Geiseln

Der Hamas-Terrorist sagte: »Wählt, wer den Kopfschuss bekommt«

Ohad Ben Ami (Mitte) und andere Angehörige in der Knesset am Dienstag Foto: Flash90

Eindringlicher hätte Ohad Ben Ami seine Forderung nicht vorbringen können. Der Israeli, der im Februar nach 491 Tagen völlig ausgemergelt aus der Geiselhaft in Gaza nach Hause zurückgekehrt war, sprach am Dienstag vor dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung in der Knesset und schilderte unvorstellbare Erlebnisse aus Gaza.

»Ich war mit fünf anderen Geiseln in den Tunneln, 30 Meter unter der Erde. Meine Freilassung ist 150 Tage her – und Sie haben gesehen, in welchem ​​Zustand ich war, als ich herauskam, so Ben Ami, der während des Hamas-Angriffs am 7. Oktober 2023 aus seinem Haus im Kibbuz Be’eri verschleppt wurde. »Und die anderen sind immer noch dort. Sie werden schwer misshandelt.« Er betonte die »absolut dringende Notwendigkeit, die verbleibenden 50 Geiseln, von denen vermutlich nur noch 20 am Leben sind, jetzt nach Hause zu holen«.

Terrorist: »Wählt drei von euch aus, die sterben sollen.«

Dann schilderte er grauenvolle Erlebnisse aus seiner eigenen Gefangenschaft bei der Terrororganisation Hamas. Seine Entführer hätten ihn und andere Geiseln gezwungen, zu entscheiden, wer von ihnen zum Tode verurteilt werden sollte. Es sei etwa einen Monat vor seiner Freilassung gewesen. »Ein Kommandant, wahrscheinlich ein hochrangiger, kam zu uns, spannte sein Gewehr und sagte: ›Wählt drei von euch aus, die sterben sollen, und drei, denen ich in die Kniescheibe schieße‹«, berichtete die freigelassene Geisel. »Sie ließen uns wirklich entscheiden, welche drei einen Kopfschuss und welche drei einen Knieschuss bekommen sollten …«

Eine Stunde lang hätten die sechs Männer darüber diskutieren müssen, während sie von Terroristen gefilmt wurden. »Sie ließen jeden von uns erklären, warum wir das Leben oder den Tod oder einen Knieschuss verdienten.« Als die Stunde abgelaufen war und sich niemand freiwillig oder seine Mitgeiseln zum Tode oder zum Leben erwählt hatte, suchten die Entführer nach dem Zufallsprinzip drei Geiseln aus, die sie zum Tode verurteilten. Eine grausame Situation, die jeglicher Vorstellungskraft übersteigt.

»Und dann sagten sie uns, bevor wir Euch erschießen, habt ihr die Möglichkeit, vielleicht verschont zu bleiben.« Um der Todesstrafe zu entgehen, wurden drei Geiseln gezwungen, unter anderem schlecht über die israelische Regierung zu sprechen, erinnerte sich Ben Ami. Nachdem sie ihre Rede beendet hatten, habe der Hamas-Funktionär so getan, als hätte er sie »begnadigt«, und die sechs Männer weggeschickt. »Dann sitzt man da und denkt sich: ›Was um Himmels Willen ist hier gerade passiert?‹« Es sei eine ständige »unvorstellbar extreme Angst« gewesen.

Ohad Ben Ami: »Wir haben ein Stadium erreicht, in dem alle Sterne günstig stehen. Jeder Bürger wird stolz sein, wenn unser Staat die Geiseln zurückholt.«

Ständig hätten die Entführer Psychoterror gegen die Geiseln angewendet. »Sie sagten uns: ›Eure Regierung hat euch aufgegeben, die israelische Armee will euch töten.‹ Zuerst glaubten wir ihnen nicht, aber ein weiterer Monat vergeht, und dann noch ein Monat, und man bekommt das Gefühl, wirklich im Stich gelassen und vergessen zu sein«, so Ben Ami.

»Wir haben zwölf Tage Krieg gegen den Iran gewonnen. Ich denke, wir haben alle Feinde um uns herum besiegt. Wir sind eine Regionalmacht. Doch trotz all dieser Siege gibt es hierbei keinen wirklichen Sieg«, sagte er in Bezug auf den Krieg in Gaza. »Wir kämpfen seit anderthalb Jahren gegen eine kleine Terrororganisation.« Er habe in den vergangenen Nächten nicht einschlafen können, denn er spüre, dass jetzt der entscheidende Moment gekommen ist. »Das Leben der Geiseln ist in großer Gefahr. Ich fürchte sehr um ihr Leben.«

»Sie sind die Menschen, die wir gewählt haben, um die Entscheidungen zu treffen«, wandte sich Ben Ami an die Abgeordneten, »und Sie müssen die richtige, mutige und weise Entscheidung treffen, sie zurückzuholen«. Danach würde Israel schon wissen, was zu tun sei. »Genau wie wir es im Libanon tun, nachdem wir dort ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet haben.«

Gegenseitige Solidarität, keinen Juden im Stich zu lassen

»Wir haben meiner Meinung nach ein Stadium erreicht, in dem alle Sterne günstig stehen. Jeder Bürger wird stolz sein, wenn unser Staat die Geiseln zurückholt und beweist, dass die Werte, mit denen wir aufgewachsen sind – gegenseitige Solidarität, keinen Juden im Stich zu lassen – weiterhin gelten«, forderte er und fügte hinzu: »Lasst uns dies aus einer Position der Stärke heraus zu Ende bringen.«

»Man kann mir sagen, dass wir den Iran und den Libanon besiegt haben, aber wenn wir sie nicht zurückbringen, haben wir niemanden besiegt«, fasste Ben Ami zusammen. »Wir haben verloren. Wenn wir aber die Geiseln zurückbringen, dann haben wir gewonnen.«

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