsident Bennett wird so lange stellvertretender Premier.

Die Knesset stimmte zudem über einen Gesetzentwurf ab, der die Regeln für die kommende Wahl umreißt. Dabei geht es vor allem darum, wo die Bevölkerung wählen darf und welche Art von politischer Werbung erlaubt sein wird.

»Leider haben Schmähreden und Hass in diesem Haus neue Höhen erreicht.«

Knessetsprecher mickey levy

Knessetsprecher Mickey Levy sagte, dass das jetzt aufgelöste Parlament »polarisiert« war. »Diese Knesset war eine sehr komplexe, in der eine Opposition zu einer Koalition und eine Koalition zu einer Opposition wurde«, sagt Levy im Plenum. »Leider haben Schmähreden und Hass auch in diesem Haus Höhen erreicht, die wir so nicht kannten.«

ERFOLGE Er erwähnte aber auch Erfolge der Koalition, darunter die Verabschiedung eines Haushaltsplans, was in der vorherigen Knesset drei volle Jahre aus politischem Kalkül immer wieder verzögert worden war, sowie »zahlreiche wichtige Gesetze für das Gemeinwohl«. Darüber hinaus habe die Knesset die Corona-Pandemie bewältigt und sei nach längerer Lähmung aufgrund von vier Wahlen innerhalb von zwei Jahren wieder funktionsfähig geworden, führte Levy aus.

Yohanan Plesner, der Präsident des Thinktanks Israel Democracy Institute, äußerte sich unmittelbar nach Auflösung des Parlaments: »Israels anhaltende politische Krise manifestiert sich akut in der heutigen Abstimmung der Knesset, sich aufzulösen und zu Wahlen zu gehen. In einer zutiefst polarisierten Realität werden Regierungsfragen zur Politik wieder in den Hintergrund treten.« Plesner betonte nochmals, dass eine Wahlreform in Israel überfällig sei.

Meinung

Kein Symbol für den Frieden

Warum man bestimmte Israel-Ketten besser nicht tragen sollte

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Sexuelle Gewalt der Hamas

»Als wäre dein Blut billig ...«

Zum ersten Mal spricht ein männliches Vergewaltigungsopfer des Nova-Festivals öffentlich darüber, was ihm angetan wurde

von Sabine Brandes  26.07.2024

Washington D.C./Palm Beach

USA dringen auf Geisel-Deal - mahnende Worte an Netanjahu

Israels Regierungschef will nach Biden und Harris heute auch Trump treffen

 26.07.2024

USA

So war das Treffen zwischen Joe Biden und Benjamin Netanjahu

Auch die Bewerber für die Biden-Nachfolge trifft der Gast aus Israel

von Magdalena Tröndle  25.07.2024

Kommentar

Eine Schande für die Vereinten Nationen

Berlin muss endlich die Abberufung der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese fordern

von Frank Müller-Rosentritt  26.07.2024 Aktualisiert

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Olympische Spiele

Israels Außenminister Katz warnt vor iranischem Anschlagsplan

Der Minister schrieb einen Brief an seinen französischen Amtskollegen

 25.07.2024

Gaza/Israel

Kämpfe vor Bergung von Leichen der Geiseln aus Tunnel in Chan Junis

Jetzt wird mehr zu den Umständen des Einsatzes bekannt

 25.07.2024

Meinung

Eine eindrucksvolle Abrechnung mit allen Hamas-Verstehern im Westen

Die Rede von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress war eine Lehrstunde für die überwiegend israelfeindlich eingestellte Weltöffentlichkeit

von Philipp Peyman Engel  25.07.2024 Aktualisiert